Genom
gerade begeistert aufgenommen.
Die Sonne ging bereits unter, und sie überlegte, was und wo sie zu Abend essen sollte, als sie vor dem Haus im Wald parkte.
Es grenzte an einen privaten Waldbetrieb. Hinter dem Haus streckten mehrere Hektar Raketenpinien ihre hellgrünen Nadeln in Richtung des noch vom Regen bewölkten Himmels. Dank Gengenieurskunst dazu in der Lage, zweimal im Jahr selbst auf schlechtem Boden abgeerntet zu werden, hattenRaketenpinien in vielen südlichen Staaten Erdnüsse und Tabak als gut verkäufliche Anbaufrucht abgelöst. Zwar war der Bedarf an Zeitungen nach der Einführung elektronischer Lesegeräte drastisch zurückgegangen, doch bis jetzt hatte noch niemand ein elektronisches Äquivalent für Papiertücher oder Toilettenpapier gefunden. Überdies boten die Privatwälder weitaus mehr Tieren Unterschlupf, als es die anderen Farmen vermochten, während sie gleichzeitig als großartige Puffer für die Natur- und Tierreservate dienten.
Die Überreste des letzten klebrigen Regengusses tropften noch immer in Teiche und Tanks, als Ingrid aus dem Wagen stieg. Ihr Medogic unter einen Arm geklemmt, ging sie zum Vordereingang, wobei sie die Pfützen umrundete. Ihre Gedanken beschäftigten sich bereits mehr mit ihrem Abendessen.
Die besorgte Frau, die sie begrüßte, hatte offensichtlich ganz andere Sorgen.
»Unfassbar, dass Sie das wirklich tun«, murmelte sie dankbar, als sie die Ärztin ins Haus bat. Ihr Kommentar war eine typische Reaktion, die Ingrid schon bei bestimmt neunundneunzig Prozent ihrer Hausbesuche erlebt hatte. »Danke, dass Sie so kurzfristig kommen konnten.« Dann drehte sie sich um und führte die Ärztin weiter in ihr makelloses Heim.
»Gern geschehen.« Ingrid sagte nie: »Das ist mein Job«, denn sonst würden die Dankesbezeigungen kein Ende nehmen und sie bei ihrer Arbeit stören.
Über eine Wendeltreppe ging es in den zweiten Stock. Die Sicht aus dem Flexfenster wechselte ständig zwischen der Vorder- und der Rückansicht des Geländes. Dann noch einige Schritte einen Gang hinunter, bevor die Mutter kurz stehen blieb und mit einer Handbewegung eine Tür öffnete.
»Es geht um unsere Tochter, Cara«, flüsterte sie nervös. »Siewollte nicht, dass wir Sie rufen. Sie will keinen Arzt sehen. Ich glaube, es ist ihr peinlich.«
Laut der Informationen, die Ingrids Büro heruntergeladen hatte, um sie auf ihr Medogic zu übertragen, war Cara Jean Gibson ein fünfzehnjähriges Mädchen. Schon allein diese Tatsache war für sie vermutlich peinlich genug. Ingrid betrat das Zimmer und war mental darauf vorbereitet, das Erwartete zu Gesicht zu bekommen. Akne, Schlaksigkeit, die nur ungenügend durch niedrigstufige, handelsübliche Manipulationen verbessert worden war, schlecht gengenieurtes Haar, eine mangelhafte Hautfärbung, die möglicherweise zu Fieber geführt hatte.
Doch mit dem, womit sie es tatsächlich zu tun bekam, hatte sie nicht gerechnet.
Cara Gibson lag auf einem ganz normalen Bett. Der Unterbau bestand aus Fibernet, doch die antike Matratze sah so aus, als wäre sie liebevoll erneuert und gepflegt worden. Im Kontrast dazu ruhte der Kopf des Mädchens auf einem durch und durch modernen Aeromusikkissen, das zweifellos darauf programmiert worden war, ihre Lieblingsmusik abzuspielen, je nachdem, wie sie das Gewicht ihres Kopfes darauf verlagerte. Möglicherweise spielte es sogar jetzt Musik ab und übermittelte die neueste Goolmech per akustischer Transduktion an das Mädchen. Falls dem so war, dann spielte es jedenfalls keine fröhliche Musik.
Mit geweiteten Augen, als sie die Eintretenden bemerkte, reagierte Cara sehr eindeutig auf die Störung. »Mama! Ich hab dir doch gesagt, ich will keinen Arzt sehen!«
Ingrid setzte ihr mitfühlendstes Lächeln für ein Frau-zu-Frau-Gespräch auf. »Woher weißt du, dass ich Ärztin bin?«
Der Teenager grunzte, als wäre die Identität der Besucherindie eindeutigste Sache der Welt. »Ist doch klar! Sie haben mir kaum ins Gesicht gesehen, bevor Ihr Blick zu meinem Kopf gewandert ist.«
Ingrid sprach leise, während sie sich dem Bett näherte. »Darf ich deinen Kopf sehen?«
Cara Gibson drehte sich abrupt zur Wand um und wandte sich somit von ihrer Mutter und der Fremden ab. »Warum nicht? Anscheinend will das ja jeder hier.«
Zumindest musste Ingrid jetzt, da ihre Patientin in die andere Richtung blickte, kein mitfühlendes Lächeln mehr aufsetzen. Das Mädchen hatte ihr beim Umdrehen offenbart, dass hier anscheinend ein
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