Gentec X 01 - Das Ende der Menschheit
der von mir gewünschte Effekt ein. Rauch quoll aus dem Schädel des Gendogs, und er krümmte sich, zuckte ein paar Mal und lag dann reglos.
Wenn er jetzt wieder aufstand und weitermachte, wurde ich wahnsinnig. Doch soweit war Gentec doch noch nicht. Keuchend und völlig erschöpft hockte ich am Boden, während der Zug weiterraste und sich immer mehr von dem Hype in Chicago entfernte.
Alptraumartige Gedankengänge gingen mir durch den Kopf. Von Gencoys und Monstern, die sich selbst reparierten und regenerierten, selbst wenn sie so zugerichtet waren wie die von mir erledigten. Von abgetrennten Gliedmaßen, die wieder anwuchsen.
Oder von verstümmelten Körpern, die ihre Extremitäten nachwachsen ließen und ersetzten. Der Fantasie – und der Angst – waren keine Grenzen gesetzt. Und die Menschheit, wenn es so war, war am Ende. Die geheimen Labors von Gentec hatten vielleicht noch nicht alles ausgespuckt, was sie bargen. Und auch da ging die Forschung weiter, rasend schnell, wie es auch bei der Wissenschaft der Menschen gewesen war, als die Entwicklung, die jahrtausendelang gedauert hatte, sich in der Neuzeit dann potenzierte.
Erkenntnisse zogen Erkenntnisse nach sich, und es ging immer schneller. Wie es schien, hatte die Menschheit mit ihrem Forschungs- und Entwicklungsdrang sich selbst den Ast abgesägt. Denn wir – Menschen – aus welchen Gründen auch immer hatten die Gencoys geschaffen.
Gentec war zunächst von Menschen gegründet worden. Unser eigener Fortschritt brachte uns um, und es war nicht die Atombombe, die das schaffte. Wissenschaft und Technik – Gentec – waren außer Kontrolle geraten und zu einer von den Menschen nicht mehr kontrollierbaren Entwicklung geworden.
Einen Selbstläufer nannte man das, ein Prozeß, der von einem gewissen Punkt an nicht mehr zu stoppen war. Und der sich nicht mehr rückgängig machen ließ. Ich verbot mir die trüben Gedanken.
Ich bin keine Psychologin, ich halte mich für kein Genie. Aber ich wusste , dass Hiram Oldwater und die Großen Drei, die Super-Wissenschafter Skaputow, Kaguwara und Gustavsson, der Brain von Gentec, im herkömmlichen Sinn keine Menschen mehr waren.
Sie hatten sich weiter von ihrer Rasse, der menschlichen, entfernt, als man es jemals für möglich gehalten hätte. Sie haßten die Menschen nicht einmal, was grauenvoller als alles andere war, denn Haß war ein menschliches und Menschen nachvollziehbares Gefühl.
Sie wollten sie nur eliminieren und etwas anderes an ihre Stelle setzen – eine neue Rasse, die Gencoys. Ich fühlte mich ungeheuer verlassen, ich weinte, ich gebe es zu. Ich war keine Superfrau, die über allem stand und alles ab konnte, kein eiskaltes Girl.
»Ist denn niemand da, der mir hilft?«, fragte ich. »Gott – kannst du die Menschheit retten?«
Ich war nicht sonderlich fromm, aber religiös erzogen worden. Doch ich erhielt keine Antwort, nur Schweigen. Religion und Philosophie scheiterten hier, sie waren von Menschen geschaffen worden. Die Gencoys brauchten sie nicht. Eine Kälte, eisiger als die des Weltraums, erfüllte mein Innerstes.
Das ist das Ende der Menschheit, dachte ich. Ausgelöscht wird sie sein, von überlegenen Wesen. Doch ich wollte, ich konnte nicht aufgeben, denn das war es, was die Menschen immer auszeichnete und was das Überleben der Menschheit gesichert hatte.
Selbst in den aussichtslosesten Lagen und Situationen gab es immer wieder Menschen, Männer oder Frauen, die niemals aufgaben und die anderen Kraft und Hoffnung vermittelten.
Ich straffte mich, ich wollte nicht kapitulieren, sondern bis zuletzt nach einem Ausweg suchen. Der Spider fiel mir ein, der auf der Hype-Station von Chicago gewütet hatte. Wenn wir so ein Ding für unsere Zwecke einsetzen könnten … Doch das war Träumerei. Aber die geballte, auch die militärische, Macht der Menschheit mußte mobilisiert werden, um der schlimmsten Gefahr ihrer gesamten Geschichte zu begegnen, schlimmer als sämtliche Kriege und Katastrophen. Der Gefahr durch die entartete Wissenschaft und die Gencoys.
*
Ich wusste nicht, wie lange der Zug dahinraste. Ich verlor das Zeitgefühl. Durch das von dem Monster ins Abteildach gerissene zackige Loch orgelte Luft herein. Dann verlangsamte der Zug sein Tempo.
Ich schaute durch die Fenster hinaus und staunte. Der Zug fuhr jetzt in einem ganz normalen Subwaytunnel. Ein U-Bahnzug kam uns auf dem Nachbargleis entgegen. Ich sah in erleuchtete Abteile mit gelangweilt dasitzenden oder stehenden
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