Genom
wollen wir natürlich nicht.« Die Stimme der Natural klang jetzt deutlich tiefer und spitzer. »Wir wollen doch nichts kaputt machen.« Sie deutete auf die Reihe an Instrumenten, neben der sie stand. »Wenn Sie ein vorsichtiger Menschenkoch sind, dann haben Sie keine Aufzeichnungen angefertigt, was bedeutet, dass Sie keine Spuren hinterlassenhaben und Ihnen die Behörden nicht auf die Schliche kommen können. Das wiederum hieße, dass man Sie nicht vor Gericht schleifen kann, falls Ihr kleines Hobby irgendwie ans Licht kommt, weil es keine Beweise dafür gibt, dass Sie gefährliche Melds durchgeführt haben. Daher werden sich die einzigen Aufzeichnungen vermutlich in Ihrem Kopf befinden.« Während die beiden Melds den verließen, sah ihn die Natural grimmig an.
»Es wird Zeit, einige wichtige Informationen zu bergen. Was haben Sie für oder vielmehr an diesem Whispr gemacht? Wir müssen uns unbedingt mit ihm unterhalten. Er und sein Freund haben etwas gestohlen, das viele andere haben wollen. Mir wurde mitgeteilt, dass eine Menge auf dem Spiel steht, und zwar nicht nur Geld. Meine Schwestern und ich haben keine unvernünftigen Erwartungen, wir würden uns auch nur mit dem Geld zufriedengeben.« Als die Tür des OPs zuglitt, schlenderte sie zu der Instrumententafel hinüber. »Das ist Ihre letzte Chance, kleiner Koch.« Sie kicherte unheilvoll.
Chaukutri wand sich in seinen Fesseln und beobachtete sie gebannt. »Sie wissen, dass ich Ihnen nichts über die Meldarbeiten sagen kann, die vertraulich durchgeführt worden sind. Ich bin mir sicher, dass Sie Mr Whisprs Bekanntschaft schon sehr bald machen werden, wenn Sie sich nur lange genug in den richtigen Kreisen umhören.«
»Dummerweise reicht uns ›schon sehr bald‹ aber nicht. Uns kann es gar nicht schnell genug gehen.« Sie streckte ihre Hand aus, und ihre eleganten Finger strichen über Tasten und Hebel, ohne sie richtig zu berühren. »Ich glaube, mich zu erinnern, was die hier bewirkt, aber ich bin mir nicht ganz sicher …«
»Fassen Sie das nicht an! Es …!«
Als seine Frau vom Einkaufen zurückkehrte und ihn zusammengesunken im fand, begann sie, sehr laut zu schreien. Chaukutri war nicht tot. Die Meldarbeiten, die an ihm durchgeführt worden waren, sprachen für eine Kunstfertigkeit, die nicht auf einen unerfahrenen Melder schließen ließ. Seine Arme waren zu Flügeln umoperiert, seine Augen so weit vergrößert, wie es nur möglich war, und seinen Mund hatte man durch einen Schnabel ersetzt. Seine Haut war mit rauen Federn gespickt, während seine Beine jetzt in breiten, mit Schwimmhäuten versehenen Füßen endeten. Sein Mund war zu einem derart breiten Grinsen vergrößert worden, das der Schriftsteller Hugo sofort erkannt hätte.
Im Großen und Ganzen besaß das umfangreiche Meld sogar einen gewissen Reiz – zumindest für Kinder. Chaukutri ähnelte jetzt einem allseits bekannten und beliebten Charakter aus einem Cartoon für Kinder. Derartige animierte Melds hatte es schon früher gegeben. Einige davon waren sehr begehrt und kostspielig. Die umfangreiche Manipulation, die an dem Mann, der jetzt bewusstlos auf dem Stuhl hockte, durchgeführt worden war, hatte nur einen kleinen negativen Aspekt:
Sie war von Anfang bis Ende ohne Narkose durchgeführt worden.
***
In einer Zeit der radikalen Kosmetologie, in der das Ungewöhnliche zur Norm geworden war und das Frevelhafte alltäglich, benötigte man schon ein besonders ausgefallenes Meld, um noch Aufmerksamkeit zu erregen. Für viele war das Grund genug, um Veränderungen durchführen zu lassen, die man nur noch als extrem bezeichnen konnte. »Seht mich an!«, schienen die ersten radikalen Melds zu schreien, manchmallautstark, manchmal gedämpft, manchmal verzweifelt. Doch inzwischen waren derart drastische Manipulationen so weitverbreitet, dass sie kaum noch größere Beachtung fanden.
Auf dieselbe Weise, wie drei Meter große Basketballspieler und dreihundert Kilo schwere Linemen das Ende des professionellen Basketball- und Footballsports (ebenso wie das vieler anderer Sportarten) eingeleitet hatten, waren zu fremdartige kosmetische Veränderungen, die nur zur Zurschaustellung eines übertriebenen Narzissmus ausgeführt worden waren, bald aus der Mode geraten. Sie hatten Melds Platz gemacht, die aus eher praktischen Gründen ausgeführt wurden: bessere Weitsicht für enthusiastische Vogelbeobachter, größere Hände für Köche, vergrößerte Lungenflügel für Sänger und spezialisierte
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