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Generation A

Generation A

Titel: Generation A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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einer Echtzeitsoße elektronischer Information mariniert wird, fordert dem modernen Bürger viel mehr ab und stellt ein ernsthaftes Hindernis auf dem Weg zu einer Erzählung dar. Wahrhaft moderne Menschen sind charismatisch und reagieren nur auf ebenfalls charismatische Menschen. Um zu überleben, müssen wir Charisma-Roboter werden, die sich selbst zur Marke stilisieren. Und die Ironie dabei ist, dass die Gesellschaft zugleich über Menschen spottet, die diesen Status anstreben. Ich wäre nicht überrascht, wenn Ihre Freunde sich hinter Ihrem Rücken über Sie lustig machen würden.«
    »Ehrlich?«
    »Ehrlich. Also, um es kurz zu fassen, angesichts der derzeitigen medialen Verfassung der Welt sind Sie mehr oder weniger dazu verdammt, uninteressant und geschichtslos zu sein.«
    »Aber ich kann mein Leben bloggen! Auf die Art kann ich eine Geschichte daraus machen.«
    »Blogs? Sorry, aber all diese Blogs und Vlogs oder was auch immer es da draußen gibt - die machen es doch bloß schwerer, einzigartig zu sein. Je mehr du von dir ausplauderst, desto gesichtsloser wirst du.«
    »Ich will doch nur, dass mein Leben eine Story wird!«
    »Haben Sie als Kind viel gelesen?«
    »Ja.«
    »Aha. Da haben Sie es. Bücher machen aus Menschen Einzelgänger, und wenn das erst mal passiert ist, wird der Weg nur noch steiniger.
    Bücher programmieren in dir den Wunsch, Steve McQueen zu sein, doch die Welt will, dass du SMcQ23667bot @hotmail.com bist.«
    Es folgte ein Moment der Stille, dann sagte Craig: »Ist es nicht krass, dass Hotmail immer noch existiert?«
    »Allerdings«, meinte Bev.
    Craig stand da und sagte schließlich: »Wissen Sie was? Ich schenke mir das Tae Bo.“
    »Gut. Wie steht's mit Kalligraphie oder Speisekartendesign?“
    »Auch nicht.«
    »Okay. Aber behalten Sie uns im Hinterkopf.«
    Als Craig ging, war er sauer darüber, dass die moderne Welt ihn zwang, in ihren Bahnen zu denken, statt umgekehrt. Wie grausam, dass die Menschheit genötigt wurde, sich der globalen Vernetzung zu unterwerfen. Aber alle anderen Wahlmöglichkeiten waren verschwunden. Es gab kein Land mehr, in das man hätte fliehen können (»Land« - auch so eine kuriose Vorstellung), in dem die Menschen Bücher lasen und Leben führten, die zu Geschichten wurden. Das Leben eines jeden war zu einem Lauftext geworden, der am unteren Rand eines riesigen Fernsehschirms in einer leeren Flughafenlounge entlangkroch, die nach Desinfektionsmitteln, Knabbermischung und miesen Trinkgeldern roch.
    Als Craig nach Hause kam, hatte er 243.559 E-Mails von Freunden und Links in der Mailbox, die ihm sanft einen elektronischen Rippenstoß versetzten, weil er unbedingt eine Geschichte sein wollte. Einige E-Mails waren ernstgemeint, einige waren gemein, ein paar versprachen ihm einen größeren Penis und einige forderten ihn auf, erst einen Vertrag zu unterschreiben, bevor man ihm Vorschläge zuschicken werde. Nachdem Craig gegessen hatte, klingelte es an seiner Tür. Es war das Nachrichtenteam vom dritten Programm, das einen nachdenklichen Beitrag über den »Mann, dessen Leben keine Geschichte hatte« drehte. Craig dachte: Vielleicht sind das meine Retter in Verkleidung? Aber das Nachrichtenteam fragte ihn hauptsächlich, wen er für die Verfilmung seines Lebens gern in seiner Rolle sehen würde und ob er in letzter Zeit zu- oder abgenommen habe. Er jagte sie aus seiner Wohnung.
    Verzweifelt ging er am nächsten Tag wieder zu Bev. Jemand in einer Position wie ihrer würde doch sicherlich wissen, was in seiner Lage zu tun war.
    »Sie wieder«, sagte Bev. »Damit hatte ich gerechnet.«
    »Echt?«
    »Ich nehme an, Sie wollen jetzt Nägel mit Köpfen machen.“
    »Ja.«
    »Kommen Sie mit.« Bev stellte ein GESCHLOSSEN-Schild vor ihr Fensterchen und winkte Craig, ihr den Flur hinunter zu folgen.
    Nachdem sie etliche Male links und rechts abgebogen und durch ober- sowie unterirdische Tunnel gegangen waren, kamen sie vor eine große, nach Krankenhaus aussehende Tür, auf der Warnschilder angebracht waren mit der Aufforderung, Besucher mögen sich vor dem Eintreten die Hände desinfizieren.
    »Wir sind da«, sagte Bev und öffnete die Tür. Sie und Craig traten ein. Es war eine Art Labor, in dem es aussah, als teile man sich den Raum mit einem Theaterfundus. Kabel, Messuhren und Manometer koexistierten neben Höhlenmenschenoutfits, Sir-Lancelot-Rüstungen und alten Münzen. Ein wüstes Durcheinander.
    »Was ist das hier?«, fragte Craig.
    »Das ist Ihre Chance, eine

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