Genom
Turms erhalten konnte, eher bescheiden wirkten. Auf die eine oder andere Art hatte jeder der Besucher oder Bewohner des Turms ein Ziel vor Augen, das er eilig oder gelassen erreichen wollte, doch keiner von ihnen wirkte irgendwie nervös. Diese Unsicherheit schien allein Whispr vorbehalten zu sein, zumindest kam es ihm so vor. Je weiter er in das Gebäude hineinging, desto überzeugter war er, dass er damit nicht durchkommen würde oder dass es doch irgendwie schlecht für ihn ausgehen musste.
Gut, Righteous hatte ihm versichert, dass beide Ärzte, deren Namen der Straßenchirurg und Musiker ihm genannt hatte, in der regionalen Szene einen guten Ruf besaßen. Aber das war noch lange keine Garantie, und jemand, der gestern noch ein Verbündeter war, konnte sich heute schon als Verräter herausstellen. Traurig schüttelte Whispr den Kopf. Welcher lizenzierte Arzt mit einer legalen Praxis würde es schon riskieren, eine Verletzung zu behandeln, die offensichtlichvon einer bürokratischen Einrichtung verursacht worden war? Auf einmal stand er direkt vor der ersten Sicherheitsvorrichtung. Er holte tief Luft, machte einen Schritt und bereitete sich seelisch darauf vor, von einem leise surrenden grünen Licht erfasst zu werden.
Gleich würde er wissen, ob er enttarnt worden war.
***
Das Monster, das sie gejagt hatte, war nicht da.
Das lag natürlich daran, dass es mit ihr verschränkt war. Ebenso wie sie mit ihm. Es war silbrig und formlos, winzig und gigantisch, schwer wie eine Sonne und leicht wie eine Feder. Es schien immer wieder aus der Realität zu verschwinden, nur um erneut aufzutauchen. In einem Moment drohte es, sie zu zerquetschen, im nächsten wollte es sie in einer fremdartigen Umarmung erdrücken, die gleichzeitig heiß, kalt und eisig war und sie zu verbrennen drohte. Ingrid Seastrom schrie, aber es war nichts zu hören. Das war auch ohne Belang, da sowieso niemand da war, der sie hören konnte.
Der Wald war voller Splitter. Barfuß rannte sie über eine Oberfläche aus drei Zentimeter großen Mammutbäumen, während um sie herum Klingen aus scharfem Glas Hunderte von Meter hoch in den Himmel ragten. Alles war verdreht und anders, als es sein sollte, im totalen Gegensatz zu dem, wie ihr Kosmos auszusehen hatte. Während sie panisch vor dem Schrecken floh, der ihr unausweichlich näher kam, vor einer Schaurigkeit, die sie nicht benennen konnte, spürte sie, wie kleine Teile ihres Verstandes abgeworfen wurden, wie sie Erinnerungen verlor, als wären es Schuppen. Sie spürte, wie sie sich gnadenlos auflöste, wie sich jedes Fragment in der schwülfeuchten Luft ablöste, nur um von dem undeutlichenMonster, dem sie nicht entrinnen konnte, verschluckt und verdaut zu werden.
Heiße, klebrige Finger griffen nach ihr. Sie konnte ihnen nicht entkommen, weil sie von ihnen umschlungen wurde. Sobald ihr schattenhafter Verfolger sie absorbiert hatte, würde sie aufhören zu existieren. Oder würde das Monster dann verschwinden? Bei einer Quantenverschränkung konnte man sich nie sicher sein, was zerstört wurde und was überlebte, was das Original war und was die Kopie.
Jetzt hatte es sie erreicht, war brennend, dampfend, erstickend über ihr. Als sie den Mund öffnete, um erneut zu schreien, glitt es in ihre Kehle und begann, sie zu ersticken. Schweiß stach ihr wie einhundert winzig kleine Bienen in die Augen. Sie konnte nicht mehr atmen.
Mit einem Keuchen setzte sie sich im Bett auf. Ihr Herz pochte wild, der Schweiß lief ihr in Rinnsalen am Körper herab, und sie wusste sofort, was der Grund dafür war.
Hormone.
Verdammt , dachte sie. Das muss aufhören . Unbekleidet stand sie auf, wobei der heftige Schweißausbruch, der sie geweckt hatte, nicht aufhören wollte, ging taumelnd zum Badezimmer und unter die Dusche. Sobald sie diese betreten hatte, materialisierte sich rings um sie herum Wasser, das auf eine vorher programmierte Temperatur erwärmt worden war, und prasselte aus allen Richtungen auf sie ein. Sie holte tief Luft, stieß in der warmen, feuchten Atmosphäre einen Stoßseufzer aus und begann, sich zu entspannen. Die Dusche war ein Luxus, den sie besonders zu schätzen wusste. Er war auch der teuerste, den sie sich gönnte. Als angesehene und erfolgreiche Ärztin konnte sie ihn sich leisten. Sie besaß nur wenig Schmuck, abgesehen von einem glänzenden Titanitarmband, unternahm keine kostspieligen Reisen, und dieüblichen gesellschaftlichen Ausgaben einer attraktiven Frau ihres Alters wurden im
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