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Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder

Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder

Titel: Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Buehrke
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sich Straton weniger an Aristoteles, sondern vertrat eher die Lehre von Demokrit und Leukipp, wonach die Materie aus Atomen aufgebaut ist. Außerdem lehnte er es ab, die Sterne und gar den Kosmos als Sitz der Götter oder als lebende Organismen aufzufassen, wie es Aristoteles tat.
    Insbesondere unterschied sich Straton in einem Punkt von seinen Kollegen: Er sah das Experiment als wesentliches Mittel an, um allgemeingültige Erkenntnisse über die Natur zu erfahren. Die meisten Gelehrten lehnten diesen Weg ab. Sie waren der Meinung, dass man allein aus der Beobachtung der Natur etwas über sie erfahren könne. Dass man aber von einem künstlich ausgeführten Versuch auf allgemeingültige Naturgesetze schließen könne, war ihnen fremd. Damit lässt sich Straton, der schon damals den Beinamen »der Physiker« trug, als Vorläufer der heutigen wissenschaftlichen Methode auffassen, die fast zwei Jahrtausende später Galileo Galilei und andere entwickelten. Letztlich wird ihm auch die Nähe zu einer atheistischen Philosophie nachgesagt.
    All dies muss Aristarch beeinflusst haben, leider aber sind fast alle Werke von ihm außer einem verschollen. Viele wurden sicherlich beim Brand der Bibliothek von Alexandria ein Opfer der Flammen.
    Wie war der astronomische Wissensstand zu Aristarchs Zeiten? Die zunächst naheliegende, aber falsche Vorstellung, die Erde sei eine Scheibe, war längst überwunden. Schon Aristoteles war von der Kugelgestalt überzeugt und führte dafür auch Beweise an. Dabei machte er sich übrigens schon Gedanken über die mögliche Existenz von »Gegenfüßlern«, die also auf der Südhalbkugel der Erde leben sollten. Aristoteles kam sogar über eine falsche Schlussfolgerung zu dem richtigen Ergebnis, dass die Erde im Verhältnis zu den anderen Gestirnen nicht groß ist. Er erwähnt hierbei nicht namentlich genannte Mathematiker, die den Erdumfang zu 400000 Stadien berechnet haben. Die berühmteste Erdumfangsmessung der Antikestammt von Eratosthenes von Kyrene, der zwischen circa 275 und 194 vor Christus lebte. Aristarch könnte diese Messung miterlebt haben.
    Unumstritten war aber auch das geozentrische System, in dem die Erde im Mittelpunkt der Welt ruht. Sonne, Mond, Planeten und Gestirne mussten sich in diesem System um die Erde drehen, weil sich ansonsten ihre beobachteten Bewegungen am Himmel nicht erklären ließen. Schnell einsichtig war, dass die Sonne die Erde an einem Tag umrundet. Der Mond benötigt hierfür 28 Tage und die auf einer Kugelschale befindlichen Sterne ein Jahr. Hinzu kamen die fünf mit bloßem Auge sichtbaren Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn.
    Insbesondere die Planeten zeigten einige schwer erklärbare Verhaltensweisen. Beispielsweise veränderten sie über einen längeren Zeitraum hinweg langsam ihre Helligkeit. Offenbar schwankte ihre Entfernung zur Erde. Außerdem bewegten sie sich unterschiedlich schnell vor dem Sternenhintergrund. Hierbei waren den Astronomen bereits einige Besonderheiten aufgefallen: Merkur und Venus entfernten sich nie sehr weit von der Sonne. Sie tauchten nie um Mitternacht hoch oben am Himmel auf, sondern immer nur kurz vor Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang nahe am Ost- beziehungsweise Westhorizont.
    Geradezu extravagante Bahnen beschrieb der Mars. So kommt es vor, dass sich der Rote Planet monatelang langsam in eine Richtung bewegt. Dann bleibt er plötzlich stehen und kehrt seine Richtung um. In dieser Rückwärtsbewegung bleibt er ungefähr zehn Wochen lang. Dann hält er wieder an, kehrt um und läuft in der ursprünglichen Richtung weiter. Zwei Jahre später wiederholt sich das Spiel aufs Neue. Auch Jupiter und Saturn drehen solche Schleifen, doch sind diese nicht ganz so stark ausgeprägt wie beim Mars.
    Die Griechen waren die ersten Wissenschaftler überhaupt, die ein räumliches Modell entwickelten, das all diese Bewegungen erklären sollte – ein revolutionärer Schritt, setzte erdoch ein erhebliches Maß an Abstraktion voraus. Auch wenn das anfängliche geozentrische, also erdzentrierte System falsch war, bildete es doch den Beginn der heutigen Astronomie. Kein anderes Volk zuvor hatte ein solches Weltmodell entwickelt.
    Für die Astronomen der Antike musste sich im Kosmos der göttliche Bauplan auf das Harmonischste widerspiegeln, schließlich bedeutet dieses altgriechische Wort zu Deutsch: Ordnung, Schmuck oder Glanz. Dazu gehörte, dass sich jeder Himmelskörper mit konstanter Geschwindigkeit auf einer perfekten

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