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Gentlemen, wir leben am Abgrund

Gentlemen, wir leben am Abgrund

Titel: Gentlemen, wir leben am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pletzinger
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Serben die Osmanen zurückgeschlagen hätten und so Europa vor den Türken bewahrt? Mika sah in sein Glas. »Und dann greift die NATO Belgrad an? Mit Tomahawk-Bombern?« Ich sah ihn an, und Pavi ć evi ć sah zurück, als wisse ich Bescheid. Ich nickte aus Unwissen, er nickte, weil er sich sicher war.
    »I think I dead in Sydney«, sagte Professor Mika, und dann schüttelte Demirel den Regen aus dem Schirm und nahm einen Schluck von dem Bier, das auf ihn gewartet hatte. »Es kann losgehen«, sagte er, »Bryce Taylor hat für zwei Monate unterschrieben. Wir sind komplett.«



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PLAYOFF-TIME, BABY!

    BERLIN, 30. APRIL 2011
    PLÖTZLICH IST FRÜHLING, plötzlich ist die Zuversicht zurück, schon wieder geht es um alles. Wir sind im Andel’s Hotel an der Landsberger Allee, Konferenzsaal Amethyst mit Blick auf Bahngleise und Ruinen. Im Konferenzsaal nebenan findet ein Full-Tilt-Poker-Turnier statt. Wie vor jedem Heimspiel macht die Mannschaft hier ihren Mittagsschlaf. Heute beginnen die Playoffs, und d lt. Es war ein Kommen und Gehen, sogar der Physiotherapeut wurde ausgetauscht. Marco Pelz für Frank Erdmann.
    Die Saison hat ein Trainerteam zusammengewürfelt, mit dem niemand gerechnet hat. Jetzt sitzen die Coaches um einen weiß gedeckten Tisch und warten auf Kaffee und Kuchen, alle in Anzug und weißem Hemd, die Krawatten hängen am Kleiderständer: Der Israeli Samuel »Muli« Katzurin ist jetzt der Cheftrainer, der Mazedonier Boban Mitev ist sein Assistent. Sie sprechen Englisch, wie unter Pavi ć evi ć nennen sie sich gegenseitig »Coach«. Konsti Lwowsky ist immer noch dabei und schreibt mit Edding die Schlüssel zum Sieg gegen die EWE Baskets Oldenburg auf das Flipchart, rot für die Verteidigung, blau für den Angriff. Professor Mika sitzt immer noch schweigend daneben.
    Playoff-Viertelfinale gegen den Tabellensechsten der Hauptrunde! Die Mannschaft des bosnischen Trainers Predrag Kruni ć hat einen mit sehr guten Einzelspielern bestückten Kader und war erst vor zwei Jahren Deutscher Meister. In der Saison hat Berlin zweimal gewonnen, einmal knapp, einmal deutlich, aber Oldenburg glaubt an seine Chance, schließlich kennen sie die Probleme der Berliner. Der Star der Mannschaft ist der amerikanische Guard Ricky Paulding, ein fantastischer Athlet, der schon seit Jahren in Deutschland spielt. Den Aufbau besorgt der NBA – erfahrene Eddie Gill, unter dem Korb steht der australische Schrank Aron Baynes, auf dem Flügel lauern der erfahrene Litauer Lukauskis und der eiskalte Serbe Bogdanovi ć . »Der hat Eier«, sagt Mithat Demirel, »der hat keine Angst.«
    Oldenburg ist eine Mannschaft, die blitzschnell von Verteidigung auf Angriff umschalten kann. Also schreibt Konsti WE HAVE TO STOP THEIR TRANSITION ! in roten Großbuchstaben auf das Flipchart für die Spieler. Sobald die Oldenburger den Ball bekommen, rennen sie nach vorne, was das Zeug hält, Guards pushing the ball 1-1! , entweder schließen Paulding oder Gill selbst ab oder passen den Ball auf Bogdanovi ć außen, Shooters outside! , oder den nachfolgenden großen Spieler, Fast Trailer! Oldenburg ist eine wahnsinnig schnelle Mannschaft in der Vorwärtsbewegung, aber langsam auf dem Rückweg. WE HAVE TO RUN ! , schreibt Konsti also in blau, (they are not a good transition defense team! --> use it!). Es wird körperlich zur Sache gehen, LET’S ATTACK THEM INSIDE ! (expect a lot of physical fight) und BOX OUT !!!
    Der Oldenburger Coach Kruni ć arbeitet mit Emotionen. Er ist ein Rumpelstilzchen im Anzug, er springt und brüllt und flucht die Seitenlinie entlang. Er arbeitet mit Adrenalin, mit seinem eigenen, mit dem der Mannschaft und dem der Zuschauer. Er gestikuliert, er beschwert sich, er kommt den Schiedsrichtern zu nah. Basketballtrainer dürfen sich nur in ihrer Coaching-Zone vor der Bank aufhalten, aber Kruni ć treibt es manchmal mitten auf das Spielfeld. Er ist seit Jahren erfolgreicher Trainer in Deutschland, er hat Bonn und Oldenburg trainiert und ist 2009 erstmals Deutscher Meister geworden. Sein explosives Gebaren wird von den Gegnern oft als unprofessionell empfunden, sogar als lächerlich. Er legt Wert auf Disziplin, aber steht an der Seitenlinie wie ein Knallfrosch mit glimmender Lunte. Wer gewinnt, hat recht, und wer verliert, muss gehen. Man hört, dass es in dieser Playoff-Serie um seinen Kopf gehe, denn die Saison war für Oldenburg schwierig und dem Sponsor EWE , dem örtlichen Rundumversorger, soll Kruni ć s cholerische

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