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Generation P

Generation P

Titel: Generation P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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Positionierung gehört?« fragte Tatarski.
    »Nein. Was soll das sein?«
    »Eine Werbetechnik. Darin bist du ein ziemlicher Meister.«
    Grigori wollte etwas erwidern, als plötzlich der kolossale Rumpf des Türstehers über ihnen hing.
    »Jungs«, sagte er, »ihr solltet euch lieber einen dunklen Hausflur suchen. Ich gebe euch vierzig Sekunden dafür.«

Der Weg zu dir
    Anderentags wurde Tatarski vom Telefon geweckt. Im ersten Moment empfand er Widerwillen – das Klingeln hatte ihn aus einem sonderbaren, sehr schönen Traum gerissen. Tatarski war dabei gewesen, eine Prüfung abzulegen. Nacheinander hatte er drei Fragen gezogen und war jedesmal ein Stockwerk höher gestiegen, über ein großes Treppenwendel, wie es ihm aus seinem ersten Institut, wo er Schmelzofentechnologie studiert hatte, noch in Erinnerung war. Den Prüfer konnte er allerdings nie finden; immer, wenn er eine der Türen öffnete, lag dahinter kein Hörsaal, sondern freies Feld – jenes, wo er an einem denkwürdigen Abend mit Girejew spazierengegangen und die Sonne so schön versunken war. Das wunderte ihn doch sehr, zumal er auf der Suche nach dem Professor schon etliche Treppen erstiegen hatte.
    Als er dann richtig wach war, kamen ihm sogleich Grigori und dessen Album wieder in den Sinn. Oje! durchfuhr es ihn, ich werde das Ding doch nicht gleich. . . Er sprang aus dem Bett, lief zum Tisch, zog den obersten Kasten auf und sah dort die Marke liegen, das fliederfarbene Gesicht lächelte ihn an. Also doch nicht. Gott sei Dank! dachte er. Er schob die Marke in den hintersten Winkel des Kastens und deponierte eine Schachtel Buntstifte darauf.
    Das Telefon hörte unterdessen nicht auf zu klingeln. Pugin! vermutete Tatarski und nahm ab.
    »Hallo«, sagte eine unbekannte Stimme, »kann ich bitte mit Herrn, äh, Tatarski sprechen?«
    »Am Apparat.«
    »Guten Tag. Wladimir Chanin von der Agentur Konspiration und Kooperation. Dima Pugin hat Ihre Nummer hinterlassen. Könnten wir uns heute noch treffen? Am besten gleich.«
    »Was ist denn los?« fragte Tatarski. Die merkwürdige Formulierung »hinterlassen« beunruhigte ihn, es klang, als wäre Pugin etwas zugestoßen.
    »Dima ist tot. Ich weiß, daß Sie mit ihm zusammengearbeitet haben. Und er mit mir. So daß wir sozusagen indirekt miteinander bekannt sind. Jedenfalls sind ein paar Ihrer Arbeiten, die Pugin bestellt hatte, auf meinem Tisch gelandet.«
    »Wie ist es denn passiert?«
    »Darüber nachher«, sagte die indirekte Bekanntschaft. »Notieren Sie die Adresse?«
    Anderthalb Stunden später betrat Tatarski den riesigen Gebäudekomplex des Kombinats Prawda, in dem früher beinahe sämtliche sowjetischen Zeitungen ihre Redaktionen gehabt hatten. An der Pforte lag ein Passierschein für ihn bereit. Er begab sich in die achte Etage und fand das Zimmer mit der angegebenen Nummer; an der Tür hing ein Metalltäfelchen: Abteilung Ideologie – ein offensichtliches Erbe aus Sowjetzeiten. Oder auch nicht! dachte Tatarski.
    Chanin war allein im Zimmer. Mittleres Alter, sympathisches Bartgesicht. Er saß hinter seinem Tisch und schrieb hastig.
    »Kommen Sie rein, setzen Sie sich«, sagte er, ohne den Kopf zu heben. »Ich bin gleich soweit.«
    Tatarski hatte noch keine drei Schritte in den Raum hinein getan, als sein Blick auf ein mit Klebestreifen an der Wand befestigtes Werbeplakat fiel – es fehlte nicht viel, und er hätte sich am eigenen Speichel verschluckt. Dem Text unter dem Photo war zu entnehmen, daß hier eine neue Urlaubsvariante angepriesen wurde, bei der mehrere Parteien eine Ferienwohnung anmieteten und wechselweise bewohnten. Tatarski hatte davon gehört und wußte, daß es eine Form von Gaunerei war – wie alles im Leben. Darum ging es nicht. Das überdimensionale Photo zeigte drei Palmen auf irgendeiner paradiesischen Insel, und diese drei Palmen entsprachen haargenau der Holographie auf der Parliament-Schachtel, die er auf der Zikkurat gefunden hatte. Und auch das war noch gar nichts. Unter dem Photo stand in großen schwarzen Lettern:
    IT WILL NEVER BE THE SAME!
    »Ich sagte doch, setzen Sie sich! Da ist ein Stuhl.«
    Chanins Stimme holte Tatarski aus der Versenkung. Er setzte sich und drückte linkisch die ihm über den Schreibtisch entgegengestreckte Hand.
    »Gibt‘s da was Besonderes?« fragte Chanin und spähte zur Wand.
    »Nein, nein«, sagte Tatarski. »Nur ein Déjà-vu.«
    »Ach so, verstehe«, sagte Chanin in einem Ton, als hätte er tatsächlich verstanden. »Also. Erst einmal zu

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