Generalprobe Zeitballett
vielleicht unangenehme Schlüsse gezogen.
Nur eine Sekunde später kam die von Hannibal zu recht befürchtete Frage.
»Wo wohnt dein Volk, Fürst? Sagtest du nicht, Hütten und Vorratslager wären durch den Luftdruck des abstürzenden Schiffes beschädigt worden? Wo sind deine Leute, Rodkon? Wir haben niemand entdeckt.«
Ich reckte den Kopf vor, zauberte einen erstaunten Ausdruck auf mein Gesicht und fragte schließlich fassungslos zurück:
»Bei Taahntor, dem brüllenden Herr des Eises – wo hast du gesucht, du vom immerwährenden Sonnenschein des Südens verwöhnter Weinbauer? Etwa dort, wo das Wrack liegt?«
Er wurde unsicher; zum ersten Male, seitdem ich ihn kannte. Er konnte sogar ein Hüsteln der Verlegenheit nicht unterdrücken.
»Dein Grinsen stört, Barbar«, fuhr er mich an. »Ich weiß auch, daß in den Bereichen des stetig wandernden Eises eine Siedlung niemals lange an einem Ort bestehen kann. Dennoch hätte ich gern den Stamm der Perker gefunden. Wo ist er? Wohin ist er ausgewichen?«
Ich lachte weiter.
»Lurcarioner, ich bin sicher, von dir viel lernen zu können, aber das könntest du auch von mir. Wie lange, glaubst du, bin ich von zu Hause fort? Es dauerte einen Sommer, bis ich eisfreie Täler erreichte und noch einen Sommer, bis die großen Städte nahe Nitrabyl sichtbar wurden. Dann hielt ich mich in der Düsteren Stadt auf, ließ ein Schiff nach meinen Vorstellungen erbauen und lief aus. Es sank im Orkan, ich wurde gerettet. Jetzt bin ich hier! Vier Sommer sind vergangen und vier harte Winter. Wie soll ich wissen, wo mein Volk jetzt ist? Aber, Südländer, das verspricht dir Rodkon, der Schwertkämpfer: Wenn du unbedingt mit meinen Leuten reden willst, so bringe mich mit einem deiner Himmelsschiffe in den Norden. Ich werde mein Volk schnell finden, denn meine Instinkte sind nicht taub wie deine.«
Er hatte sich längst wieder in der Gewalt. Seine Zähne nagten auf der Unterlippe.
»Du würdest wohl im Stande sein, deine geplante Seereise aufzugeben, nur um mit einem Himmelswagen fliegen zu dürfen, wie?«
»Sofort!« sagte ich im begeisterten Tonfall. »Warum, glaubst du, will ich in das sagenhafte Land Lurcarion? Ja, fliegen will ich! Hoch hinauf zu den Göttern. Andere Welten will ich sehen, die es nach den Worten meines Lehrers geben muß. Oder willst du das leugnen?«
»Greife nicht schon wieder zum Schwert«, sagte er resignierend. »Segle, Fürst der Perker. Überwinde das wilde Meer und versuche, auf Lurcarion Fuß zu fassen. Man wird dich beachten. Ich muß dich nochmals kränken.«
Den letzten Satz unterstrich er mit einem Hüsteln. Gleichzeitig erhob er den linken Arm und sprach eine Anweisung in sein Vielzweckband.
Weiter drüben öffneten sich die Ladeluken eines Luftgleiters. Eine schwerkraftneutralisierende Lastenplattform schwebte heraus. Auf ihr ruhte ein längliches Paket von offenbar hohem Gewicht.
»Das gehört dir, sobald ich sicher bin, daß es dein Dreimaster tatsächlich verdient, unter seltsamen Umständen erworben zu werden.«
Das war die Bemerkung, die ich ursprünglich sofort erwartet hatte. Er war noch argwöhnisch. Hermemecs Spionage-Mission war bekannt. Er wollte erfahren, ob mein Kauf harmlos oder planvoll gesteuert war.
»Du sprichst rätselhafter als Oranion, wenn sein Geist vom Gerstensaft umnebelt war«, murrte ich.
»Oh, Oranion betrank sich?« staunte er.
»Und wie! Ich mußte drei Nachbarstämme überfallen und ihre Vorräte erbeuten, um seinen Durst löschen zu können.«
Er lachte! Tatsächlich – er lachte in höchstem Maße amüsiert.
Er lachte auch noch, als etwa zwanzig Spezialisten der Abwehr im Rumpf verschwanden und das Schiff untersuchten.
Es dauerte eine gute Stunde, die
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