Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder
Kreisbahn um die Erde bewegt. Doch so einfach ließen sich die sehr unterschiedlichen und zum Teil recht komplizierten Planetenläufe nicht erklären.
Eudoxos und Kallippos entwickelten deshalb im 4. Jahrhundert vor Christus das System der homozentrischen Sphären. Hierin waren die Planeten sowie Sonne, Mond und Sterne auf insgesamt acht Kugelschalen verhaftet, die sich alle um die Erde drehten. Diese Sphären waren zudem über unterschiedlich stark geneigte Achsen miteinander verbunden, so dass sich die Bewegungen der jeweils äußeren Sphären auf die inneren übertrugen. Einmal in Gang gesetzt führte dieses Räderwerk komplizierte Bewegungen aus, und die Himmelskörper auf ihnen bewegten sich auf schleifenartigen Bahnen, die den am Himmel beobachteten ähnelten. Eudoxos und Kallippos sahen die Sphären übrigens nicht als real existierend an, sondern benötigten sie nur als theoretische Hilfsmittel.
Doch im Vergleich mit den Beobachtungen blieb das System letztlich unbefriedigend. Abhilfe sollte das Epizykelsystem bringen, das Apollonios von Perge im 3. Jahrhundert vor Christus erdachte. Darin ist die Erde von acht Hauptkreisen umgeben. Auf jedem Hauptkreis läuft der Mittelpunkt eines kleineren Hilfskreises (Epizykel) um, auf dem wiederum der jeweilige Himmelskörper umläuft. Sind alle Kreise in Bewegung, so vollführen die Gestirne Schleifenbewegungen und ihre Entfernungen zur zentrierten Erde verändern sich.
Ganz grob lässt sich diese zusammengesetzte Bewegung mit jener von Pedalen an einem Fahrrad vergleichen. Während sich das Fahrrad (der Hauptkreis) vorwärtsbewegt, vollführen die Pedale einen kleineren Kreis (Epizykel). Bei richtig gewählter Übersetzung scheint sich eines der Pedale von der Seite betrachtet phasenweise rückwärts zu bewegen, obwohl das gesamte Fahrrad vorwärtsfährt.
Doch je genauer Astronomen die Bewegungen der Himmelskörper vermaßen, desto weiter musste das Epizykelsystem verfeinert werden. So wurden manche Hilfskreise so groß, dass sie benachbarte Hauptkreise kreuzten. Außerdem reichte bald ein Hilfskreis pro Gestirn nicht mehr aus, um die beobachteten Bewegungen genau wiederzugeben. Deshalb setzten die Astronomen auf den ersten Hilfskreis einen weiteren Hilfskreis und so weiter. Das Weltmodell des Aristoteles verzeichnete sage und schreibe 49 Kreise. War das der perfekte Bauplan eines Gottes, der nichts Überflüssiges oder Nutzloses in die Welt gesetzt haben soll?
Kopernikus äußerte sich später über die Geozentriker in seiner Vorrede seines ›De revolutionibus‹ so: »Es ergeht ihnen so, wie wenn einer von verschiedenen Stellen Hände, Füße, Haupt und andere Gliedmaßen, zwar in schönster Ausführung, aber nicht nach dem Bild eines einzigen Körpers gezeichnet, hernähme, die wechselseitig überhaupt nicht zueinander passen, so dass ein Ungeheuer eher als ein Mensch sich daraus zusammensetzte.« 2 Außerdem sah Kopernikus in dem Epizykelsystem das Dogma verletzt, wonach sich alle Himmelskörper mit gleichförmiger Geschwindigkeit bewegen. Daran wollte aber auch er festhalten.
Es waren also nicht nur astronomische Argumente, die gegen das geozentrische System sprachen, sondern auch rein philosophische: Warum sollte der Kosmos mit einem derart komplizierten Räderwerk durchsetzt sein, wenn es auch einfach ging? Dieselben Argumente mögen auch Aristarch von Samos 1800 Jahre vor Kopernikus bewogen haben, die Erdeaus dem Zentrum des Kosmos zu stoßen und die Sonne an ihre Stelle zu setzen. Wahrscheinlich kam aber noch ein weiterer schwerwiegender Grund hinzu, über den sein ›Über die Größen und Entfernungen der Sonne und des Mondes‹ Auskunft gibt. Worum ging es?
Aristarch kam auf eine brillante Idee, wie er die Entfernung von Sonne und Mond messen könne. Das Prinzip beruht auf einfacher Triangulation, wie sie zum Beispiel die Landvermesser alljährlich nach der Nilschwemme vornahmen. Wenn exakt Halbmond ist, dann strahlt die Sonne den Mond von der Erde aus gesehen unmittelbar von der Seite an. Genauer gesagt stoßen die Verbindungslinien Erde–Mond und Mond– Sonne im Mittelpunkt des Mondes genau senkrecht aufeinander. Sie bilden dort also einen rechten Winkel. Aber die Größe des beobachtbaren Winkels zwischen Sonne und Mond hängt davon ab, wie weit die beiden Himmelskörper von der Erde entfernt sind. Je weiter die Abstände sind, desto mehr nähert sich auch dieser Winkel einem rechten an. Die Aufgabe bestand nun darin, genau zum Zeitpunkt des
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