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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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das er nie zuvor gesehen hatte. Er
warf einen überraschten Blick über die Schulter zum Bett, aber Gemma hatte ihm
den Rücken zugedreht. Im grauen Licht des Morgens konnte er es zwar nicht genau
erkennen, aber es sah aus, als würde sie tief und fest schlafen.
    Zögernd zog Bryce sich das Hemd über den Kopf.
Es passte, als wäre es speziell für ihn gemacht. Er lächelte bei dem Gedanken.
Es war speziell für ihn gemacht. Aber warum? Seine Hände an den Knöpfen
erstarrten, als ihm der einzige mögliche Grund einfiel. Gemma würde keine
solche Geste machen, nur um ihn zu erfreuen. Wenn sie ihn mit einem Geschenk
überraschte, und sei es ein neues Hemd, das plötzlich in seinem Schrank lag,
dann hatte sie etwas vor. Keine Frage, heute Abend würde sie ihm sagen, was sie
im Gegenzug dafür vom ihm erwartete ...
    Den ganzen Tag über fragte sich Bryce, was es
wohl war, das Gemma von ihm wollte. Und sie wollte etwas, da war er sich
sicher. Als er am Abend endlich in sein Quartier zurückkehrte, hatte er sich
geistig gegen jede Forderung gewappnet, die Gemma an ihn stellen würde. Nachdem
er die Tür geöffnet hatte, zögerte Bryce einen Moment auf der Schwelle und
ließ das Bild, das Gemma bot, auf sich wirken. Sie saß im Sessel, die Füße
unter sich gezogen und ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoß. Sie sah bei
seinem Eintreten noch nicht einmal auf, und Bryce war ein wenig überrascht.
Nein – um ehrlich zu sein: Er war enttäuscht. Er wusste nicht genau, was er
erwartet hatte, aber ganz sicher hatte er nicht damit gerechnet, seine Frau so
vertieft in ein Buch vorzufinden, dass sie nicht einmal seine Anwesenheit zur
Kenntnis nahm.
    Wütend schlug er die Tür zu, was ihm ein leichtes Stirnrunzeln
ihrerseits einbrachte, als Gemma die sanft geschwungenen Augenbrauen
zusammenzog, als wollte sie ihn dafür rügen, sie in ihrer Ruhe gestört zu
haben.
    Mit entschlossenen Schritten durchmaß Bryce den Raum bis zu seinem
Schreibtisch, öffnete das Logbuch mit mehr Papiergeraschel als unbedingt nötig
und ließ sich dann Zeit damit, die Feder in die Tinte zu tauchen.
    Als er die täglichen Einträge beendet hatte, hatte Gemma noch
immer nicht ein einziges Mal aufgesehen, sondern blätterte nur schweigend eine
Seite nach der anderen um, wenn sie sie fertig gelesen hatte.
    Wenn sie dieses Schweigespiel weiterspielen wollte – schön. Er
würde schon eine Möglichkeit finden, sie zum Reden zu bringen! Vor Wut
rauchend, dass sie so ganz anders reagierte, als er erwartet hatte, stürmte er
zur Tür zurück, riss sie auf und brüllte nach Tabby, dass dieser sofort in sein
Quartier kommen sollte. Einen Moment später erklangen Tabbys schnelle Schritte
im Korridor. Seit jenem Tage, an dem Gemma ihm mit einem Kuss für die Stoffe
gedankt hatte, war er bemüht, seinem Captain noch schneller zu Diensten zu
sein.
    »Tabby, sag Mister Harron, er soll Wasser erhitzen. Ich möchte ein
Bad nehmen«, informierte er Tabby mit knappen Worten. Tabby wollte schon
losstürzen, als er sich auf etwas besann und sich umdrehte.
    »Äh, Captain, die Misses ...«, stammelte er und deutete an Bryce
vorbei in die Kajüte.
    »Du hast mich gehört, Tabby. Und ich möchte nicht erst um
Mitternacht baden«, fuhr Bryce ihn an. Tabbys Augen wurden groß. Vorsichtig sah
er an Bryce vorbei zu Gemma, die scheinbar völlig unbeeindruckt weiterlas.
    »Aye, aye, Capt'n«, murmelte Tabby und drehte sich mit einem
letzten Blick auf Gemma um.
    Sobald Tabby außer Sichtweite war, kehrte Bryce an seinen
Schreibtisch zurück, ließ sich auf den Stuhl sinken und lenkte seinen Blick
trotz der besten Absichten, es nicht zu tun, auf Gemma. Noch immer tat sie, als
hätte sie ihn nicht gehört. Wenn sie hoffte, er würde es sich anders überlegen,
dann würde sie eine Überraschung erleben.
    Gemma war sich durchaus bewusst, was Bryce plante. Bereits seit
sie seine Schritte im Gang vernommen hatte, ergab keines der Worte, die sie
las, mehr einen Sinn. Nachdem er hereingekommen war, waren die Buchstaben zu
einem Brei verschwommen, bis sie kaum noch wusste, dass sie ein Buch in den
Händen hielt. Es hatte sie eine Menge Selbstbeherrschung gekostet, so zu tun,
als wäre er überhaupt nicht da, und die Blätter im richtigen Rhythmus
umzublättern, sodass es den Anschein hatte, sie würde lesen. Oh Gott, sie spürte
seine Anwesenheit beinahe wie ein Streicheln auf ihrer Haut. Es war schon so
lange her, dass er sie berührt hatte, aber die Erinnerung an diese

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