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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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ein.
    Gemma erwachte,
als heftig an die Zimmertür geklopft wurde.
    »Misses, seid Ihr wach? Ihr Fahrer sagt, ich soll Euch weck'n.«
    Sofort war Gemma aus dem Bett und weckte ihre
Tante. Ethel wälzte sich unwillig auf die andere Seite und hätte wieder
angefangen zu schnarchen, wenn Gemma ihr nicht die Decke weggezogen und die
Fenster geöffnet hätte. Die nasse, kühle Luft des frühen Morgens drang ins
Zimmer. Schimpfend erhob Ethel sich und sah Gemma aus rotgeäderten Augen an.
    »Das gefällt dir, nicht wahr? Mich alte Frau
zu quälen.«
    »Tante Ethel, ich möchte dich nicht ärgern. Aber der Fahrer
drängt zum Aufbruch, wenn wir die Strecke heute schaffen wollen.«
    »Hättest du gestern nicht so getrödelt, wären wir schon fast in
Kent«, murrte Ethel.
    »Die Wirtin hat ein Frühstück für uns vorbereitet«, sagte Gemma
über die Schulter gewandt, ohne den Einwand zu beachten, während sie sich aus
der Kanne Wasser in die Waschschüssel goss.
    Die Erwähnung einer Mahlzeit ließ Ethel alles
andere vergessen. Sie sprang aus dem Bett und warf sich ihr Kleid über den
Kopf. In weniger als einer Minute war sie vollständig angezogen, während Gemma
noch immer in Unterwäsche stand.
    »Ich gehe schon mal runter«, informierte Ethel
sie und strebte zur Tür. »Trödel nicht so rum.« Damit war sie verschwunden.
    Gemma schüttelte nur den Kopf und wusch sich
gründlich. Anschließend putzte sie sich die Zähne. Ihr Vater hatte ihr einige
Zahnbürsten mit versilbertem Griff von seinen Reisen mitgebracht, und Gemma
war immer wieder froh, dass sie sie hatte. Danach zog sie sich an und band ihr
Haar zusammen. Ihre Tante sah es nicht gern, wenn sie es offen trug. Gestern
hatte sie es ihr durchgehen lassen, aber wer wusste schon, was heute war?
    Als sie in die Gaststube hinabging, saß Ethel bereits gesättigt
am Tisch und Gemma fragte sich, was sie wohl alles gegessen haben mochte.
    Die Wirtin servierte ihr frisches Brot, Wurst, scharfen Käse und
gebratenes Ei. Dazu starken Tee, für den Gemma mehr als dankbar war. Obwohl sie
bereits fertig gefrühstückt hatte, starrte Ethel ihr gierig auf den Teller.
Gemma fühlte sich unbehaglich unter den Blicken ihrer Tante, aber sie war zu hungrig, um sich davon vom Essen abhalten zu
lassen. Nachdem sie gegessen hatte, war auch das Gepäck wieder aufgeladen und
die Kutsche fertig zur Abfahrt. Ethel saß schon wieder auf ihrem Platz,
eingehüllt in ihre Decke und ohne Zweifel auch wieder mit dem heißen Backstein
an ihren Füßen, während Gemma die Zeche zahlte. Sie zählte der Wirtin die
versprochenen sieben Shilling in die ausgestreckte Hand. Anschließend gab sie
ihr noch zwei weitere. Überrascht sah die Frau sie an.
    »Für die frische Bettwäsche und für die
Sonderrationen meiner Tante. Ich hatte keine Ahnung, wie viel sie essen kann, sonst
hätte ich vielleicht gar nicht um den Preis gefeilscht.« Die Alte grinste und
geleitete Gemma noch bis zur Kutsche. »Kommt bald mal wieder, Mylady«, rief sie
zum Abschied. Ethel, die die Worte gehört hatte, schnaubte angewidert und schloss die Augen. »Mylady«, murmelte sie mürrisch. Gemma
griff lächelnd zu ihrem Buch.

Kapitel 2

    Gemma, wo bleibst du denn?«
    »Ich komme, Tante Ethel!« Nach einem letzten prüfenden Blick in
den Spiegel verließ Gemma ihr Zimmer und lief die Treppe hinab. In den zwei
Jahren, die sie jetzt bereits bei Tante Ethel lebte, hatte sie gemerkt, dass es
am Einfachsten war, zu allem, was Ethel anordnete, ja und amen zu sagen. Ethel
war nicht sehr aufgeschlossen gegenüber Neuerungen, und Gemmas Anwesenheit in
ihrem Haus war eine Neuerung, mit der sie nicht sehr gut fertig wurde. Gemma
ging ihrer Tante so gut es ging aus dem Weg, aber manchmal ließ sich ein Zusammentreffen
leider nicht vermeiden.
    Bereits bei ihrer Ankunft hatte Ethel ihr
mitgeteilt, dass ihr faules Leben jetzt ein Ende habe. Ab jetzt würde sie für
ihr Essen arbeiten müssen, und Gemma verzichtete wohlweislich darauf, Ethel
daran zu erinnern, dass bereits für ihr Essen gezahlt wurde. Es hätte ihr
nichts eingebracht, außer vielleicht einer keifenden Tante Ethel, die nur noch
schwerer zu ertragen gewesen wäre.
    Gemma hatte sich Trauerkleidung anfertigen
lassen, und Ethel war hocherfreut gewesen, dass Gemma schlichte Kleider
bestellt hatte und keine Rüschen und Spitzen. Gemma hatte nicht den Wunsch
verspürt, sich in Rüschen und Spitzen zu kleiden. Ihre Trauer war zu tief, zu
ehrlich empfunden, als dass sie sich um ihr Aussehen

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