Geographie der Lust
bis zu den Leisten, über denen die Schamhaare einen Bart camouflierten, und darüber starrten links und rechts gelbe Raubtieraugen.
»Cazzi piccoli«, bemerkte sie verächtlich und fuhr auf englisch weiter: »Darf ich sie fragen, wie ich zur Ehre komme, von Ihnen zu einer Bonsai-Ausstellung eingeladen zu werden? Entzückend, die zu Zwergen verarbeiteten Bäume. Hat Ihr Glied vielleicht als Modell gedient, Gentlemen?«
Da niemand antwortete, wandte sie sich um und strebte der Tür zu.
Die vier Leibwächter zogen mit einem Ruck den Humphrey-Bogart-Hut nach vorn, überholten sie, blieben wächsern stehen und erhoben die Hände schützend und abwehrend zugleich.
Einer besaß vier Finger an einer Hand, die andern hatten an beiden Händen mehrere Stummel.
»Entzückend«, sagte Laura. »Und nun machen Sie bitte Platz!«
Einer der beiden alten, nackten Männer begann zu sprechen. Sein Englisch klang gehackt und grollend.
»Ich bin Kazuo Iamashi, mein Kollege«, er deutete auf den andern nackten Greis, »ist Akiro Natsuki.«
Beide verbeugten sich, als verbeugten sie sich vor der eigenen Person.
»Man nennt uns Yakuza.«
»Gangster?«
Kazuo Iamashi ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
»Nein. Wir verüben einzig Verbrechen zum Nutzen der geschundenen Gerechtigkeit. Wir sind keine Diktatoren. Wir bestimmen bloß, was die Demokratie auszuführen hat.«
Beide Herren lächelten und verbeugten sich.
»In Ihrer schönen Heimat, Miss Laura Granati, würde man uns als Mafia bezeichnen«, versetzte der andere, Akiro Natsuki.
»Mein Herz weint«, sagte Laura kalt. »Und weiter?«
Sie verbeugten sich.
»Nun«, antwortete Akiro Natsuki, »wir sind vor einem halben Jahr in einen Geschäftsbereich eingestiegen, der noch ziemlich neu ist.« Er schwieg.
Toaka, obschon nackt auf dem Podium, redete so, als handelte es sich um eine der üblichen Geschäftsbesprechungen der ehrenwerten Firmen Toyota, Sony, Minolta oder Nikon.
»Wir sind in den Hauthandel eingestiegen«, erzählte er, guckte zu seinem Glied hinunter, als wäre dort eine baldige Auferstehung zu erwarten. »Nicht in den gewöhnlichen Hauthandel, nein, in den Handel mit tätowierter Haut. Die Nachfrage ist groß. Das Angebot auch. Die Armut überall, Sie verstehen. In Brasilien fühlen wir uns schon wie zu Hause.«
»Dort wimmelt es auch von Japanern?« unterbrach Laura, doch Toaka fuhr unbeirrt fort: »Arme Leute verkaufen ihre Haut, ihre tätowierte Haut für weniger als fünfzig Dollars. Da kein Mensch, sogar in Brasilien nicht, lange von fünfzig Dollars leben kann, brauchen wir selten unsere Zeit mit langem Warten zu verlieren. Übrigens bleibt auch die Haut von Verhungerten oder alten, gebrechlichen Leuten intakt und kann meist zur ursprünglichen Schönheit gestrafft werden. Nach der Enthäutung natürlich.«
»Natürlich«, bemerkte Laura. »Und wer enthäutet wird, muß zuerst einmal gestorben sein.«
»Nicht unbedingt«, erwiderte Toaka lakonisch.
»Doch lassen Sie uns zur Sache kommen –«
»Das ist keine Sache, sondern ein Kunstwerk.«
»Der Künstler, wir wissen«, gab er zur Antwort, »ist kein Geringerer als Omai O'Hara. Kenner in Santa Fe und Kalifornien halten Ihr Kunstwerk, Miss Granati, für das bedeutendste seit dem Bildnis der Mona Lisa.«
»Ich bin ganz Ihrer Meinung, obschon ich der Ansicht bin, daß mein Hintern schöner ist als der Mona Lisas. Nicht zu sprechen von meinem Gesicht. Mona Lisa war eine langweilige Tante mit gleichmäßigen Gesichtszügen. Vermutlich eine uneheliche Cousine Michelangelos.«
»Miss Granati.« Diesmal ergriff Natsuki das Wort, schwieg aber gleich wieder. Toaka fuhr an seiner Stelle fort: »Wir bieten Ihnen eine Million Dollar. Für Ihr Kunstwerk.«
»Sie möchten mich wohl gleich häuten, nicht wahr? Doch bedenken Sie«, Laura guckte auf ihre Uhr, »wenn ich nicht in sieben Minuten, in genau sieben Minuten vor dem Portal des National Arts Club stehe, kann Ihnen selbst der verehrte Kaiser Hirohito nicht mehr helfen. Dann segne Gott Ihr Geschlecht, Gentlemen.«
Wiederum wandte sie sich zum Gehen.
»Miss Granati, wenn Sie mit unseren Bedingungen einverstanden sind, überweisen wir die Summe morgen auf Ihr Konto bei der City Bank. Eine süße Million.«
Laura spielte die Nachdenkliche, nahm ihre Sonnenbrille ab und fragte: »Heißt einer der Herren hier in diesem Saal mit den zauberhaften Bonsaibäumchen vielleicht Naoya Ayakara?«
Schweigen.
Einer der vier Leibwächter trat aus der Reihe und
Weitere Kostenlose Bücher