Generation Wodka
suchte er sich dort im Lager des Drogeriemarkts eine ruhige Ecke und machte dann immer wieder ein Nickerchen. Nicht selten kam er betrunken und bedröhnt an seinem Arbeitsplatz an und seine Chefin musste ihn daher immer häufiger nach Hause schicken.
Mehrfach war er abgemahnt worden. Einmal war Max fast die Hand ausgerutscht, die Chefin konnte sich gerade noch in Sicherheit bringen. Sie hatte schlieÃlich genug von ihrem rebellierenden Auszubildenden gehabt und den Jungen rausgeschmissen. Max saà praktisch auf der StraÃe, denn auch seine Mutter drehte ihm den Geldhahn zu.
In dieser Zeit schlief Max abwechselnd bei verschiedenen Kumpels. Für wenige Wochen hatte er keine eigene Wohnung mehr. Doch es sah aus, als käme er wieder auf die Beine.
Max lieh sich bei seinen Freunden regelmäÃig Geld, kleinere Summen, aber auch einmal 1.000 Euro. Er fand einen kleinen Aushilfsjob als Packer und kam so einigermaÃen über die Runden. Doch seinen Lebensstil änderte er nicht. Ganz im Gegenteil, er bretterte sozusagen auf der Ãberholspur dahin. Alkohol und Drogen waren sein Leben und letztlich sein einziger Lebensinhalt. Das christliche Elternhaus war ihm zu eng und auch zu spieÃig. SchlieÃlich wurde Max kriminell und die Polizei fasste ihn immer wieder: kleinere Diebstähle, Drogendelikte, das übliche Programm.
***
Zu Hause wusste man nichts von der âKarriereâ des Sohnes und Bruders. Hin und wieder kam er für eine Weile vorbei und beteiligte sich am Familienleben, als ob niemals etwas gewesen wäre. Seinen Glauben hatte er nicht völlig verloren, er war nur zu schwach, ihn zu leben. So sieht es zumindest seine Mutter â bis heute.
Dann veränderte sich von einem auf den anderen Tag fast alles. Tagsüber arbeitete der jetzt 19-Jährige mehr oder weniger zuverlässig in einer Firma. Immerhin beschäftigte ihn sein Arbeitgeber inzwischen schon fast zwei Jahre. Es kam zwar immer wieder zum Streit mit seinem Chef, aber die Hamburger standen nun einmal für so monotone Jobs nicht gerade Schlange, und irgendwie ging es immer weiter.
An diesem besagten Tag fuhr Max nach der Arbeit zu seiner Familie und unterhielt sich längere Zeit mit seiner Mutter. Er erzählte ihr, am Abend sei er auf einer âgeilen Partyâ eingeladen. Am nächsten Tag brauche er nicht zu arbeiten, und in der Nacht würde er im kleinen Gartenhaus schlafen, wie er es auch als Kind schon häufig getan habe. Die Mutter sagte nichts. Sie wollte keinen Streit.
Max fuhr auf die Reeperbahn und seine Mutter sah ihn am nächsten Morgen wieder. Er schlief auf der Gartenbank, im T-Shirt, aber das war nicht weiter schlimm, denn es war mitten im Juli. Sie weckte ihren nun schon fast erwachsenen Sohn, aber der war noch zu betrunken, um klar denken zu können. Er stammelte etwas von seiner Freundin und dass er dringend wegmüsse. Max kam seiner Mutter in diesem Moment völlig fremd vor. Sie saà noch ein paar Minuten schweigend alleine im Garten. Immer mehr böse Vorahnungen kamen ihr in den Sinn, doch sie versuchte, diese negativen Gedanken wegzublinzeln. Doch das klappte dieses Mal nicht.
SchlieÃlich stolperte sie die Treppe hinauf, um mit ihrem Mann zu sprechen. Doch der wiegelte nur ab. âMax ist alt genug, der muss inzwischen allein klarkommenâ, hörte seine Frau ihn sagen. Aber sie nahm es kaum wahr.
Dann der groÃe Schock: Ein Freund der Familie rief an und stammelte etwas von der Onlineausgabe einer groÃen Hamburger Boulevardzeitung, die sie sich unbedingt anschauen sollten. Das Ehepaar rannte durch den Flur ins Arbeitszimmer, wo der Computer der Familie stand. Die Mutter lieà sich auf einen Stuhl fallen, während ihr Mann verzweifelt die Seite suchte, die man ihm genannt hatte.
Die jüngere Schwester von Max war ihnen gefolgt. Keiner sagte etwas. Die Sekunden fühlten sich an wie Stunden. Was war passiert? Das Gesicht des Vaters, der die Internetseiten durchforstete, wirkte starr. SchlieÃlich fing er an, etwas vorzulesen. Sein Gesicht wirkte wie eine Maske. Er redete schnell, es hörte sich an wie Salven aus einer Maschinenpistole. Die anderen verstanden nur die Hälfte.
Auch die anderen Familienmitglieder drängten sich jetzt um den Bildschirm. Sie starrten entsetzt auf ein Bild von Max. âWas gibt es in diesem Blatt denn bloà über unseren Max zu berichten?â, diese Frage durchzuckte sie alle. Fotos zeigten
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