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Generation A

Generation A

Titel: Generation A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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fahren?«
    »Da kannst du einen drauf lassen.«
    Also fuhren sie nach Capitol City, doch die Ausfahrten waren numeriert und nicht mit Namen ausgeschildert. Stabby wurde unruhig. »Bestimmt spielt die Vorband schon. Nehmen wir die Ausfahrt da.« Sie fuhren bei der nächsten Gelegenheit ab, und Bruiser schlug vor: »Folgen wir den Wagen. Da, wo die meisten Autos hinfahren, ist wahrscheinlich das Konzert.«
    Das war eine gute Idee, und kurz darauf sahen sie die Halle, aber was sich davor abspielte, war das reinste Chaos. Konzertbesucher stellten ihre Autos einfach irgendwo ab, wo sie ein freies Plätzchen sahen. Da niemand mehr wusste, was Zahlen waren, war auch niemand beunruhigt - bedeutet gesund zu sein nicht einfach, die gleiche Krankheit zu haben wie alle anderen? Dennoch gab sich Bruiser Mühe, seinen Wagen halbwegs vernünftig zu parken.
    Coffinshark kamen gerade auf die Bühne, als Bruiser und Stabby sich ihre Plätze suchten - wie zwei alte Festivalhasen.
    Apu, der Leadsänger, sang: »Hello, Capitol City, areyou ready to rock?«
    »BRÜÜÜÜLLL!!«
    »Ich sagte, are you ready to rock?«
    »BRÜÜÜÜLLLLL!!!!!«
    Die Band rockte los, und alle hielten ihre Kamerahandys und Digitalkameras hoch. Als erstes Stück kam die Teenhymne »Core Dump«, und das Publikum rastete aus. Als Nächstes spielten sie den FM-Klassiker »Ear Soup«, und das Publikum rastete noch mehr aus. Dann schnappte sich der Sänger das Mikro: »Jetzt ist es Zeit für unseren größten Hit, Leute: ›UNICEF Is a Whore‹«, und das Publikum rastete so aus, wie eine Menschenmenge nur ausrasten kann. Doch als der alles entscheidende Refrain kam, sang der Sänger: »Sekkz ...
    sechrrch ... arghnt?«, und die Band hörte auf zu spielen.
    Der Sänger machte ein verzweifeltes Gesicht, und die Menge war unruhig. Alle wussten, dass sie das Stück kannten, doch niemandem fiel der Refrain ein.
    Nach einem betretenen Schweigen sagte der Sänger: »Scheiß drauf.
    Dann mach ich einfach irgendwelche Affenlaute!« Die Menge tobte, der Song ging weiter, und der Sänger sang jedes Mal, wenn der Refrain kam: »Whoo-whoo-whoo.« Alle waren selig und kreischten.
    Dann passierte etwas Seltsames. Nachdem sie sich für den frenetischen Beifall bedankt hatte, spielte die Band ihren zweitgrößten Hit an, »A-L-C-O-H-O-L«, doch als sie versuchten, den Titel zu buchstabieren wie Tammy Wynette ihr »D-I-V-O-R-C-E«, hatten sie auch vergessen, wie man buchstabierte. Ja, sie hatten Buchstaben komplett vergessen, nur Wörter waren noch da. Auch die Fans starrten einander an und versuchten, diesen neuesten Wissensverlust zu verkraften.
    Coffinshark drehte die Lautstärke auf. »Okay, wir können vielleicht nicht mehr lesen und nicht mehr schreiben, aber wir können immer noch sprechen und singen. Also los, Leute, haut rein!«
    Und so rockten Bruiser, Stabby und Tausende anderer im Pulk aber dann strauchelte ein Fan nahe der Bühne und stieß dabei eine tanzende Frau um. Deren Freund wollte ihm eine verpassen, aber der Schlag ging daneben und traf den Falschen. Plötzlich wurde aus dem Konzert eine Saalschlacht, wie sie die Welt noch nie gesehen hatte, die größte Massenkeilerei der Geschichte. Das Analphabetentum hatte totale Gewalt und Anarchie herbeigeführt.
    Bruiser und Stabby waren glücklicherweise nahe am Ausgang, konnten nach draußen entwischen und sich in einem Abstellraum verstecken. Während draußen das Chaos regierte, pafften sie Zigaretten. Als sie ihre Packung aufgeraucht hatten, steckten sie die Nasen aus dem Kabuff und fanden in der Halle ein Schlachtfeld vor:
    Blut, Tote und abgerissene Gliedmaßen. Unter ihren Schuhen zerbrachen knirschend Zähne, als sie herumwanderten.
    »Auweia«, meinte Bruiser. »Wie viele Tote liegen hier wohl, was meinst du?«
    »Ich weiß nicht, acht- oder neunhundert?«, sagte Stabby.
    Bruiser sah sie verblüfft an, dann grinsten beide und riefen: »Wir können wieder zählen! Juhuü“
    »Und wie buchstabiert man ›endgeil‹, Stabby?“
    »Ich buchstabier es C-O-F-F-I-N-S-H-A-R-K, Bruiser.“
    »Woohoo! 666!“
    »666!«
    _

SAMANTHA
    Ich sagte zu Zack: »In deiner Geschichte ging es also um Zahlen?«
    »Ja. Und um Glaube und Hoffnung. Es geht doch nichts über Glaube und Hoffnung, um aus einer Geschichte einen zeitlosen Klassiker zu machen. Eine reichliche Portion Glaube und Hoffnung bis zum Abwinken.«
    »Hast du es mit Zahlen, oder was?«
    »Es mit Zahlen haben? Eigentlich hasse ich die Scheißdinger. Aber wenn ich sie

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