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Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder

Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder

Titel: Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Buehrke
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Eindruck, als führe ich über ein endloses Nichts hinweg.« 7 Später beschrieb er das schmerzliche Fehlen visueller Eindrücke mit den Worten: »Es dreht sich alles um einen Punkt: Man entbehrt Eindrücke. Welche Befreiung empfindet man, wenn man einmal zur Mittagszeit die Berge der nächsten Umgebung, wenn auch nur in Umrissen, erkennt, welche Unternehmungslust schöpft man aus einem einzigen solchen Anblick! … Es ist merkwürdig, bis zu welchem Grade das Verlangen nach äußeren Eindrücken geht. Mit dem allergrößten Interesse sieht man die Photos durch, die man selbst angefertigt hat, man blättert rastlos in allen möglichen Büchern. Man liebt die elende Petroleumlampe, die über dem Tisch hängt, und hasst alle Arbeit draußen in der Dunkelheit.« 8 Und: »Wie sie kalt und schweigend daliegen, diese harten, von gewaltigen Naturkräften einst polierten Felsenhügel! Nichts regt sich, selbst das Meer liegt in eisiger Starre, überglitzert vom Mondschein, der mit Mühe durch einen Schleier von Eiskristallen dringt … Stille, nichts als Stille – Totenstille. Nur eine Naturkraft ist hier wirksam, sie arbeitet still, aber unaufhörlich, die Kälte. Ihr Ziel ist die Versteinerung der gesamten Natur.« 9
    Ende März 1907 brachen dann vier Teams mit unterschiedlichen Zielen zu Schlittenexpeditionen auf. Zwei Gruppen mit jeweils drei Teilnehmern fuhren Richtung Norden, um das Land bis zum nordöstlichen Zipfel Grönlands, dem Pearyland, zu kartografieren. Die beiden anderen, jeweils aus zwei Männern bestehenden Gruppen sollten ebenfalls Vermessungsarbeiten vornehmen, aber auch Depots für die beiden anderen Teams anlegen. Hierzu gehörte Wegener. Zwei Monate war er zusammen mit seinem Kollegen Gustav Thostrup unterwegs. Unter schweren Entbehrungen und am Rande der totalen Erschöpfung kehrten sie am 30. Mai 1907 wieder nach Danmarkshaven zurück. Zwei weitere Teams trafen ein, doch auf den Schlitten von Mylius-Erichsen und seine beiden Begleiter warteten sie vergebens. Erst ein Jahr später fand ein Suchtrupp die Leiche von einem der drei Expeditionsteilnehmer. Jörgen Brönlund lag erfroren in einer Erdhöhle. Sein Tagebuch schilderte den Tod von Mylius-Erichsen und dessen Begleiter. Sie waren Mitte November 1907 auf dem von Spalten zerfurchten Inlandeis umgekommen. Ihre Leichname wurden nie gefunden.
    Im Juli 1908 legte die ›Danmark‹ ab und stampfte gen Heimat. Wegeners wissenschaftliches Programm wurde ein großer Erfolg: Insgesamt gelangen teils unter sehr großen Anstrengungen 125 Drachen- und (unbemannte) Fesselballonaufstiege bis in 3100 beziehungsweise 2400 Meter Höhe. Sie blieben für mehr als ein Vierteljahrhundert die einzigen in der Polarregion. Außerdem beobachtete und beschrieb er Polarlichter, Luftspiegelungen und atmosphärische Erscheinungen wie Halos und Nebensonnen. Die Ergebnisse veröffentlichte er in einer dänischen Zeitschrift.
    Wieder in der Heimat berichtete er auf Tagungen über seine meteorologischen Studien und erhielt an der Universität Marburg eine Stelle als Privatdozent. Dort erlebte er geradezu eine Eruption seiner wissenschaftlichen Schaffenskraft. Bis zum Frühjahr 1911 schrieb er mehr als vierzig Veröffentlichungenund verfasste ein Lehrbuch über die ›Thermodynamik der Atmosphäre‹. Die Diskussionen über dieses Buch waren der Beginn einer intensiven Zusammenarbeit mit seinem Schwiegervater in spe Wladimir Köppen.
    In dieser Zeit entwickelte Wegener auch seine Theorie der Kontinentaldrift. Von einem einschneidenden Erlebnis Ende 1910 berichtete er Else Köppen in einem Brief: »Mein Zimmernachbar Dr. [Emil] Take hat zu Weihnachten den großen Handatlas von Andree bekommen. Wir haben stundenlang die prachtvollen Karten bewundert. Dabei ist mir ein Gedanke gekommen. Sehen Sie sich doch bitte mal die Weltkarte an: Passt nicht die Ostküste Südamerikas genau an die Westküste Afrikas, als ob sie früher zusammengehangen hätten? Noch besser stimmt es, wenn man die Tiefenkarte des Atlantischen Ozeans ansieht und mit den Rändern des Absturzes in die Tiefsee vergleicht. Dem Gedanken muss ich nachgehen.« 10
    Etwa zur gleichen Zeit, aber unabhängig von Wegener und ohne dessen Wissen, beschäftigten sich in den USA der Astronom William Henry Pickering und der Geologe Frank Bursley Taylor mit der Frage, ob die Kontinente früher miteinander verbunden waren. Auch der italienische Geologe und berühmte Violinist Roberto Mantovani ging von einem Urkontinent aus, der

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