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Generation Wodka

Generation Wodka

Titel: Generation Wodka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Mockler , Wolfgang Büscher , Bernd Siggelkow
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Max und den Bahnhof. Die Bildunterzeile prägte sich ihnen ein wie ein Brandzeichen ins Fell eines Pferdes: Max wurde von der Polizei gesucht. Der Verdacht: Er sollte in der Nacht ein minderjähriges Mädchen vergewaltigt haben, das zufällig mit ihm auf dem Bahnsteig stand. So stand es zumindest dort zu lesen.
    Konnte das der Max sein, den sie alle kannten, der Sohn, Bruder und früher auch gläubige Christ? Hatten sie sich so in ihm getäuscht?
    An diesem Tag regnete es und war ziemlich windig. Einer jener trüben Tage, die sich nie so ganz aus der Nacht schälen. Der verhangene Himmel schimmerte grau wie im Oktober. Oder war das nur Einbildung?
    In den nächsten Stunden war die Familie wie gelähmt. Nur die Mutter wurde endlich aktiv. Sie rief bei der Polizei an und brachte mehr in Erfahrung. Man erzählte ihr von den Vorstrafen und der Tat, die man Max vorwarf. Max sollte ein noch ganz junges Mädchen vergewaltigt haben, das zudem noch unter einer leichten geistigen Behinderung litt. Die Mutter hoffte immer noch, dass alles nur eine furchtbare Verwechslung sein könnte. Sollten Alkohol und Drogen ihren Sohn wirklich so kaputt gemacht haben, dass damit auch seine letzten Hemmungen weggespült wurden?
    ***
    Szenenwechsel: Max ist nach seiner Flucht vom heimischen Grundstück inzwischen bei seiner Freundin angekommen. Sein Kopf dröhnt und sein Herz schlägt wie eine Kirchturmuhr. Was war passiert? So langsam kann er wieder einen klaren Gedanken fassen. Die Bilder der Nacht laufen durch seinen Kopf wie ein Film im Kino. Was hat er getan? Ist es wirklich er, der in diesem Horrorfilm die Hauptrolle spielt? Hat er dieses Mädchen vergewaltigt, verletzt und gedemütigt?
    Sein Handy klingelt; ein Kumpel ist dran. Auch er hat das Foto im Netz gesehen. Das Ganze verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Alle möglichen Leute rufen an und wollen mehr wissen. Natürlich reagiert auch seine Freundin. Sie ist total entsetzt. Lebt sie mit einem Sexgangster zusammen? Schluchzend sitzt sie mit Max in der Küche. Jetzt ist ihr Gegenüber eindeutig der Max, den sie liebt. Nur: Wer ist dann der Junge, der heute in der Nacht diese unvorstellbare Tat begangen hat? Und was ist jetzt zu tun? Sollte Max sich stellen und alles zugeben? Ist er überhaupt schuldig?
    Nach der Veröffentlichung des Fotos wird der Druck auf den jungen Mann unvorstellbar groß. Er ahnt: Das Foto vom Bahnhof erscheint nicht nur im Internet, es wird morgen in allen Zeitungen sein. Auch das lokale Fernsehen bringt soeben einen Fahndungsaufruf.
    Max spricht lange mit seiner Freundin. Er ist nicht der Typ, der diese Tat begangen hat. Da ist Max sich sicher. Doch eine Unsicherheit bleibt: Er kann sich zwar an nichts erinnern, weiß aber andererseits ganz genau, dass er sturzbetrunken gewesen ist. Was bewirkt der Alkohol bei ihm? Kommt sein wahrer Charakter während des Rausches durch oder bewirkt der Alkohol irgendetwas Krankes in seinem Kopf? Legt sich womöglich ein Schalter um, der einen anderen Menschen aus ihm macht? Ist er wirklich der Mädchenschänder vom Bahnhof?
    Nach einigem Zögern geht seine Freundin schließlich mit ihm zur U-Bahn. Er will sich freiwillig stellen. Was wird passieren? Lässt man ihn nach einem Geständnis wieder laufen?
    Die beiden kommen an der Polizeiwache an, drücken auf einen Klingelknopf, die Tür öffnet sich und das junge Paar stellt sich vor einen Schreibtisch, an dem ein Polizeibeamter sitzt. Max stammelt: „Ich bin der von heute Nacht, aber ich war das nicht wirklich.“
    In dem Raum ist es nach diesem Kurzgeständnis sehr still. Alle starren ihn an. Dann kommt Bewegung in die Maschinerie der Justiz. Max wird festgenommen und bekommt einen Anwalt zugewiesen, einen sogenannten Pflichtverteidiger. Der erweist sich in den folgenden Wochen als ein zusätzliches Desaster. Er rät Max nicht nur, alles zu gestehen, sondern auch Dinge zuzugeben, die er so nicht begangen hat. Das würde sich später strafmildernd auswirken, behauptet der Anwalt.
    Ein Trugschluss. Max wird am Ende des Verfahrens zu fast drei Jahren Gefängnis verurteilt. Eine Strafe, die er bis zum letzten Tag absitzen muss. Der Anwalt war ein Nichtskönner, aber nun ist es zu spät. Haftbegleitend muss Max auch eine Therapie machen, um eine Wiederholungstat auszuschließen.
    Seine Familie hatte ihm im Prozess geraten, sein Leben so zu schildern, wie es tatsächlich war.

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