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Generation A

Generation A

Titel: Generation A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Teig blubbern. Die Welt des Königs schwieg.
    Hinter ihm stürzte ein Kamin ein, der das letzte Senkrechte gewesen war, das man in kilometerweitem Umkreis sah. Die hippen Jungs, die Frau in mittlerem Alter und sein alter Highschoollehrer standen um den König herum. Die Frau sagte: »Ich bin froh, dass wenigstens einer noch lesen kann. Andernfalls würde es uns nie gelingen, wieder bei null anzufangen und alles, was wir besaßen, neu aufzubauen, so glänzend und brandneu, als wäre nie etwas passiert!«
    Ein weiterer Tsunami schwemmte über den ersten hinweg, aus irgendeinem Grund war er leuchtend rot. Industrielle Farbstoffe? Eine Zugladung Hustensaft? Kam es denn darauf an? Der König stolperte hinüber zu dem zerstörten Sentra des Lehrers, der halb unter den Trümmern der Straßendecke begraben war; er lehnte sich dagegen und würgte. Er nahm seinen Zeigefinger und schrieb die Worte DER KÖNIG IST TOT auf das staubbedeckte Autofenster. Als er gefragt wurde, was er geschrieben habe, sagte er seinen Untertanen: »Eine Landkarte.«
    _

ZACK
    »Mann, Harj, ging's nicht noch ein bisschen deprimierender?«
    »Zack, ein Happyend einfach nur um des Happyends willen ist nichts als Masturbation des Gehirns.«
    !!!
    Okay.
    Manchmal schlägst du dich ganz gemütlich durch dein hirnrissiges sogenanntes Leben, und plötzlich springt dich eine Idee an, die so fruchtbar ist, dass sie sämtliche anderen Impulse überlagert. Der Gedanke der Neuromasturbation war genau das.
    Harj und die anderen redeten weiter, aber es rauschte alles an mir vorbei. Ich überlegte, was wohl im Gehirnstoffwechsel das Gegenstück zu Gleitcreme war oder zu Filmen von kroatischen Krankenschwestern, die gerade eine Viererorgie veranstalteten.
    Ich hörte Harjs Stimme wieder deutlicher heraus. Es musste etwa drei Minuten später gewesen sein. »... und auf die Art«, sagte Harj, »habe ich also Weihnachten gerettet.« Er sah mich an. »Zack? Zack?
    Alles in Ordnung mit dir?«
    »Hab nur nachgedacht.«
    »Jetzt bist du wieder dran, eine Geschichte zu erzählen.«
    »Das werde ich auch, und ich verspreche ein Happyend.«
    Es wurde kalt im Zimmer. Wir nahmen, was an Decken da war, und rückten näher zusammen, nur Serge blieb auf der anderen Seite des Raums sitzen.
    Ich begann mit meiner zweiten Geschichte.
     

ERTRAG: EINE GESCHICHTE ÜBER MAISFELDER
von Zack Lammte
     
    Eines Tages schauten sich Menschen überall gegenseitig an und stellten fest, dass jeder von ihnen jünger aussah. Oder vielleicht nicht gerade jünger, aber ... geglätteter. Falten verschwanden nicht nur auf den Gesichtern der Menschen, sondern auch von ihrer Kleidung - und zumindest während der ersten sechzig Sekunden, nachdem es ihnen aufgefallen war, rannten sie zu einem Spiegel, sahen sich darin an und sagten sich: Mann, sehe ich scharf aus heute!
    Aber dann lief diese erste Minute ab, und den Leuten fielen andere Dinge auf. Zum Beispiel verschwanden Flecken von Kleidungsstücken und Möbeln, alle Oberflächen sahen seltsam steril aus, als wären sie mit Photoshop bearbeitet. Frisuren waren säuberlicher und geometrischer - entwischte Strähnen gab es nicht mehr. Pflanzen und Tiere begannen niedlicher und rundlicher auszusehen, und dann schnallten es alle im selben Moment: Heilige Scheiße! Wir verwandeln uns alle in Comicfiguren!
    Dass man jetzt wusste, was los war, verlangsamte das Tempo nicht, mit dem aus den Menschen animierte Wesen wurden. Rasch und präzise wurde die Welt reduzierter, stilisierter, crisper. Einige verwandelten sich in Mangafiguren. Aus anderen wurden Spielcharaktere und Avatare hochauflösender Videospiele. Wieder andere mutierten zu Cartoonklassikern, in deren Gesichtern sich nur der Mund bewegte und alle sieben Sekunden die Augenlider schlugen.
    Die Verwandlung der Welt in Zeichentrick war emotional sehr aufwühlend, aber sie war auch schlecht für die Wirtschaft, da die Leute nicht mehr aßen oder schissen, nein, sie ließen alles sein, was irgendwie unsauber war oder sich nicht in farbige Punkte, Linien, Polygone oder einen digitalen Raster übertragen ließ.
    Eine von insolventen Comicfiguren bewohnte Welt? Neeeeeein!
    Und dann kamen aus Iowa sowohl Hoffnung wie Anlass zu Befürchtungen: Ein einzelnes Maisfeld in diesem Staat war bis jetzt noch nicht zu einem Comickornfeld geworden. Es war noch so real wie immer, und Comicfiguren kamen in ihren Comicautos von überallher gefahren, nur um etwas zu sehen, das noch nicht zu Schnörkeln, Strichen und

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