Gemordet wird immer
Augen wie das Bambusgras, in dem sich der Tiger verbirgt. Sorry«, er hob die Hände. »Seine Worte. Und im Hintergrund sang jemand.«
»Dann hoffen wir mal schwer, dass das nicht unser Mörder ist. Machen Sie einen Wagen klar und nehmen Sie zwei Leute mit.« Sie wandte sich an Hoffmann. »Sie werden entschuldigen«, sagte sie, »aber ich schätze, Sie haben bereits alles gehört, was Sie hören wollten, oder sehen Sie das anders?« Das letzte Wort betonte sie mit Nachdruck.
Der Alte stand auf, griff nach seinem Stock und hielt ihr lächelnd die Tür auf.
Karoline Schneid schritt steifbeinig hinaus. Als sie dicht neben ihm stand, sagte sie noch: »Glauben Sie ja nicht, dass ich in diesen Vorfällen nicht Ihre Handschrift erkenne. Aber ich warne Sie: Das ist kein Spiel, nicht für gelangweilte alte Männer und auch nicht für Bestatter, die plötzlich Detektiv spielen wollen.«
Eine Viertelstunde später stand Karoline Schneid vor dem Haus von Bulhaupts Nachbarn und kraulte dem elend aussehenden Hund den Kopf.
»Ihm ist das Bier wohl nicht bekommen, schätze ich«, erklärte Viktor frohgemut.
»Das ist er doch gewohnt, nein, nein, dasissesnich«, widersprach der Mann ihm gegenüber, ein Endvierziger mit dicker Brille im runden Gesicht und einem Seehundschnurrbart, der seine speckigen Wangen noch betonte. Sein Blick wollte die Polizisten nicht mehr so recht fixieren.
»Er musste sich erst einmal Mut antrinken«, erklärte Viktor.
»Ich verhafte Sie beide wegen des Verdachts auf Tierquälerei, Ruhestörung und groben Unfugs. Als solcher gilt es nämlich, bei der Polizei anzurufen, um angebliche Morde zu melden.« Karoline Schneid, die gedacht hatte, wütender als auf Hoffmann nicht mehr werden zu können, machte eine neue Erfahrung: sie konnte.
»Aber ich binsbins gewesen«, protestierte der Nachbar, unterstützt von Viktors Nicken. Dann sank er auf seinem Stuhl zusammen und brach in Tränen aus.
Der Hund jaulte und leckte ihm die Brille.
»Was machen wir mit dem Tier?«, fragte der Assistent. »Tierheim?«
»Er stinkt«, stellte Karoline Schneid fest.
»Das ist nicht er, das bin ich.« Viktors gute Laune war ungebrochen.
»Schön, dass wir das klären konnten.« Sie seufzte. »Na gut, nehmen Sie ihn mit. Aber führen Sie ihn vorher Gassi. Den Hund.«
Dann ging sie auf die Straße. Sie brauchte dringend frische Luft.
Wenig später saß Viktor ihr im Revier barfuß gegenüber. Er gehörte offenbar zu den Männern, die keine Socken trugen, was sie eigentlich mochte. Seine Füße waren braun, kräftig und unbehaart, was ebenfalls fatal ihrem Geschmack entsprach. Was ihr nicht gefiel, war das, was er erzählte.
»Aber ich musste ihn doch dazu bringen, sich zu entspannen.«
»Was ich hier habe«, sagte sie und wies auf das Verhörzimmer, »ist ein völlig unzurechnungsfähiger Geständiger, dessen Aussagen ich nicht verwerten kann. Jeder Anwalt würde meinen Arsch festnageln, wenn ich es auch nur versuchen würde. Der Staatsanwalt allen voran. Wieso können Sie nicht einfach Ihre Finger von meinem Beweismaterial lassen?«
»Ohne mich wüssten Sie doch nicht einmal, dass er eines ist«, stellte Viktor fest. »Kann ich noch einen Kaffee haben?«
»Vertragen Sie so viel?«
»Hab ich Ihnen schon mal erzählt, dass ich in Pasadena in einem Schnapsladen gearbeitet habe?«
»Nein, aber ich hatte mir schon fast so etwas gedacht«, gab sie seufzend zurück.
»Nee, nee, die Pointe kommt erst. Der ist überfallen worden, von so einem Typ. Pasadena, Sasadena. Und als ich da so steh, hands up, wie im Film, denk ich mir, das ist doch der falsche Film, und ich komm mit dem Kerl ins Gespräch. Was soll ich sagen, wir schreiben uns heute noch.«
»Ganz rührend«, stellte Karoline Schneid fest. »Brückners Adresse haben Sie ja schon.«
»Brückner, ja, der. Hat einfach seinen Hund geliebt. Hat es nicht ertragen, dass der Bulhaupt ihn bedroht hat. Hat eine Unterlassungsklage angestrengt.« Er neigte sich vor.
Sie roch seinen alkohol- und kaffeegeschwängerten Atem. »Wussten Sie, dass der Bulhaupt schon mal den Hund eines Jägerkollegen abgeknallt hat? Fragen Sie seine Kumpels in der Silbernen Traube.«
»Sie sind ganz schön herumgekommen, was?«, fragte sie und schenkte ihm Kaffee nach. Ihr Hirn arbeitete auf Hochtouren.
»Brückner hat es mir gesagt, also, nachdem ich ihm das mit dem Baseballschläger ausreden und ihn dazu bringen konnte, dass wir uns einfach ruhig hinsetzen. Weil, dass er die Polizei rufen
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