Genosse Don Camillo
Stephans
Frau, »es ist die Beschützerin Polens. Die alten Polen sind Katholiken. Man
soll die Alten verstehen .«
Sie drückte sich mit viel
Vorsicht aus, und eine unbestimmte Furcht stand in ihren Augen.
Peppone rettete die Situation:
»Es gibt nichts zu verzeihen«, versicherte er. »In Italien sind nicht nur die
Alten, sondern auch die Jungen Katholiken. Hauptsache, daß sie ehrlich sind!
Wir bekämpfen nur die verfluchten Priester, die, anstatt Diener Gottes zu sein,
politisieren .«
Die Greisin flüsterte Stephans
Frau etwas ins Ohr, und diese warf ihrem Mann einen fragenden Blick zu, ehe sie
zu reden anfing.
Stephan beruhigte sie: »Sie
sind nicht hier, um uns Übles zu tun .«
»Sie möchte nur wissen«,
stammelte die errötende Frau,
»möchte nur wissen, wie es dem
Papst geht .«
»Nur zu gut !« antwortete lachend Peppone.
Don Camillo fingerte unter
seinem Rock herum; er holte ein Bildchen heraus und reichte es der Greisin, die
es zuerst mit aufgerissenen Augen betrachtete und dann mühsam eine kleine Hand,
die ganz Knöchelchen war, unter den Decken hervorzog und es ergriff.
Dann redete sie aufgeregt der
Tochter ins Ohr hinein.
»Sie sagt, er sei es wirklich«,
übersetzte die Frau mit Angst in der Stimme.
»Der Heilige Vater persönlich«,
bestätigte Don Camillo.
»Papst Johannes der
Dreiundzwanzigste.«
Peppone erblaßte und schaute
besorgt rundum, wobei er den erstaunten Blicken Stephans begegnete.
»Genosse«, gebot ihm Don
Camillo, ergriff ihn bei einem Arm und stieß ihn zur Türe, »geh mit Stephan ins
Erdgeschoß hinunter und schau zu, wie es regnet .«
Peppone versuchte zu
widersprechen, aber Don Camillo machte es kurz.
»Nicht stören, Genosse, wenn du
keine Schwierigkeiten haben willst .«
Don Camillo, Stephans Frau und
die Greisin blieben allein.
»Sag ihr, daß sie ruhig
sprechen kann, denn ich bin Katholik wie sie .« Don
Camillo befahl es ganz entschieden.
Die beiden Frauen wisperten hin
und her, dann berichtete Stephans Gattin:
»Sie sagt, sie danke und segne
Euch. Mit dem Bildnis, das Ihr ihr gegeben habt, fühlt sie sich gefaßter, den
Tod zu erwarten.
Sie hat viel gelitten, als sie
meinen Vater wie einen Hund ohne die letzten Tröstungen sterben sah .«
»Aber ihr habt doch Priester,
die frei umhergehen und bis hierher kommen«, verwunderte sich Don Camillo.
Die Frau schüttelte den Kopf.
»Es scheinen Priester zu sein,
doch hängen sie nicht von Gott ab, sondern von der Partei«, erklärte sie. »Sie
sind nichts für uns Polen !«
Draußen regnete es aus allen
Himmeln.
Don Camillo riß sich sein Wams
vom Leib, entnahm dem falschen Füllfederhalter das Kruzifix mit den faltbaren
Armen, steckte es in einen Flaschenhals und stellte es in die Mitte des
Tischchens an der Wand neben dem Bett der Greisin.
Er holte den Aluminiumbecher
heraus, der ihm als Kelch diente.
Eine Viertelstunde später
stiegen Peppone und Stephan hinauf, da sie durch das lange Schweigen beunruhigt
waren. Sie lauschten an der Estrichtüre und erstarrten: Don Camillo las die
heilige Messe.
Die Alte schaute ihn, die Hände
gefaltet, mit Tränen in den Augen an. Als sie die Kommunion empfangen hatte,
schien es, das Leben fließe plötzlich kräftiger in den ausgedörrten Adern.
» Ite, missa est .. .«
Nach dem Amen sprach die
Greisin erregt ins Ohr der Tochter, die sogleich zu Don Camillo hinübersprang.
»Hochwürden«, keuchte sie,
»verheiratet uns vor Gott! Jetzt sind wir nur vor den Menschen verheiratet .«
Draußen der Blutsturz des
Himmels; anscheinend hatten sich die Wolken von ganz Rußland am Himmel von
Grevinec versammelt.
Es fehlte der Ring, aber die
Greisin streckte ihre Hand aus und der abgescheuerte Ehering, ein dünnes
Ringlein aus Silber, schob sich über den Finger der Tochter.
»Herr«, flehte Don Camillo,
»beachte es nicht, wenn ich einige Worte oder Sätze verschlucke .«
Peppone glich der klassischen
Statue aus Gips.
Don Camillo unterbrach einen
Augenblick den Gottesdienst und stieß ihn gegen die Türe:
»Beeile dich und hole die ganze
Bande hierher !«
Jetzt nahm der Regen rasch ab,
aber Don Camillo war so hurtig wie ein Maschinengewehr: er taufte alle sechs
Kinder mit atemraubender Schnelligkeit.
Und es geschah nicht so, wie er
gesagt hatte, indem er Worte verschluckte oder ganze Sätze übersprang. Er sagte
alles, was er sagen mußte, von der ersten bis zur letzten Silbe. Doch die Kraft
dazu hatte ihm Jesus gegeben.
Vielleicht hatte alles eine
Stunde
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