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Generation P

Generation P

Titel: Generation P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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am besten gleich ins Institut für Bienenzucht. Na klar, in den Turm.«
    Er legte auf und sah Tatarski scharf an.
    »Und jetzt, wenn du nichts dagegen hast«, sagte er, während er die Flasche wieder wegräumte, »sehen wir uns mal deine letzten Arbeiten an. Daß sie von Dima an mich gegangen sind, hattest du mitbekommen?«
    Tatarski nickte.
    »Also. Zu Parliament habe ich keine Einwände. Das ist gut. Obwohl: Wenn du schon ein solches Thema aufgreifst – warum dann so zurückhaltend? Laß dich gehen – und aufs Ganze! Auf jedem der vier Panzer müßte ein Jelzin stehen, mit einer Rose in der einen Hand und einem Whisky in der anderen.«
    »Das wäre eine Idee«, stimmte Tatarski begeistert zu; er bekam das Gefühl, daß da ein kompetenter Mann vor ihm saß. »Aber dann sollten wir das Parlament weglassen und eine Whisky-Reklame draus machen. Der mit den vier Rosen drauf, wie hieß der gleich?«
    »Four Roses Bourbon? Hm. Warum nicht. Schreib‘s auf.«
    Nun nahm er sich ein paar zusammengeklammerte Blätter vor, in denen Tatarski unschwer seinen Entwurf für die Tampaco Co. erkannte, der ihn viel Schweiß gekostet hatte. Die Firma produzierte Säfte und beabsichtigte aus irgendeinem Grund, ins Aktiengeschäft einzusteigen. Er hatte Pugin den Entwurf vor zwei Wochen gegeben. Es war kein Treatment, sondern eine Konzeption, fiel also in ein etwas paradoxes Genre: Der Autor erläutert gewissermaßen ein paar schwerreichen Leuten, wie das Leben weitergehen soll, und bittet aus diesem Anlaß um ein wenig Geld. Die Blätter mit dem vertrauten Text waren voller roter Anstriche.
    »Ah ja«, sagte Chanin, während er die Randbemerkungen überflog, »hier fangen für uns die Probleme an. Erstens haben sie dir einen gewissen Ratschlag schwer übelgenommen.«
    »Welchen?«
    »Ich les es dir vor. Wo ist es?« Chanin blätterte. »Es war rot angestrichen, aber das ist ja hier fast alles – ah, da haben wir‘s, dreimal unterstrichen, hör zu. Demnach gibt es zwei Methoden, für ein Aktienangebot zu werben: Entweder man entwirft dem potentiellen Anleger das Bild des Emittenten, oder man entwirft ihm sein Selbstbild als Anleger. In der Sprache der Profis heißen diese beiden Wege 1) wo investieren? und 2) mit wem investieren? Ihre konsequente Anwendung erfordert ein hohes Maß an . . . – nein, das fanden sie gerade gut. Aber hier kommt es: Unserer Ansicht nach wäre es zweckmäßig, vor Beginn der Kampagne über eine Änderung des Firmennamens nachzudenken – aus dem einfachen Grund, daß im russischen Fernsehen intensiv für Hygieneartikel der Marke Tampax geworben wird. Sie ist im Bewußtsein des russischen Konsumenten bereits so fest verankert, daß ihre Verdrängung und Substituierung einen Riesenaufwand erforderte. Die Tampax-Assoziation erscheint für Tampaco als Getränkehersteller äußerst unvorteilhaft. Unserer Ansicht nach wäre ein einfacher Vokalwechsel in der mittleren Silbe, etwa: Tampaco oder Tampaco, hinreichend, um die unerwünschte Assoziation zu tilgen.«
    Chanin sah auf.
    »Du hast dir eine Menge feine Wörter zugelegt, gratuliere«, sagte er. »Aber was fällt dir ein, so einen Vorschlag zu machen? Du müßtest dir doch denken können, daß in diesem Tampaco ihr ganzes Herzblut steckt. Das ist für die wie . . . Na, jedenfalls identifizieren sich diese Leute hundertprozentig mit ihrem Produkt, und du machst ihnen solche unsittlichen Anträge. Als sagte man zu einer stolzen Mama: Okay, Ihr Sohnemann ist zwar eine Mißgeburt, aber wir könnten ihm das Lärvchen ein bißchen zurechtschminken, dann geht es.«
    »Ist doch aber wirklich ein gräßlicher Name!«
    »Wen möchtest du glücklich machen: deine Kunden oder dich selbst?«
    Chanin hatte recht. Tatarski war von seinem Fehler um so peinlicher berührt, als er Gleiches schon am Anfang seiner Laufbahn den Leuten von Draft Podium zu erklären versucht hatte.
    »Und die Konzeption an sich?« fragte er. »Da steht doch noch mehr drin.«
    Chanin blätterte eine Seite weiter.
    »Wie soll ich sagen. Hier gibt es noch eine Anstreichung – ganz am Ende, wo es wieder um die Aktien geht. Ich zitiere dich:
    Die Frage »wo investieren?« wird also beantwortet mit: Amerika. Die Frage »mit wem investieren?« beantworten wir so: gemeinsam mit all jenen, die ihr Geld nicht in die einschlägigen Pyramidensysteme stecken, sondern abwarten wollen, bis man es in Amerika deponieren kann. Dies psychologisch klar herauszukristallisieren ist Ziel der ersten Phase unserer

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