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Genom

Genom

Titel: Genom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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alt waren, doch im Vorzimmer ihres Büros saßen dennoch Kinder. Die Erwachsenen, die sie begleiteten, wollten von ihr behandelt und beraten werden, und dank der Kinder herrschte eine angenehmere Atmosphäre als in den Büros vieler Spezialisten. Vielleicht waren sie auch einfach nur wegen des Süßigkeitenroboters mitgekommen, den Ingrid vor einigen Jahren gekauft hatte. Der Mechanoid war unterhaltsam, verteilte Naschereien, witzelte herum und machte ihren erwachsenen Patienten das Leben ein wenig leichter, indem er ihren Nachwuchs ablenkte. Tatsächlich hatte sie sogar mehr Klienten, als sie versorgen konnte, und sah sich regelmäßig gezwungen, neue Patienten abzuweisen. Das tat sie nur sehr ungern, doch die einzige Alternative war,sich selbst zu verausgaben, worunter nicht nur ihre eigene Gesundheit, sondern auch ihre Arbeit gelitten hätte.
    Und es waren schließlich nicht ihre zweifellos hervorragenden Fähigkeiten, die sie als herausragende Ärztin auszeichneten, dieser Ruf beruhte vielmehr auf ihrem Mitgefühl.
    Dank der Tatsache, dass sie überaus kompetente Angestellte hatte, deren Arbeit von hochmodernen Maschinen unterstützt wurde, wurde auch an diesem Morgen außerordentlich effizient gearbeitet. Ihre Kleidung, die sie aus einer Laune heraus ausgewählt hatte, erzielte nicht nur bei Rajeev, sondern auch bei allen anderen, denen sie begegnete, den gewünschten Effekt. Frauen machten ihr deswegen Komplimente, Männer starrten sie an, einige wenige Männer schmeichelten ihr, und einige Frauen warfen ihr neidische Blicke zu. Sie zog die Blicke von Naturals und Melds gleichermaßen auf sich. Selbst in der modernen Gesellschaft wurde es noch immer anerkannt, wenn gewisse Aspekte der körperlichen Attraktivität der Zeit, dem Raum und der gewählten Körpermodifikation standhielten.
    Nach einem exquisiten Mittagessen im Laziiz, einem Restaurant an der Ostseite des Turms, von dem man eine tolle Aussicht genoss, kehrte sie in ihr Büro zurück und fühlte sich dank der Aufmerksamkeit, die ihr selbst von Fremden zuteilgeworden war, gleich einige Jahre jünger. Das Wissen, dass ein freies Wochenende vor ihr lag, sobald sie die Patienten an diesem Nachmittag wie immer umsonst behandelt hatte, tat ein Übriges. In ihren Gedanken wurden die künstlichen Strände von Dubaia immer verlockender.
    Es war schon einige Zeit her, dass ein Gesetz verabschiedet wurde, das jeden Bürger dazu verpflichtete, eine vorherbestimmte Anzahl an Stunden pro Woche für den Gemeinschaftsdienst zu opfern. Bei seiner Einführung war diesesGesetz sehr unbeliebt gewesen, doch als Mittel, um die Ausgaben der Regierung zu senken, hatte es sich als großer Erfolg erwiesen. Was jene, die dazu gezwungen waren, an dem Programm teilzunehmen, davon hatten, lag nur an ihnen selbst, zumindest war das Ingrids Meinung. Ob als Pförtner oder Gefängniswärter, als Anwalt oder Landschaftsgärtner, Fleischer, Bäcker oder Kerzenzieher, so konnte man sich dank des ÖDPs (Öffentlichen Dienstprogramms) entweder besser fühlen, weil man seinen Mitmenschen geholfen hatte, oder sich einreden, von der Regierung ausgenutzt worden zu sein. Wie man die Sache sah, lag vor allem an seiner eigenen Persönlichkeit und Perspektive.
    Ingrid genoss ihre »Pro-bono-Zeit«. Es gab nicht vieles, wobei sie sich besser fühlte, als wenn sie einen verdrehten Muskel korrigierte, frische Knochenmasse über eine Fraktur legte oder jemanden versorgte, der unter den Auswirkungen eines verpfuschten Melds litt. Seitdem die Regierung alle Medikamente bezahlte, gab sie diese gerne, wenngleich mit Bedacht heraus. Sie hatte es mit verarmten Menschen zu tun, deren jugendliche Melds Abnutzungserscheinungen hatten, armen, aber aufrechten Männern und Frauen, die sich einen bösen Malihusten zugezogen hatten, peinlich berührten, aber ignoranten Mittzwanzigern, deren Probleme darauf beruhten, dass sie den richtigen Sex am falschen Ort oder den falschen Sex am richtigen Ort gehabt hatten.
    Hin und wieder tauchten auch Immigranten in ihrem Büro auf, deren Krankheit einen kompletten Körperscan und eine darauffolgende gründliche Datenbanksuche erforderte. Sie behandelte jeden Einzelnen mit derselben Sorge und dem gleichen Mitgefühl wie ihre zahlenden Patienten. Selbst wenn ihr ihre -Arbeit kein Geld einbrachte, so wurde sie doch mit Tränen des Dankes und warmen Worten dafür belohnt.
    Der letzte Besucher an diesem Tag war ein schlanker Mann, der erst vor Kurzem eine Größen- und

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