G.E.N. Bloods 1 - Eisfeuer - Felsing, K: G.E.N. Bloods 1 - Eisfeuer
an noch sprach sie überhaupt mit Megan. Erst als sie sich das Haar gebürstet hatte und vor ihr stehen blieb, legte sie ihr wieder die Handschellen an und erklärte, sie würde jetzt zum Speisesaal gebracht und anschließend dem Haftrichter vorgeführt.
Megan bekam nicht einen Happen hinunter, obwohl der Toast und das Rührei weniger ekelhaft aussahen, als sie sich Gefängnisessen vorgestellt hatte. Sie trank eine halbe Tasse Kaffee, bekam Sodbrennen und verzichtete auf den Rest.
Deputy Chief Perry und Lieutenant Medland erwarteten sie hinter den letzten Gittern eines langen Flures. Sie grüßten knapp und mit unverständlichen Worten, die eher einem Brummen glichen, und führten sie zu einem Streifenwagen.
Untersuchungshaft. Ich bin Kavan Sonson, Ihr Pflichtverteidiger. Anklage wegen Mord. Untersuchungshaft. Fluchtgefahr. Keine Kautionsfestlegung. Pflichtverteidiger. Guthaben bei der Bank eingefroren bis zum Abschluss des Verfahrens. Geschworenenprozess. Glaubhafte Zeugenaussagen. Untersuchungshaft. Ich bin Kavan Sonson, Ihr Pflichtverteidiger. Anzeige wegen des Verdachts der Geldwäsche. Untersuchungshaft. Ich bin Kavan Sonson, Ihr Pflichtverteidiger
.
Megan fiel. Niemand fing sie auf, ihr Verteidiger diskutierte vor einem hohen Pult mit dem Richter, die Polizisten standen hinter einer hölzernen Absperrung im Zuschauerbereich. Wie in Zeitlupe kam der Parkettboden näher, sie schlug mit dem Gesicht auf, sah Blutspritzer durch die Luft fliegen, Staubkörner wirbelten herum. Jemand schrie laut und lang gezogen „Nein“, und irgendwann merkte Megan, dass das jammervolle Weinen ihrer eigenen Kehle entsprang. Jemand hielt sie fest, drückte sie auf den Boden. Sie spürte einen Stich im Arm. Die Welt verschwamm.
Sie betrachtete ihr Gesicht im Spiegel und betastete das Hämatom neben dem linken Auge. Knapp unterhalb der Augenbraue verfärbte sich die Haut dunkelblau und lief über den Wangenknochen in Richtung Schläfe bereits in Lila und diverse Grün-gelb-Töne aus. Durch die Nase bekäme sie keine Luft, würde nicht ein Schlauch in einem Nasenloch stecken und ihr Sauerstoff zuführen. Das Nasenbein steckte unter einem Gips, der mit langen weißen Klebestreifen hinauf zur Stirn und rechts und links auf den Wangen befestigt worden war.
In den Gefängnisfilmen, die sie kannte, brachte man die Gefangenen zum Telefonieren zu einem öffentlichen Apparat, der in einem Flur an der Wand hing und vor dem die Frauen Schlange standen, um dranzukommen. Schwache und alte stieß man in der Reihe nach hinten und griffen die Wärterinnen nicht ein, würden sie wahrscheinlich niemals dazu kommen, ihre Familien anzurufen.
Sie hingegen wartete in einem Krankenzimmer darauf, dass eine Schwester ihr ein mobiles Telefon brachte. Seit sie nach ihrer Vorführung vor dem Haftrichter am Freitagnachmittag wieder bei Bewusstsein war und das ganze Wochenende hindurch hatte sie darum gebettelt, ein Telefonat führen zu dürfen, aber erst, nachdem die Verantwortlichen amMontagmorgen wieder Dienst taten, entsprach man ihrem Wunsch. Mittlerweile war sie innerlich tausend Tode aus Angst um Kristy gestorben. Das Sprechen fiel ihr schwer, weil sie ständig das Gefühl hatte, nicht genug Luft zu bekommen. Mit ihrer verstopften Nase verstand sie selbst kaum, was sie sagte. Schnell sprechen konnte sie auf diese Weise vergessen, obwohl die Worte, die sie sich zurechtgelegt hatte, nur so aus ihr hinaussprudeln wollten.
Endlich hielt sie den Apparat in den Händen und rief im Krankenhaus an. Die Stationsschwester bat sie, sich in einer Viertelstunde nochmals zu melden, weil Kristy gerade bei einer Untersuchung sei. Vor Enttäuschung biss sie sich auf die Unterlippe, bis sie Blut schmeckte. Ihre Augen brannten. Unter Dix’ Nummer erhielt sie eine Ansage, dass der Anschluss zurzeit nicht erreichbar sei. Mein Gott, was sollte sie nur tun? Mechanisch wählte sie wieder und wieder. „Dix! Bitte!“, flehte sie. Noch einen Versuch. Sie schluckte hart und verdrängte den Schwindel, der sie mittlerweile fast nicht mehr loslassen wollte. Dix meldete sich nicht.
Sie rief die Auskunft an und fragte nach Max Diaz’ Nummer. Ergebnislos. Die Dame am anderen Ende der Leitung versuchte es unter Eingabe der Adresse, suchte in den Yellow Pages nach dem Fitnesscenter. Alles ohne Erfolg. Megans neues Handy war von der Polizei nach ihrer Aussage, dass Dix ihr eine SMS geschickt und sie zum Haus bestellt habe, sichergestellt worden, sodass sie keine Chance sah, an
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