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Gemuender Blut

Gemuender Blut

Titel: Gemuender Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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Firma. Da habe ich viel Zeit für meine Interessen!« Sie schob ein Rezept über die Verkaufstheke und wartete schweigend, bis sie das Gewünschte bekam. Hämorrhoidenzäpfchen. »Vielleicht sehen wir uns ja bald noch mal!«, flötete sie und verschwand, eine Wolke von Parfüm hinter sich lassend.
    Ich hustete das Kratzen aus meinem Hals und zog die Blisterpackung hervor.
    »Was ist das für ein Medikament?«
    »Ist das für Sie?« Die Apothekerin nahm die Tabletten und ging zu ihrem Terminal.
    »Ich möchte wissen, wogegen man es bekommt und was es für Nebenwirkungen hat.«
    Sie tippte den Namen ein und runzelte die Stirn.
    »Hochpotentes Neuroleptikum, Wirkstoff Amisulprid«, murmelte sie und sah mich dann wieder an. »Ist es nun Ihr Medikament?«
    »Hören Sie, ich benötige die Information im Rahmen einer Ermittlung.« Zumindest war das nicht gelogen.
    Sie kräuselte die Lippen und legte eine Hand neben den Bildschirm.
    »Tolain wird bei Psychosen verschrieben. Es reduziert Wahnvorstellungen und verbessert die soziale Kontaktfähigkeit des Patienten.«
    Ich schluckte den Kloß hinunter, der sich in meinem Hals gebildet hatte.
    »Was hat das Medikament für Auswirkungen?«
    »Heißhungerattacken, Gewichtszunahme, Libidoverlust, Bewegungsunruhe. Manche werden auch lichtempfindlich.«
    Ich kramte meine Geldbörse aus der Tasche und bezahlte die Verbände und Salben für meine Knie.
    »Ich danke Ihnen. Sie haben mir sehr geholfen.«
    »Der Polizei hilft man doch immer gerne!« Sie verschanzte sich wieder hinter ihrem Bildschirm, stützte sich leicht auf dem Tresen ab und lächelte. Mona Lisa im weißen Kittel.
    Die Autos auf der Straße ignorierte ich noch erfolgreicher als bei meiner ersten Überquerung. Ich riss die Tür zu meinem Käfer auf, setzte mich schräg auf den Sitz und stellte die Füße auf das Trittbrett.
    Olaf schluckte Psychopharmaka! Warum? Es stimmte, er aß sehr viel. Hatte er auch zugenommen? Ich wusste es nicht. War zu sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen. Ich würde ihn fragen müssen. Noch eine Baustelle, auf der ich befürchtete, den sicheren Tritt zu verlieren.
    Diesmal war jemand zu Hause. Ein junger Mann öffnete mir die Tür.
    »Ja, bitte?«
    »Ina Weinz. Ist Monika Berkel zu sprechen?«
    »Sind Sie eine Bekannte von ihr?
    »Nein, ich …«
    »Wir haben kein Interesse an Zeitschriften, Plastikgeschirr und neuen Rollos. Danke.« Er schob die Tür zu.
    »Es geht um Peter Prutschik.«
    Die Tür stoppte in der Bewegung. Ich konnte nur die Hand des jungen Mannes sehen, die das Türblatt umklammert hielt. Seine Fingerknöchel wurden weiß.
    »Ich möchte gerne mit Monika Berkel sprechen. Man hat mir gesagt, dass sie seine Exfrau sei.«
    »Was möchten Sie denn von meiner Mutter? Sind Sie von der Polizei oder von der Presse?«
    »Weder noch.« Ich schwieg und überlegte, wie viel Wahrheit ich gegenüber Prutschiks Sohn rauslassen sollte.
    Die Tür öffnete sich wieder.
    »Was dann?«
    Ich entschied mich für die ganze Wahrheit.
    »Ich bin von der Mordkommission. Der Kölner Mordkommission. Hier stehe ich allerdings als Privatperson. Steffen Ettelscheid ist ein Freund von mir.«
    Es kam mir leicht über die Lippen. Ja, das war ein Ausdruck für den Zustand unserer Beziehung, mit dem ich gut leben konnte. Ein Freund in Untersuchungshaft. Damit weniger.
    Er nickte und trat einen Schritt zurück.
    »Kommen Sie rein. Ich bin eben erst aus Köln gekommen. Meine Mutter und ihr Mann sind zwar nicht da, müssten aber bald wieder hier erscheinen.« Er ging den Flur entlang vor mir her ins Wohnzimmer. »Stellen Sie mir Ihre Fragen. Ich habe Antworten.«
    Ich folgte ihm ins Innere des Hauses. An den langen, hellen Flur, den ich bereits bei meinem ersten Besuch durch das Glas der Haustür gesehen hatte, grenzten mehrere Räume.
    Jonas Prutschik führte mich in das Wohnzimmer und bot mir einen Platz auf dem Sofa an.
    »Möchten Sie einen Tee?«
    »Danke, gerne.« Ich setzte mich und versank sofort im weichen Leder.
    »Wenn Ihr Freund meinen Vater umgebracht hat«, rief er aus der angrenzenden Küche, »richten Sie ihm bitte meinen herzlichen Dank aus!«
    »Bitte was?« Ich fuhr hoch und starrte in die Richtung, aus der seine Stimme gekommen war.
    »Sie haben mich schon verstanden, Frau Weinz.« Er kam mit einem Tablett in den Händen wieder ins Wohnzimmer. »Jedem, der mich von diesem Mann erlöst hat, bin ich zutiefst verbunden.«
    Er stellte eine Untertasse auf den niedrigen Wohnzimmertisch, platzierte

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