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Gemischte Gefühle

Gemischte Gefühle

Titel: Gemischte Gefühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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du? Am Boden zerstört. Aus. Ende. Feierabend. Und zu allem Überfluß tropft in meiner Bude seit gestern abend der Wasserhahn; dieses chemikalienverseuchte Trinkwasser hat schon wieder die Gummidichtungen zerfressen.“ Der Musiker schnitt eine düstere Grimasse. „Und da du die Größe meiner Wohnung kennst, brauche ich dir nicht extra zu sagen, daß jeder zusätzliche Tropfen die Prämien für meine Lebensversicherung in horrende Höhen treibt … Da wir gerade vom Treiben sprechen, was treibst du dich hier herum? Gesunde Stadtluft schnuppern? Oder hast du’s jetzt mit dem Konsumrausch? Ich kann dich davor nur warnen. Schau mich an, dann weißt du, wohin das führt.“
    Robby schüttelte den Kopf. „Nichts so Ernsthaftes“, erklärte er und suchte nervös in den Taschen seiner Jeans nach einer Zigarette, bis Don the Dope Einsicht zeigte und ihm eine filterlose Acapulco-Gold zwischen die Lippen schob. „Ich hab’ erfahren, daß ich den Rest meiner Tage entweder in einem Faß voller chemischer Brühe oder im Bayerischen Wald zubringen muß, Bäume roden oder den Einheimischen das Essen mit Messer und Gabel beibringen. Als Alternativvorschlag könnte ich natürlich auch behilflich sein, für die Nowossny-Gang meine Wohnung in Trümmer zu legen …“
    Don the Dope riß die Augen auf. „Du weißt es also auch! Natürlich, warum hätten sie ausgerechnet dich verschonen sollen? Heute morgen kam Karl Kaputnik in unser Holunderberg-Studio und murmelte etwas von Bulldozern und Planierraupen und begrapschte mit seinen Wurstfingern unsere Acht-Wege-Boxen. Nachdem Pete und ich ihn mit dem Mikrofonkabel gefesselt und ihm ein Potpourri unseres neuesten Smashhits vorgespielt hatten, rückte er dann mit der Sprache raus. Wahnsinn, Robby, totaler Wahnsinn. Diese Lumpen wollen den ganzen Holunderberg kahlrasieren und für Nowossnys Schwiegersohn eine Marmorvilla mit Hundeklo und Wasserbett hinsetzen, inklusive Ausnüchterungszellen und Baumhäuser für die Leibwächter der Direktorenmafia. Das schreit zum Himmel, Robby. Das werden wir uns nicht bieten lassen. Bis hierhin und keinen Schritt weiter!“
    „Und was willst du unternehmen?“
    „Kämpfen“, verkündete Don the Dope. „Mit Fingernägeln und falschen Zähnen, wenn es sein muß. Das ist die größte Sache seit Brokdorf, sage ich dir, und ich werde mich eher als Grundstein einmauern lassen, als nur einen Schritt aus unserem Studio zu setzen. Wir werden, wenn nötig, alle unsere Fans zusammentrommeln und …“
    „Ich wüßte nicht“, unterbrach Robby mit einem vertrauenerweckenden falschen Lächeln, „was deine kleine Schwester und deine schwerhörige Großmutter gegen Nowossnys Planierraupen und Winkeladvokaten ausrichten sollen.“
    Don the Dope funkelte ihn beleidigt an. „Du bist ein verdammter Zyniker, aber du kannst nichts dafür. Und im übrigen haben wir keine andere Wahl. Wir kämpfen.“
    „Wer kämpft, sieht nicht“, orakelte Robby.
    „Wer aufgibt“, fügte Don hinzu, „verliert mehr als sein Augenlicht …“
    „In Ordnung“, nickte Robby. „Tun wir’s. Aber tun wir’s rasch. Nur: was?“
    „Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht …“
     
8
     
    NOWOSSNY: An sich ist die ganze Sache recht einfach. Vor allem gibt es bei näherem Hinsehen überhaupt keine andere Möglichkeit. Wir sollten uns doch nichts vormachen, mein lieber Paul. Es sind Bruchbuden, und Sie können mir glauben, mein Herz blutet dabei, wenn ich daran denke, daß Menschen in ihnen hausen. Denn sie sind wirklich alt und baufällig und vielleicht sogar feucht und ungesund, und es hat gar keinen Zweck, irgendwelche Versuche zu ihrer Erhaltung zu machen. Und ich kann Ihnen jetzt schon sagen – also, nach dem, was ich von meinen Architekten gehört habe –, daß wir nach Abbruch und Neubau der Stadt mehr und wesentlich bessere Wohneinheiten zur Verfügung stellen können, als diese Ruinen sie jetzt bieten.
     
    PFEIFE: Wie? Äh, ich … äh …
     
    NOWOSSNY: Es besteht überhaupt kein Grund zur Aufregung. Es ist eine völlig legale Sache, die schon tausendmal irgendwo stattgefunden hat. Wir wollen doch nicht so tun, als sei das etwas Verbotenes und Unehrenhaftes. Im Gegenteil, wir erfüllen der Stadt einen Wunsch – den Wunsch nach ausreichendem Wohnraum. Und Sie, mein lieber Paul, werden dafür sorgen.
     
    PFEIFE: Wie?
     
    NOWOSSNY: Es ist ein Kreuz. Wir haben einen Haufen Geld in diese Ruinen investiert, aber irgendwann ist Schluß, und wann soll sich das

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