Generation Wodka
jungen Leute an, bis diese sie einpacken oder durch einen älteren Freund mitnehmen lassen. Getränke mit mehr als 1,5 Prozent Alkohol gehören im Supermarkt in die hinterste Ecke in eine abgetrennte Abteilung, zu der niemand unter 21 Jahren Zutritt hat. Das funktioniert in vielen Staaten und Ländern ausgezeichnet.
Alkopops gehören verboten! Sie dienen nur einem einzigen Zweck, nämlich Kinder und Jugendliche âanzufixenâ. Sie sind eine klassische Einstiegsdroge, besonders für Mädchen. Zudem enthalten sie in der Regel mehr Alkohol als die in Deutschland üblichen Biere.
Wer Alkohol an Jugendliche verkauft, dem sollte nicht mit Geldstrafe oder Gefängnis gedroht werden, sondern der sollte auf eine begrenzte Zeit das Recht verlieren, überhaupt Alkohol verkaufen zu dürfen. Diesen Umsatzeinbruch würde niemand ein zweites Mal in Kauf nehmen wollen.
Wir müssen uns entscheiden: Opfern wir die Gesundheit und die Zukunft unserer Kinder, die ja neben der Gegenwart auch die Zukunft Deutschlands sind, auf dem Altar der Wachstumsraten der Alkoholindustrie, oder fangen wir ernsthaft an, unsere Kinder zu schützen?
Alles, was bislang an Aufklärung oder zur Beschränkung des Zugangs von Jugendlichen zu Alkohol in Deutschland getan wird, ist entweder unendlich naiv oder aber gewollt wirkungslos.
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Wie Kinder an den Stoff kommen
Bei den Recherchen zu diesem Buch tauchte immer wieder die Frage auf, wie Kinder eigentlich an hochprozentigen Alkohol herankommen. Der Verkauf von Alkohol an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist immerhin gesetzlich verboten. Aber viele Verkäufer halten sich nicht an die Regeln.
Wir sind mit einem 16-jährigen Jungen, der zugegebenermaÃen etwas älter aussieht, in einen Lebensmittelladen gegangen. Der Knabe hat ohne jedes Problem eine Flasche Wodka und zwei Flaschen Bier kaufen können. Der Verkäufer, der ebenfalls noch sehr jung war, fragte weder nach dem Alter des Käufers, noch lieà er sich einen Ausweis zeigen. Und das ist sicher kein Einzelfall. Für Jugendliche ist der Erwerb von Alkohol also kein groÃes Problem. Das haben auch unsere Gespräche mit Mädchen und Jungen ergeben.
Viele Kinder wissen sich selbstverständlich auch anders zu helfen. Sie fragen ältere Freunde und Bekannte und die erledigen die Beschaffung dann für sie.
In Clubs und Discotheken handhabt man den Jugendschutz erheblich strenger. Dort werden die Ausweise der jungen Besucher genau kontrolliert. Die Besitzer der Clubs wollen keinen Ãrger mit den Behörden und meiden daher jedes Risiko. In den meisten Supermärkten ist das anders. Hier liegt die Entscheidungshoheit bei den Mitarbeitern an der Kasse. Die sind oft selbst noch sehr jung, schlecht geschult und drücken schon einmal ein Auge zu. Andere Mitarbeiter schätzen das Alter der Kids falsch ein.
Wir haben Jugendliche in einer der Berliner Archen gefragt, wie sie denn an ihren Alkohol herankommen. Das Ergebnis war für uns nicht überraschend: Die meisten von ihnen kaufen ihren Vorrat am Kiosk an der Ecke.
âDas ist ganz leicht, die sagen fast nie was, wenn ich dort eine Flasche Wodka kaufeâ, sagt uns Tim, der gerade 16 Jahre alt geworden ist. Die 15-jährige Linda hat ähnliche Erfahrungen gesammelt: âIch kaufe das Zeug nur am Kiosk.â Andere Kinder, die in die Archen kommen, besorgen sich ihren Stoff mithilfe ihrer Geschwister oder älteren Freunde. Der 14-jährige Felix sagt: âMein Bruder macht das für mich.â
Warum ist das so? Die Geschäfte in diesen kleinen Läden laufen zumeist eher schlecht. Sie finanzieren sich fast nur über den Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften sowie Zigaretten, SüÃigkeiten und Alkohol. Oft brauchen die Inhaber jeden Cent, um überleben zu können, und da drücken sie schon mal ein Auge zu. Aus anderen Städten haben wir ähnliche Geschichten gehört. Oft kommen die Kinder in die kleinen Läden, die häufig unmittelbar in ihrer Nachbarschaft liegen, mit dem Auftrag, für Mama oder Papa was Hochprozentiges zu kaufen. Die Eltern sitzen gemütlich vor dem Fernseher und haben keine Lust mehr, das Sofa zu verlassen. Wenn ein Kioskbetreiber auf Wunsch der Eltern den Kindern einmal Alkohol verkauft hat, wird er es immer wieder tun.
Das sind keine Einzelfälle. Es gibt übrigens auch einen beeindruckenden Anteil von Kindern, die den Alkohol schlichtweg
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