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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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mit gesenktem Kopf und vor dem Körper verschränkten Händen,
der einzigen Haltung, die einem Mädchen Tante Ethels Ansicht nach angemessen
war.
    »Und Ihr müsst die bezaubernde Gemma sein«,
hörte sie seine schmeichelnde Stimme und spürte, wie er auch ihre Hand ergriff,
um sie an die Lippen zu führen. Gemma war versucht ihre Hand zurückzureißen,
als sich seine feuchten Lippen darauf pressten. Sie hatte von Miss
Crumberwickle genügend gelernt, um zu wissen, dass die Lippen des Mannes die
Hand der Dame normalerweise nicht berührten oder allerhöchstens leicht
streiften, und sie fühlte sich unangenehm berührt, als Ranleigh diese
Konvention brach. Sie hob ihren Blick und sah ihn an. Noch immer hielt er ihre
Hand umklammert. Sein Daumen strich über den feuchten Fleck, den seine Lippen
hinterlassen hatten, und Gemma entzog sie ihm mit einem Ruck.
    Er lachte leise und wandte sich wieder an
Tante Ethel.
    »Ich hatte Euch nicht so früh erwartet,
Teuerste. Euer Kutscher muss ja gefahren sein wie der Wind. Aber natürlich
sind Eure Gemächer vorbereitet. Wenn Ihr Euch vor dem Tee noch ein wenig frisch
machen wollt ...?« Sein Blick glitt zu Gemma, die noch immer unbeweglich an
der gleichen Stelle stand.
    »Eine derartige Reise muss für eine so zerbrechliche Schönheit wie
Euch besonders anstrengend gewesen sein. Ich schlage vor, dass Ihr Euch vor dem
Tee vielleicht noch ein wenig ausruht. Was meint Ihr?«
    Sie sah ihn an und fühlte eine seltsame Kälte
von seinem Blick ausgehen. Was war es nur, das sie an diesem Mann störte? Er
war charmant und aufmerksam und sah zudem unverschämt gut aus. Aber diese
Aura, die Gemma beinah, körperlich spüren konnte, erweckte in ihr den Wunsch,
ein möglichst große Entfernung zwischen sich und Sir Ranleigh zu bringen.
    »Vielen Dank, Sir, das Angebot nehme ich sehr gerne an. Alles wäre
ihr recht gewesen, um der Anwesenheit diese Mannes zu entfliehen. Gemma wandte
sich zum Gehen drehte sich aber zu ihrer Tante um, als diese keine Anstalten
machte, ihr zu folgen.
    »Tante Ethel?« Sie hob fragend eine
Augenbraue.
    »Geh nur schon vor mein Kind. Sir Ranleigh und ich, da heißt ich
und dein Onkel, haben noch etwas zu besprechen.
    Neugierde drohte Gemma zu zerfressen, was
ihre Tante und dieser mysteriöse Sir Ranleigh wohl zu besprechen hätten, aber
sie verließ gehorsam die Bibliothek. Draußen erwartete sie ein anderer Diener,
der sie schweigend zu ihrem Zimmer geleitete. Ebenso schweigend schloss er die
Tür hinter Gemma.
    Staunend sah sie sich um. Sie stand in einem riesiger
Schlafgemach, mit einem gewaltigen Himmelbett. Ein gemütliches Sofa stand vor
dem Fenster, davor zwei zierlich Louis-XV.-Stühle. An einer Wand entdeckte sie
einen Sekretär aus Rosenholz und unwillkürlich trat sie näher und lief ihre
Hand bewundernd über das glatte Holz gleiten. Wunder schön. So etwas
Wundervolles hatte sie noch nie gesehen aber sie schwor sich, irgendwann einen
Sekretär genau wie diesen zu besitzen.
    Das köstliche Aroma heißer Schokolade stieg Gemma in die Nase, und
sie sah sich um. Auf einem kleinen Tischherr neben dem Bett entdeckte sie ein
silbernes Kännchen, daneben eine zierliche Tasse. Anscheinend hatte Sir
Ranleigh veranlasst, dass man ihr heiße Schokolade aufs Zimmer schickte Gemma lief das Wasser im Mund zusammen. Als ihr Vater noch lebte,
hatte er ihr häufig Schokolade von seinen Reisen mitgebracht. Im Hause ihrer Tante allerdings war ein solcher Luxus als
unnütze Geldausgabe angesehen worden. Gemma war gar nicht bewusst gewesen, wie
sehr sie den süßen Geschmack mit der leicht bitteren Note vermisst hatte. Sie
schenkte sich eine Tasse ein und trat hinüber zum Fenster. Genüsslich schloss
sie die Augen, während sie die unerwartete Köstlichkeit über ihre Zunge
gleiten ließ. Wer immer diese Schokolade zubereitet hatte, verstand sein
Handwerk, hatte das harmonische Zusammenspiel von Milch, Zucker und Kakao
perfekt koordiniert.
    Gemma ließ sich Zeit damit, das Kännchen zu
leeren, um das Ende des Genusses so lange wie möglich hinauszuzögern. Mit der
Tasse in der Hand betrachtete sie den Garten, den ihr Zimmer überblickte.
Fantasievoll angelegte Beete und Rabatten und die schmalen sich dazwischen
schlängelnden, sorgsam geharkten Kieswege ließen ihn schon eher wie einen
kleinen Park erscheinen, und Gemma fragte sich, wie viele Gärtner wohl nötig
waren, um diese Pracht zu unterhalten?
    Endlich hatte Gemma das Kännchen bis auf den letzten Tropfen
geleert

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