Genosse Don Camillo
die
Achtundzwanzig, mit schwarzen, glänzenden, leicht gewellten Haaren, die Augen
mit langen Wimpern, doch mit einem leicht verruchten Blick, mit gut
gezeichnetem Mund und einer Stirnfalte, halb Frechheit, halb Härte, mit breiten
Schultern, das Becken schmal, die Füße klein wie die eines Tänzers. Und als ob
das alles noch nicht genügt hätte, trug er enge Hosen, eine Joppe aus schwarzem
Leder über einem feuerroten Pulli und die Zigarette flott im hintersten
Mundwinkel. Scamoggia war ein echter Bulle, einer jener Bullen, die ihr
Handwerk verstehen und sich nicht von den Frauen behexen lassen.
Während die Mannschaft das
große Feld des Flughafens überquerte und Peppone, der Genosse Oregow und die
Genossin Nadia Petrowna allen vorangingen, fand Scamoggia den Gebrauch seiner
Zunge wieder:
»Genosse«, teilte er Don
Camillo mit, »hast du gesehen, was für ein Prachtstück von Mädchen das ist ?«
»Jawohl, ich hab's gesehen«,
antwortete Don Camillo.
Scamoggia zog ihn am Arm zu
sich heran, damit er freie Sicht bekam.
»Wirf diesem Sputnik einen
Blick zu, und dann sag mir deinen Eindruck !«
Don Camillo bat Gott innerlich
um Verzeihung, schaute und bestätigte kurz und bündig:
»So gut gebaute, perfekte
Mädchen trifft man sonst nirgends .«
Er sagte es laut, weil Genosse
Rondella ihnen nahe war. Und der Genosse Rondella biß an:
»Schön ist sie, kein Zweifel«,
rief er aus, »aber so gut gebaute Mädchen gibt's auch bei uns .«
»Bei uns verstehen die Mädchen
sich zu kleiden«, stellte Don Camillo fest. »Doch nimm die schönste und heiße
sie einen häßlichen Rock und eine grobe Jacke anziehen, wie sie die Genossin
Petrowna trägt – dann wirst du sehen, was für eine Elendsgestalt herauskommt.
Diese Nadia ist eine solide, klassische Schönheit. Sie ist eine schöne Frau,
nicht eines der Püppchen, denen man in unsern Dörfern und in unsern Städten
begegnet. Angefangen bei Mailand, wo es kein einziges Weib gibt, das nicht
verfälscht ist.«
»Flausen, Genosse !« wehrte Rondella heftig ab. »In Mailand gibt es so schöne
Mädchen, wie du sie nicht einmal träumst !«
Scamoggia vermittelte: »Gerate
nicht in Zorn, Genosse. Auch bei uns gibt es schöne Weiber, aber diese hat
etwas Besonderes.
Ich weiß nicht, was es ist,
aber sie hat es .«
»Das hängt vom geistigen Klima
ab, in dem sie geboren und gewachsen ist«, stellte Don Camillo fest. »Die
Umgebung macht den Mann und auch die Frau. Natürlich sind nicht alle imstande,
diese einfachen Wahrheiten zu erkennen .«
Der Genosse Rondella wollte mit
Don Camillo weiter handeln, doch hielt in diesem Augenblick die Mannschaft an.
»Zollkontrolle«, erklärte
Peppone, indem er sich in die Gruppe keilte, »macht die Koffer bereit !«
Als er Don Camillo nahe war,
flüsterte er ihm vorsichtig zu:
»Ich hoffe, Ihr habt nichts bei
Euch, das uns in Verlegenheit bringt !«
»Genosse«, beruhigte ihn Don
Camillo, »ich weiß, wie man sich auf Erden benimmt .«
Bei der Zollkontrolle handelte
es sich um eine hurtige Sache, denn Peppone hatte alles mit Umsicht
vorbereitet. Vor der Abreise in Rom hatten sich die zehn Erkorenen einen
leichten Koffer kaufen müssen. Alle hatten das reglementarisch gleiche Ausmaß
wie der Fiberkoffer, den Peppone für wenig Geld in einem Warenhaus erworben
hatte. Und dann war jeder gefüllte Koffer gewogen worden. Die einzige Ware, an
der die Zöllner etwas auszusetzen hatten, war das Flakon, das sie im Koffer
Scamoggias fanden. Der Funktionär der Zollpolizei schraubte den Verschluß ab,
roch und reichte das Flakon der Genossin Petrowna, die ebenfalls daran roch.
Die Genossin Nadia wandte sich
an Scamoggia: »Er fragt, warum du Frauen-Parfüm mitbringst ?«
»Das ist kein Frauen-Parfüm«,
erklärte Scamoggia. »Es ist Lavendelwasser, das ich nach dem Rasieren brauche.
Hier herrscht wahrscheinlich der Brauch, sich mit Naphta zu desinfizieren ?«
Die Genossin Nadia schickte
sich zu einer scharfen Antwort an, aber vor einem Bullen wie Scamoggia gab es
keine Frau, die den Kamm stellen konnte. Sie wandte also ihren Kopf und
übersetzte dem Zöllner nur den ersten Teil von Scamoggias Antwort.
Der Zollfunktionär brummte
etwas und tat das Fläschchen in den Koffer zurück.
»Er hat gesagt, daß hier die
Männer das Gesicht mit Alkohol zu desinfizieren pflegen«, erklärte die Petrowna
dem Scamoggia, als der Verein sich wieder in Bewegung setzte.
»Auf alle Fälle mußt du es
brauchen und darfst es nicht in den Handel
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