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Gemuender Blut

Gemuender Blut

Titel: Gemuender Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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alleine wäre.
    Ich nickte. »Hab Frau Rostler und Frau Keil getroffen.« Ich mischte mir einen Milchkaffee und setzte mich neben meinen Vater.
    »Und – hast du es überlebt?« Hermann verdrehte die Augen.
    »Nur knapp.« Ich grinste. »Aber mir ist aufgefallen, dass man hier keinen Schritt machen kann, ohne dass alle Bescheid wissen. Da muss doch jemand etwas gesehen haben, als der Mord passiert ist.«
    »Heißt das, du hilfst Steffen?« Olaf schaute mich an. Ein Hoffnungsschimmer überzog sein Gesicht und noch etwas, was ich nicht zu deuten wusste.
    »Ob ich ihm damit helfe, muss sich erst noch erweisen. Aber wenn er unschuldig ist, werde ich das herausfinden.«
    Hermann wählte ein hart gekochtes Ei, schlug mit dem Löffel darauf und schälte einzelne Schalenstückchen in seinen Eierbecher. Er setzte den Salzstreuer an, stellte ihn direkt wieder ab und sah mich an.
    »Du hast dich entschieden?«
    »Was das angeht, ja. Das andere, ich weiß …«
    »Ich habe eine Freundin!«, platzte Olaf dazwischen.
    Ich verstummte, zog eine Augenbraue hoch und schnappte mir ein Brötchen. Dann ließ ich meine Hand sinken, legte es auf den Teller und wandte mich ihm zu.
    »Also, besser eine neue Bekannte, und ich denke, da kann mehr draus werden!«
    »Das freut mich, Olaf.«
    Es freute mich wirklich, obwohl ich wusste, dass es in diesem Moment nicht so klang. Vielleicht lag es daran, dass bisher alle seine Beziehungen daran gescheitert waren, dass die Frauen den Sockel, auf den Olaf sie hob, irgendwann nicht mehr aushielten und die Beziehung beendeten. Für meinen Bruder brach jedes Mal eine Welt zusammen, und er war sehr verzweifelt. Aber er war achtunddreißig Jahre alt, und ich gönnte es ihm von ganzem Herzen, endlich eine Frau zu finden, mit der er glücklich sein würde.
    »Und?«, fragte ich beiläufig und strich Erdbeermarmelade auf meine Brötchenhälfte.
    »Sie ist Schneiderin bei einer Modedesignerin und wohnt in Düsseldorf. Zurzeit ist sie hier zu Besuch.« Die dritte Brezel dieses Morgens landete auf seinem Teller. Er betrachtete sie nachdenklich. »Ich habe sie auf dem Schützenfest kennengelernt, nachdem du mit Steffen abgezogen bist.«
    Mein Vater räusperte sich, und ich spürte, wie die Hitze in meine Wangen stieg.
    »Kenne ich sie?«
    »Wie heißt sie denn?«, mischte sich Hermann ein.
    »Sie heißt Michelle Steuwen. Ich glaube nicht, dass du sie kennst.«
    Ich rückte näher an Olaf und stieß ihm meinen Ellbogen in die Seite.
    »Wie ist sie so?«
    Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
    »Sie ist schön! Sie ist witzig! Sie ist …« Olaf verstummte und betrachtete seine Hände.
    »Sie ist vollkommen?«
    Ein Lächeln zuckte über seinen Mundwinkel.
    »Ich weiß, was du mir sagen willst, Ina, aber so ist es nicht. Diesmal nicht. Sie hat Fehler und Schwächen.« Jetzt lachte er. »Sie kann nicht tanzen.«
    »Dann passt ihr ja hervorragend zusammen!«
    »Sie ist …«, er zögerte und erwiderte meinen Blick, »ich glaube, sie ist mir sehr nah. Und«, er macht eine weitere Pause, »sie mag mich so, wie ich bin.« Er grinste und zog an einer seiner Speckrollen. »Ich hoffe, es wird was!« Entschlossen legte er die unberührte Brezel wieder in den Brotkorb.
    »Wie lange bleibt sie hier?« Hermann schob seinen Teller in die Mitte des Tisches und stand auf.
    »Oh, sie hat drei Wochen Urlaub.« Olaf neigte den Kopf. »Und so weit ist Düsseldorf ja nun auch nicht, Papa.«
    »Nein, so weit ist es nicht.« Hermann ging zur Wohnungstür.
    »Danke für das bemerkenswerte Frühstück, Junge. Deine Marmelade schmeckt sehr lecker.« Mit einem leisen Klacken fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
    Olaf starrte in seinen Kaffee.
    »Er findet es nicht gut, wenn ich eine Freundin habe.«
    »Ach Unsinn, Olaf. Natürlich freut er sich für dich!« Ich legte meine Hand auf seine. Er zitterte.
    »Er wäre sauer, wenn ich wegginge und ihn alleine ließe.«
    »Hör zu, Olaf.« Ich bemühte mich um Zuversicht in meiner Stimme. »Du wohnst seit Ewigkeiten in der Wohnung unter ihm. Vielleicht hat er gedacht oder gehofft, dass das immer so bliebe. Aber er erwartet es nicht von dir. Wenn du weggehen wolltest – er würde sich daran gewöhnen. Sicher!« Ich blickte gegen die Küchendecke. Mein Vater ging oben in seiner Wohnung auf und ab. Ich konnte es hören. Und ich hatte gemerkt, dass es ihm ganz und gar nicht recht war, als er von Olafs neuer Bekannter erfuhr. Darum würde ich mich später kümmern.
    »Er wird sich daran gewöhnen

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