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Generation P

Generation P

Titel: Generation P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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Kampagne, wobei anzumerken ist, daß die Werbung nicht etwa versprechen soll, das Geld der Anleger nach Amerika zu transferieren, sie muß nur das Gefühl hervorrufen . . . Das kommt dir wohl sehr klug vor, daß du es so dick unterstreichst, sag mal? Na gut, weiter . . . Dieser Effekt wird durch ausgiebige Verwendung von Symbolen wie Stars and Stripes, Dollar und Adler erzielt. Als primäres Symbol wird allerdings ein Mammutbaum empfohlen, der anstelle der Blätter Hundertdollarnoten trägt. Dies bewirkt eine unterschwellige Assoziation zum Geldbaum aus dem russischen Buratino-Märchen.«
    »Und? Was ist daran nicht in Ordnung?« fragte Tatarski.
    »Der Mammutbaum hat keine Blätter. Es ist ein Nadelbaum.«
    Tatarskis Schweigen währte einige Sekunden, während deren seine Zungenspitze ein eben entdecktes Loch im Zahn betastete. Dann sagte er:
    »Na und? Man könnte die Geldscheine zu Röllchen drehen. Das wäre sogar besser, weil es eine zusätzliche positive Komponente in den psycho. . .«
    »Du weißt nicht zufällig, was das Wort Schlemassel bedeutet?« fragte Chanin.
    »Nein.«
    »Ich auch nicht. Es steht hier am Rand: Dieser Schlemassel soll seine Finger von unseren Aufträgen lassen. Merkst du was? Die mögen dich nicht.«
    »Verstehe«, sagte Tatarski, »die mögen mich nicht. Und was, wenn sie in vier Wochen den Namen wechseln? Und in acht machen sie alles genau so, wie ich es ihnen vorgeschlagen habe? Was dann?«
    »Dann hast du Pech gehabt«, sagte Chanin. »Das weißt du doch.«
    »Natürlich.« Tatarski seufzte. »Wie steht‘s mit den anderen Aufträgen? Da war noch eine Zigarettenwerbung für West.«
    »Auch ein Reinfall«, sagte Chanin. »Dabei hattest du bis jetzt mit Zigaretten immer Erfolg, aber diesmal. . .«
    Er blätterte noch ein paar Seiten weiter.
    »Was soll ich sagen. Es geht um die bildliche Umsetzung. Wo war das nun wieder . . . Hier: Zwei nackte Männer, ein großer und ein kleiner, Rückenansicht, die Arme einander um die Hüften gelegt, hitch-hiking auf dem Highway. Der Kleine hat eine Schachtel West in der Hand, der andere hält den Daumen heraus, um ein Auto anzuhalten. Es nähert sich ein himmelblauer Cadillac. Der Arm des Kleinen mit der Zigarettenschachtel liegt auf derselben Linie wie der herausgehaltene Am des Großen, was eine › choreographische ‹ Bedeutungslinie herausstreicht: Die Kamera liefert das flüchtige Standbild eines emotionsgeladenen Tanzes, den der Vorgeschmack auf die nahe Freiheit entfacht. Slogan: Go West. Das hast du doch aus dem Song von diesen . . . Sex Shop Dogs, nicht? Wo sie unsere Nationalhymne verbraten haben? Wirklich stark, keine Frage. Aber dann folgt bei dir ein langer Abschnitt, wo es um den heterosexuellen Teil der Zielgruppe geht. Wozu hast du das reingenommen?«
    »Na, ich wollte . . . Ich dachte, falls beim Kunden diese Frage aufkommt, sollte er wissen, daß wir auch daran . . .«
    »Beim Kunden ist eine ganz andere Frage aufgekommen. Der Kunde ist ein Gangster aus Rostow, dem ein Erzbischof seine zwei Millionen Dollar Schulden in Zigaretten ausbezahlt hat. Der – also der Gangster, nicht der Bischof – hat hier neben das Wort heterosexuell an den Rand geschrieben: Meint der die schwulen Wichser oder wie? Und hat die Konzeption in Bausch und Bogen abgelehnt. Schade um dein Meisterwerk. Im umgekehrten Fall – also wenn zum Beispiel der Gangster beim Bischof Schulden gehabt hätte – dann wäre es goldrichtig gewesen. Da herrscht ja doch eine ganz andere Kultur. Aber was soll man machen. Unser Geschäft ist eine Lotterie.«
    Tatarski schwieg. Chanin rollte eine Zigarette zwischen den Fingern, ehe er sie anzündete.
    »Eine Lotterie«, wiederholte er mit bedeutungsvoller Stimme. »Und du hast in letzter Zeit irgendwie kein Glück im Spiel. Und ich kann dir auch sagen, warum.«
    »Dann sagen Sie es mir.«
    »Es gibt in diesem Spiel eine Kleinigkeit zu beachten«, erläuterte Chanin. »Du versuchst immer als erstes herauszukriegen, was den Leuten gefallen würde, und schiebst es ihnen dann als Fake unter. Die Leute wollen aber, daß du es ihnen in Echt unterschiebst.«
    Mit einer solchen Offenbarung hatte Tatarski nun nicht gerechnet.
    »Was soll das heißen: in Echt?«
    »Du glaubst nicht an das, was du tust. Du bist nicht mit Leib und Seele dabei.«
    »Ganz bestimmt nicht«, bestätigte Tatarski. »Das wäre ja noch schöner. Was wollen Sie denn? Daß ich mir Tampaco zu Herzen nehme? Das tut doch keine Hure auf dem Puschkinplatz!«
    »Bitte

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