Generation Gold
gab keinen disziplinierenden Mechanismus mehr, der dem Entstehen von Ungleichgewichten im Wege stand. Freie Hand für freie Politiker war jetzt die Devise. Was folgte, war alles andere als überraschend. Die folgenden drei Jahrzehnte waren gekennzeichnet von hohem Geldmengenwachstum, einer regelrechten Schuldenexplosion, riesigen und scheinbar dauerhaften Handelsungleichgewichten, Spekulationsblasen und Finanzmarkt- bzw. Bankenkrisen .« [4.6]
Man überlege sich: Wenn eine Firma Schuldscheine herausgibt und deren zugesicherten späteren Einlösung nicht nachkommt, wird dies bis in den möglichen Konkurs hinein verfolgt. Privatgläubigem drohen Sachwert- und Lohnpfändungen, sodaß wir wieder sehen: Was im Kleinen bis ins Detail verfolgt und bestraft wird, blieb im Großen, im Falle der Lösung des Dollars vom Gold, ohne jegliche rechtliche Konsequenzen. Präsident Nixon blieb im Amt und stolperte erst drei Jahre später über den Watergate-Skandal.
Deutschland tauschte übrigens nie seine Dollars gegen amerikanisches Gold ein. Eine auf deutscher Seite aufkommende Diskussion in den 1960er Jahren wurde von den USA mit dem dezenten Hinweis auf den Schutz von West-Berlin beendet. Das verbliebene deutsche Gold war nach dem Krieg vollständig von den einmarschierenden Amerikanern konfisziert worden, sodaß die im März 1948 gegründete Bank Deutscher Länder in ihrer Eröffnungsbilanz zum 21. Juni 1948 kein Gramm Gold auswies. Zehn Jahre später — die Bank Deutscher Länder war 1957 mittlerweile in der neu gegründeten Deutschen Bundesbank aufgegangen — wies die Bilanz bereits wieder eine Goldreserve von 11,1 Milliarden DM aus. Ferdinand Lips:
»Tatsächlich geht der Goldbestand der deutschen Notenbank aber praktisch ausschließlich auf die Jahre 1951-1958 zurück, in denen die deutschen Überschüsse in der Europäischen Zahlungsunion zur Hälfte von ihren europäischen Partnern in Gold ausgeglichen wurden .« [4.7]
Nach Lösung des letzten Bandes von Gold zum Dollar im August 1971 dauerte es noch bis 1973, bis das Bretton-Woods-System endgültig zusammenbrach. Die Dollar-Flut konnte nicht mehr gestoppt und die Dollar-Ankaufspflicht der Notenbanken mußte aufgehoben werden. Ebenso wurden die festen Wechselkurse zwischen den Währungen aufgehoben, sodaß diese nun frei am Markt schwanken (»floaten«) konnten. Mit diesem Übergang zu flexiblen Wechselkursen trat auch der wahre Wert des Dollars zutage, der z. B. gegenüber der D-Mark von vier bis auf 1,70 absank. Die Deutsche Bundesbank hatte also über Jahrzehnte hinweg den Dollar zu einem weitaus höheren Preis seines eigentlichen Wertes aufkaufen müssen.
4.1.2 Der Gold-Pool
»Die Geschichte hat abschließend gezeigt, daß eine Manipulation des freien Marktes scheitern muß; keine noch so große staatliche Aufsicht, Regulierung oder Preismanipulation kann auf lange Sicht die Gesetze des freien Marktes ändern ; der Londoner Gold-Pool stellte keine Ausnahme dar.«
Philip Judge [4.8]
Doch was hat dieses Bretton-Woods-System mit einer Goldmanipulation zu tun? Bereits sehr bald waren die fehlerhaften Strukturen dieses Systems zutage getreten; z. B. entwickelten sich die Volkswirtschaften der einzelnen Mitgliedsstaaten nach dem Krieg sehr unterschiedlich. Trotzdem sollten deren Währungen über den Dollar in einem festen Kursverhältnis zueinander bleiben. Um das gesamte System zu stabilisieren, mußte also der Goldpreis unbedingt auf einem Wert von 35 Dollar pro Unze gehalten werden. Wäre der Preis gestiegen, wäre das zugleich das Zeichen für die Instabilität des amerikanischen Wirtschaftssystems und damit der Leitwährung Dollar gewesen. Der überhöhte Dollar-Kurs mußte also gestützt werden.
Die amerikanischen Goldreserven hatten Ende 1949 den höchsten Stand von ca. 21770 Tonnen erreicht. Zum Ende des Jahres 1960 waren diese durch Dollar-Konvertierungen anderer Zentralbanken bereits auf 15 550 Tonnen gesunken, und die Nachfrage nach dem gelben Metall stieg weiter stetig an, d. h. das Vertrauen in den US-Dollar nahm ab. Doch anstatt einer notwendigen Abwertung des Dollars gegenüber dem Gold zuzustimmen, entschlossen sich die Amerikaner, den Marktpreis des Goldes zu drücken, um somit das Vertrauen in den Dollar wiederherzustellen.
Daher gründete die amerikanische Zentralbank Anfang 1961 zusammen mit sieben europäischen Zentralbanken den sogenannten Gold-Pool, der zum Ziel hatte, den freien Marktpreis des Goldes im Bereich der 35 Dollar zu
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