Generation Wodka
gestiegen. Aber auch bei vielen anderen Sportarten wird auf Trikots für bekannte Biermarken geworben. Besonders grotesk stellt es sich dar, wenn bei Sportevents dann parallel die populäre Parole âKeine Macht den Drogenâ ausgegeben wird. Sie könnte aufgrund des Werbeengagements durch ein Liedchen ergänzt werden: âKeine Macht den Drogen â aber einer geht noch, einer geht noch rein ...â
Alkohol ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Das ist Teil unserer Kultur. Man mag das begrüÃen, bedauern oder verfluchen, doch die Wege zum berauschenden Getränk sind extrem kurz, egal, wo man sich gerade befindet.
Bei jedem noch so kleinen Jubiläum wird angestoÃen. Und selbst ein kirchliches Fest, etwa die Einweihung eines Gemeindehauses, ist ohne das obligatorische Gläschen Sekt kaum noch denkbar. Stillschweigend wird wohl vorausgesetzt, dass alle jungen Menschen stark genug sind, dem Alkohol zu widerstehen. Man darf solche Veranstaltungen aus der Sicht der Kinder und Jugendlichen aber nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Hier treten das Visuelle und das Auditive zugleich in den Vordergrund, also das Sichtbare und das Hörbare. Je später der Abend und je gehobener die Stimmung, desto enthemmter können auch die Jugendlichen werden. Junge Menschen werden auf solchen Veranstaltungen fast immer von Bekannten animiert, doch etwas mitzutrinken, zumindest ein Glas. âEin Bier wird ja wohl erlaubt sein, du sollst dich ja nicht gleich betrinken. Aber schlieÃlich bist du ja kein kleines Kind mehr!â
Das hören die Kids immer wieder. Und so beginnt der Alkoholkonsum einer neuen Generation. Nicht alle Kinder können nach einem Glas dann auch wieder aufhören. Sie sind unterschiedlich labil. Und so kann die kumpelhaft gemeinte Geste den Anfang einer Säuferkarriere markieren. Daran denkt vermutlich keiner der âErmutigerâ, die Trinkfestigkeit für ein Zeichen von Erwachsenwerden und Reife halten.
Natürlich braucht es zum Trinken in unserer Kultur kein Jubiläum und kein Fest. Alkohol ist Alltag. In zahlreichen Familien wird er zum Essen getrunken. Hier wird den jungen Menschen suggeriert, dass der Konsum von Alkohol ungefährlich sei, ja eine Art Grundnahrungsmittel. Immer wieder kommt das Argument, in den südlichen Ländern würde schon seit Jahrhunderten Wein zum Essen getrunken, und das schade den jungen Menschen ja auch nicht. Wir sind nicht in der Position, präzise sagen zu können, wie groà das Alkoholproblem in diesen Ländern ist. Unserem Eindruck nach sind die Südländer aber tatsächlich Genusstrinker, die das Ãbermaà viel mehr meiden als Menschen in unseren Breitengraden.
Wenn man sich die Mengen an Alkohol, denen unsere Kinder ausgesetzt sind, bildlich vorstellt, dann weià man erst, welche Gefahr hier lauert: Fast 60 Prozent der Bevölkerung trinken regelmäÃig Alkohol. Den Konsum von groÃen Mengen Alkohol geben immerhin noch 10 Prozent zu. Männer im Westen trinken durchschnittlich pro Woche 3,4 Liter Bier, im Osten sind es 4,3 Liter. Frauen trinken durchschnittlich an Bier nur ein Drittel von dem, was Männer sich einverleiben.
Der Ãbergang vom ânormalenâ Trinken zur Alkoholsucht ist schleichend. Wir müssen daher unsere Kinder ganz genau beobachten und ihnen vorleben, wie man mit Alkohol in MaÃen umgeht oder abstinent lebt.
Bei den Recherchen zu diesem Buch ist den Autoren eines sehr negativ aufgefallen: Auf dem platten Land wird in FuÃballvereinen und bei der Freiwilligen Feuerwehr ganz massiv getrunken. Dort bunkert man auch oft erschreckend groÃe Vorräte an Schnaps und Bier. Oftmals findet dann an Wochenenden ein Wetttrinken statt, bei dem es nur Verlierer geben kann. Hier rutschen die Kids automatisch in eine Situation, die für sie später sehr gefährlich werden kann. Die Kinder trinken oft aus mangelnder Alternative. Wo kann man auf dem Land sonst schon hingehen und etwas erleben?
Dummheit frisst, Intelligenz säuft
Hat das Rauschtrinken auch etwas mit mangelnder Bildung zu tun? Trinken die Kinder der Unterschicht mehr Alkohol als zum Beispiel Studenten? Eigentlich könnte man das erwarten. Denn ein gebildeter Mensch müsste eher wissen, dass das Trinken gerade bis zum Alter von 25 Jahren besonders gefährlich für die Gesundheit ist â und sollte es deshalb eigentlich lassen. Zumindest was das
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