Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gemordet wird immer

Gemordet wird immer

Titel: Gemordet wird immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Korber
Vom Netzwerk:
Überrascht stellte sie fest, dass es sie interessierte, was sich hinter dieser Fassade verbarg. Doch selbst wenn es so war, sie musste dieses Herumschnüffeln unbedingt unterbinden. Als Erstes würde sie Hoffmann beibringen, dass er die Finger aus ihren Angelegenheiten zu lassen hatte.
    Allerdings war es nicht so leicht, einem Prof. Dr. Hoffmann den Kopf zu waschen. Und schon gar nicht würde er sich von ihr einschüchtern lassen wie dieser menschenbestattende Hirtenknabe Viktor. Da würde sie anders vorgehen müssen, indirekter.
    Sie war noch nicht mit sich übereingekommen, wie genau sie es anpacken wollte, als die Tür sich öffnete und der grauhaarige Pathologe eintrat. Im ersten Moment hatte sie Mitleid mit ihm, so gebückt und gealtert wirkte er. Doch dann bemerkte sie, dass der Stock, auf den er sich stützte, einen Elfenbeinknauf mit eingelegten grünen Steinen hatte. Dandy bis zuletzt, dachte sie abschätzig und verzog den Mund zu einem schmalen Strich.
    Er breitete zur Begrüßung die Arme aus. »Man gratuliere mir!/ Auch dieses Jahr noch haben/ die Mücken mich gebissen.«
    »Wenn Sie es wünschen, kann ich die Fenster schließen lassen«, meinte Karoline Schneid und hasste ihn für das Lächeln, das daraufhin seine Lippen umspielte. Sie hätte gar nichts sagen sollen, kein Wort, und ihn im eigenen Saft schmoren lassen. Nun, das konnte sie immer noch nachholen.
    Mit einem gekünstelten Seufzen ließ er sich auf dem Stuhl ihr gegenüber nieder. Dabei stieß er versehentlich gegen ihren Schreibtisch. Ein Bilderrahmen fiel um. Und bevor sie es verhindern konnte, hatte er schon danach gegriffen.
    »Verzeihen Sie«, sagte er und fuhr mit der Hand ein paarmal über das Glas, als wollte er den Staub fortwischen.
    Mit zusammengebissenen Zähnen nahm sie zur Kenntnis, dass ihm das ausreichend Gelegenheit gab, das Foto dahinter genau zu studieren. Fordernd streckte sie die Hand aus.
    »Ihre Schwester ist Ihnen sehr ähnlich«, sagte er und gab das Bild endlich zurück.
    »Äußerlich«, erwiderte sie knapp und stellte das Bild energisch wieder an seinen Platz.
    »Ja, ja«, sagte er jovial. »Geschwister. Ich wollte auch immer ganz anders sein als mein kleiner Bruder und kam doch nie von ihm los.«
    Argwöhnisch starrte sie ihn an. »Er ist heute Winzer in der Provence, kaum zu glauben.« Hoffmann seufzte. »Mutter pflegte immer zu sagen, er hätte sie stets zum Weinen, und ich sie zum Lachen gebracht. Aber ich hege den Verdacht«, er neigte sich vertraulich vor, »dass Mütter die Kinder, die sie zum Weinen bringen, im Grunde mehr lieben.«
    Ihr Gesicht wurde blass. Sie rang um Fassung. »Das ist ja alles hochinteressant, Herr Hoffmann, aber …«
    »Ist die Frau auf dem Bild zwischen Ihnen Ihre Mutter?«
    Langsam wurde sie wütend. »Warum schauen Sie nicht einfach in meine Personalakte, wenn Sie es wissen wollen, wie Sie es sonst auch zu tun pflegen?« Erwartungsvoll hob sie die Brauen. »Oder«, konnte sie dann nicht umhin hinzuzufügen, denn ihr kam ein furchtbarer Verdacht, »oder haben Sie das schon getan?«
    Wieder hob er die Arme wie ein Opernsänger. »Ein solcher Vorwurf, liebe Frau Schneid, was soll ich sagen …«
    Dieses verdammte Lächeln. Oh, sie hasste ihn unendlich.
    »Der Kuckuck ruft/ und die Brüder drehen sich um/ und sehen einander an.« Hoffmann senkte den Blick auf den Knauf seines Stockes, den er langsam zwischen seinen Fingern drehte.
    Zum Teufel mit dir, dachte Karoline Schneid. Hier läuft gar nichts unter Brüdern. Und von mir weißt du nichts, nichts.
    Hoffmann beendete die lange Schweigeminute mit einer Frage: »Also, haben Sie mich tatsächlich nur zu sich gerufen, um mir Ihre Meinung zu meinen Recherchetätigkeiten zu sagen …?«
    In diesem Moment streckte ihr Assistent den Kopf zur Tür hinein. »Ein gewisser Viktor Anders hat für Sie angerufen, Frau Hauptkommissar.«
    Sie bemerkte Hoffmanns Reaktion, nur ein leichtes Zucken, und fluchte innerlich. Statt ihn in seine Grenzen zu weisen, bot sie ihm noch mehr Informationen. Aber es war schon zu spät. Ihr Assistent fuhr bereits fort. »Er sagt, er sitzt dem Mörder von Bulhaupt gegenüber, der sich stellen möchte. Allerdings …«
    »Ein ganz gewaltiges Allerdings sogar.« Karoline Schneid sprang auf und griff nach ihrer Jacke. »Haben Sie die Adresse?«
    Der Assistent nickte. »Allerdings klang er irgendwie, na ja, betrunken.«
    »Wieso? Hat er gelallt?«
    »Nein, Frau Hauptkommissar.« Er wurde rot. »Er behauptete, Sie hätten

Weitere Kostenlose Bücher