Gemma
gefährlich leise, sein Gesicht nur
Millimeter von dem ihren entfernt. Gemma nickte wortlos und starrte ihn an, wie
das Kaninchen die Schlange. Gott, sie hasste sich selbst dafür, dass sie so ein
Feigling war, aber sie konnte nichts dagegen tun. Sie hatte fürchterliche
Angst.
Nach einem scheinbar endlosen Augenblick drehte Bryce sich um,
nahm sein Navigationsbesteck vom Schreibtisch und verließ die Kajüte.
Gemma sank langsam auf einen Stuhl nieder. Mein Gott, dachte sie,
der Mann ist verrückt. Er ist vollkommen irre. Er hat noch nicht einmal
verlangt, dass sie die Tür öffnete, sondern sie einfach eingetreten.
Ihre Hände zitterten noch immer, als Tabby in die Kajüte geeilt
kam. Ein kurzer Blick genügte ihm, um zu wissen, was geschehen war.
Der Schiffszimmermann reparierte die Tür noch am gleichen
Nachmittag.
Für die nächsten Tage lastete über Gemma und Bryce wieder
angespanntes Schweigen, genau wie in den ersten Tagen, nachdem er sie in sein
Quartier gebracht hatte. Neu war allerdings, dass Gemma nicht mehr versuchte,
Bryce in irgendeine Form des Gespräches zu verwickeln. Falls sie sein Eintreten
überhaupt bemerkte, ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken. Nach der
Aufmerksamkeit zu urteilen, die sie ihm zuteil werden ließ, hätte er unsichtbar
oder ein Möbelstück sein können.
Zu Beginn redete Bryce sich ein, dass das
genau das war, was er gewollt hatte. Ihre beständigen Versuche, mit ihm zu reden,
hatten ihn irritiert und nervös gemacht. Nun allerdings fühlte er sich noch
weitaus irritierter als zuvor. Wie konnte sie ihm gegenüber so gleichgültig
sein, wenn es ihm nicht gelang, einen einzigen Gedanken zu Ende zu bringen,
ohne dass sie sich hineinstahl? Er konnte überhaupt nichts tun, ohne an Gemma
zu denken. Und das Schlimmste daran war, dass, wann immer er an sie dachte, er
sie wieder in seinem seidenen Hemd sah, das ihr als Nachthemd diente, ihr
jugendlich fester Körper deutlich unter dem hauchzarten Gewebe zu erkennen.
Aber in seiner Fantasie hörte er dort nicht
auf, stieß sie nicht von sich. In seiner Vorstellung sah er mehr von ihr, sah
er alles von ihr. Er zog sie an sich, und dann glitten seine Hände über ihre
samtig-seidige Haut aufwärts und schoben das Hemdchen mit hoch. Er berührte das
verführerische Dreieck dunkelgoldener Haare und saugte ihre rosigen Nippel
tief in seinen Mund, bis sie hart waren und feucht, und sie aufschrie vor
Verzückung ...
Verdammt!, fluchte er lautlos. Genau das passiert wieder und wieder und
wieder. Würde das denn niemals aufhören? Wahrscheinlich nicht, bevor er sie aus
seinem Leben und damit aus seiner Reichweite ein für alle Mal entfernt hatte,
aber bis dahin würde ihre Anwesenheit in seiner Kajüte ihn Tag und Nacht
verfolgen. Es war nicht nur ihre Anwesenheit in seiner Kajüte, die ihn so
nervös machte, sondern auch noch etwas anderes. Irgendwie, auf eine Weise, die
er nicht greifen konnte, war es nicht mehr nur seine Kajüte, sondern auch ihre
und mit jedem Tag, der verstrich, wurde es mehr ihre Kajüte als seine. Das war
doch verrückt!
Als er an diesem Abend eintrat, wusste er
plötzlich, was es war. Es war etwas, das er beinahe unbewusst schon einmal bemerkt,
aber nicht bewusst registriert hatte. Ihr warmer, süßer Duft schien sich wie
ein unsichtbarer Schleier über den Raum zu breiten und ihn bis in den letzten
Winkel zu durchdringen. Bryce bemerkte, dass er, wie an jedem Abend, als Erstes
den Raum mit seinen Blicken durchstreifte, bis er seine Frau entdeckte. Sie
saß im Stuhl und nähte oder saß lesend auf der Fensterbank, oder blickte ganz
einfach schweigend auf den Ozean hinaus, so wie er es selbst gern tat.
Seit sie sich Kleider genäht hatte, lag sie nie im Bett, wenn er
eintrat, auch nicht in den Nächten, wenn er erst sehr spät in sein Quartier
zurückkehrte. Es schien beinahe, als wartete sie auf seine Rückkehr.
Wenn es Zeit wurde, schlafen zu gehen, trat
sie hinter den Paravent, den Tabby auf wundersame Weise aus alten Latten und
Segeltuch gezaubert hatte, zog sich aus und schlüpfte direkt ins Bett. Nie
unternahm sie den Versuch, mit ihm zu sprechen, ließ noch nicht einmal
erkennen, dass sie sich seiner Anwesenheit in der Kajüte bewusst war. Sie ließ
ihn so allein mit seinen Gedanken und dem Verlangen, das zu einem ständigen
Begleiter während der langen, schlaflosen Nächte geworden war.
Am nächsten Morgen, als Bryce ein frisches Hemd aus dem Schrank
nahm, hatte er plötzlich eins in der Hand,
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