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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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Gemma, London bereits in der Ferne erkennen zu können.
Aber warum waren sie nach London gekommen? Und warum hatte Tante Ethel daraus
so ein Geheimnis gemacht? Gemma beschloss, sich in Geduld zu fassen. Früher
oder später würde sie die Antworten auf die ihr auf der Zunge brennenden Fragen
schon erhalten.
    Endlich hielt die Kutsche, und Tante Ethel
drängte sich als Erste hinaus. Sie wurden von einem livrierten Diener in
Empfang genommen und Tante Ethel umgurrte ihn, als sei er der Prinzgemahl
persönlich. Onkel Cedric ließ Gemma den Vortritt.
    Gemma war sich nicht sicher, aber sie glaubte, ihr Onkel habe sie
für einen Augenblick mitleidig angesehen. Als sie sich zu ihm umwandte, war der
Ausdruck jedoch verschwunden, und Cedric sah genauso traurig aus wie immer.
    Gemma sah sich um. Das Gebäude, vor dem sie
standen, war ein Palast. Selbst ihr Haus in Devon war winzig im Vergleich zu
diesem Prachtbau, ganz zu schweigen vom Haus ihrer Tante, an dem immer nur das
Nötigste renoviert wurde, und dann auch nur, nachdem Ethel jeden Penny dreimal
umgedreht hatte.
    Ihr Gepäck wurde abgeladen und die Kutsche dann zu den Stallungen
auf der Rückseite des Hauses – nein, des Palastes, korrigierte sich Gemma in
Gedanken – gefahren.
    Seltsam, woher kannte ihre Tante diese Leute?
Und was viel wichtiger war, was wollten sie hier? Und warum hatte man sie
mitgenommen? Leute mit so viel Geld, vermutlich sogar Adlige, gaben sich nicht
mit Menschen vom Schlag ihrer Tante ab. Sie hatten keinen Titel und keine
Reichtümer. Das alles war sehr merkwürdig.
    Der Diener deutete ihnen an, das Gepäck draußen stehen zu lassen,
jemand würde kommen und sich darum kümmern, dann sollten sie ihm ins Haus
folgen. Gemma bemühte sich, nicht alles staunend anzustarren. Ihre Tante
hingegen machte aus ihrer Bewunderung für die prachtvolle Einrichtung keinen
Hehl. Falls es dem Diener auffiel – und er musste blind und taub sein, um es
nicht zu bemerken –, erwähnte er es jedenfalls mit keinem Wort. Er geleitete
sie in eine großzügig eingerichtete Bibliothek, und Gemma brannte es unter den
Nägeln, die einzelnen Buchrücken zu studieren und sich mit einem Buch in einen
der bequemen Ledersessel zurückzuziehen, die vor dem Fenster platziert waren.
Stattdessen setzte sie sich wie angewiesen sittsam auf einen Stuhl und erwartete
die Dinge, die da kommen sollten.
    Der Diener servierte ihnen einen Sherry, um
ihre Wartezeit zu verkürzen, und teilte ihnen mit, dass Sir Godfroy Ranleigh
ihnen in einer Minute seine Aufmerksamkeit schenken würde. Ethel stürzte ihr
Glas hinunter, als sei es Wasser, und hielt es dem Diener auffordernd hin,
damit er noch einmal nachschenkte. Cedric trank den Sherry in kleinen
Schlucken, das köstliche Aroma voll genießend.
    Gemma war nicht an Alkohol gewöhnt, dennoch
nippte sie an ihrem Glas, um niemanden zu verärgern oder gar unhöflich zu
erscheinen. Zu ihrer Verblüffung schmeckte der Sherry ganz ausgezeichnet und
hatte keine Ähnlichkeit mit dem weißen Rum, den ihr Vater so gern getrunken
hatte und von dem sie hin und wieder ein Tröpfchen stibitzt hatte.
    Sie brauchten nicht lange zu warten. Bereits nach einigen Minuten
betrat ein Mann das Zimmer, und Tante Ethels Gesicht nahm einen verträumten
Ausdruck an.
    Er war der schönste Mann, den Gemma jemals
gesehen hatte.
    Er war groß und schlank, mit blonden, sein Gesicht umschmeichelnden
Locken, einem gewinnenden Lächeln und ebenmäßigen Zügen. Aber gleichzeitig
strahlte er eine Aura aus, die Gemma erschauern ließ. Seine Augen waren das Erste,
was Gemma auffiel, als er sie ansah. Sie selbst hatte auch blaue Augen, aber
die dieses Mannes waren so hell, dass sie beinahe farblos wirkten. Tote
Augen, durchzuckte es Gemma und sie musste sich zwingen, ein Frösteln zu
unterdrücken. Sie fühlte sich unbehaglich unter seinem Blick, bemühte sich
aber, es nicht zu zeigen.
    »Mistress Robbins, wie froh ich bin, Euch zu sehen. Willkommen
auf Kenmore Manor.« Mit ausgestreckter Hand ging Ranleigh auf Tante Ethel zu,
besann sich im letzten Moment und küsste ihr stattdessen die Hand, wobei er
ihr über den Handrücken hinweg zuzwinkerte. Ethel kicherte und errötete wie
ein junges Mädchen.
    »Und Ihr müsst Cedric Robbins sein, hab ich
Recht?«, fragte er Cedric, schüttelte ihm die Hand und
schlug ihm auf die Schulter, als würden sie sich bereits seit Jahren kennen.
Schließlich wandte er sich Gemma zu. Bei seinem Eintreten war sie aufgestanden
und erwartete ihn

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