Generation A
binden - also beschloss sie, Pfarrerin in einer evangelikalen Gemeinde zu werden.
Ein Jahr lang ging das sogar gut. Mit ihrer erworbenen Soziopathie konnte sie die Mitglieder ihres Sprengels so manipulieren, dass sie meinten, von Stella all das zu bekommen, was sie zum Leben brauchten. Aber nach einer Weile war es ihr zu anstrengend, Pfarrerin zu sein. Menschen waren zumindest lästig, wenn nicht Schlimmeres.
Ihre Gemeinde gab sich keinen Illusionen über Stella mehr hin, und man forderte sie auf, zu gehen.
Stella zog in eine Kleinstadt in Nordkalifornien und nahm einen Job als Hundesitterin und -pflegerin an. Es reichte aus, um die Miete für ein kleines Haus in einem etwas abgerückten Stadtteil zu bezahlen. Und in diesem Haus wurde ihr bewusst, was sie eigentlich in ihrem Leben haben wollte: Tiere. Tiere schenkten bedingungslos Liebe, auch wenn sie natürlich Futter verlangten. Außerdem konnte man Tiere herumkommandieren, ohne rechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Falls sie anfingen, Ärger zu machen, konnte man sie am Fuß erloschener Vulkane aussetzen. Tiere hatten nur Vor- und keine Nachteile.
Ihre Menagerie wuchs auf fünf Hunde und vier Katzen an, dazu einheimische Vögel, Eichhörnchen und Streifenhörnchen, und ein paar Jahre lang glaubte Stella wirklich, sie hätte eine Nische gefunden, in der sie glücklich sein konnte. Dann schlief sie eines Nachmittags auf dem Sofa ein.
Als sie wieder aufwachte, tappte sie leise in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Durch die Fliegentür konnte sie hören, wie sich ihre Haustiere im Hof unterhielten, und sie sprachen über sie: »Alter, die Schlampe schnallt aber auch gar nichts.«
»Nicht zu glauben, wie leicht man Menschen was vormachen kann.
Die glaubt tatsächlich, wir mögen sie.«
»Tja, aber es ist nun mal nicht so, dass draußen einer darauf wartet, sich um uns zu kümmern. Wir sind die Gefickten.«
»Besser als der Hungertod. Willst du heute Abend lieb zu ihr sein?«
»Was bleibt mir anderes übrig?«
Stella stürzte nach draußen. »Verräter! Alle miteinander! Ich kann nicht mal meinen eigenen gottverdammten Tieren trauen!«
Die Tiere verdrehten die Augen. »Erwischt«, sagte Sammy, ihr Collie-Labrador-Mischling. »Aber du hast es sicher nicht auf Band.
Wer wird dir das glauben?«
»Ich habe euch vertraut!«
»Na und?«
»Ich dachte, ihr wärt alle nobel, lieb und gut. Ihr habt nur so getan, als hättet ihr mich gern, damit ich euch füttere.«
Die Tiere sahen sich an. Sammy sagte: »Und du spielst dich bloß immer auf, als wärst du anders und was Besseres als wir - als war deine Spezies gottgleich oder ›auserwählt‹.«
»Wie bitte?«
»Ach, hör doch auf. Wir haben die Nase voll von dir. Wärst du irgendein anderes Tier und kein Mensch, wärst du vollkommen allein.
Du glaubst doch immer noch, irgendwas an dir macht dich allen anderen überlegen. Deswegen vertraust du auch niemandem. Deswegen auch dein erbärmlicher und zynischer Ausflug in die Religion.«
»Zu euch kann ich auf keinen Fall mehr Vertrauen haben.«
»Werd endlich erwachsen. Wenn irgendwer das Gesetz des Dschungels kapieren sollte, dann du, Baby.«
In diesem Moment klimperte das Windspiel beim Nachbarn.
»Hoppla«, sagte Sammy. »Der Zauber ist gebrochen. War nett, mit dir zu reden, Stella.«
Und damit wurden die Tiere wieder zu Tieren - nur dass die Beziehung zwischen ihnen und Stella sich wandelte. Stella hatte das Gefühl, ihre Haustiere hätten sich in Bürokolleginnen und -kollegen verwandelt, mit denen sie verlogene Gespräche führte und denen sie eigentlich nichts bedeutete.
Eine Woche später entschied Stella, dass sie alles satt hatte, und sie begann, sich in ein frühes Grab zu trinken. Sie leistete darin bemerkenswert gute Arbeit und wälzte sich schon bald am Rand der Hauptstraße auf dem Boden, ganz in der Nähe der Radarfalle, der größten Einnahmequelle des Ortes.
Stella saß dort im Gras und sang ein Lied ohne Melodie, und während sie damit beschäftigt war, kamen Jessica und Roy vorbeigefahren.
»Fahr mal langsamer, Roy. Guck mal, da sitzt eine krakeelende Pennerin am Straßenrand.«
»Mein Gott, was für ein Wrack. Da denkt man sich seinen Teil über das Leben. He, guck mal - eine Radarfalle. Ohne die Verrückte hätten wir jetzt ein Knöllchen kassiert.«
Beide johlten vor Freude, und Roy meinte: »Vielleicht ist die Verrückte letztlich doch noch ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft!
Da kann man nur
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