Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Titel: Geopfert - [Gus Dury ; 1] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
Vom Netzwerk:
und beschleunigtem Schritt an ihnen vorbei, bis sie ein Stück weiter in Sicherheit waren, dann erst schalteten sie wieder einen Gang zurück.
    Ich grinste breit im Vorbeigehen und schenkte ihnen einen kurzen Applaus am Ende der Vorstellung. Sie waren begeistert. Und ich weiß ja auch, ich balanciere selbst auf einem schmalen Grat. Ich ging weiter, vorbei am Schwulenklo. Noch zu früh, um irgendwelche Careless Fisters zu sehen, wie man sie seit George Michaels kleinem Missgeschick nannte.
    Jedes Herrenhaus hat seinen Huggy Bear. Genau wie der Typ aus Starsky and Hutch , die wissen alles. Falls es im East End irgendwelche Geschichten über Billys Ableben gab, dann würde Mac the Knife sie vermutlich kennen.
    Mac ist ein besonderer Typ. In seiner Heimatstadt Glasgow nennt man Typen wie ihn einen chib man. Sehr geschickt mit dem Messer, bis er zum größten Missfallen Ihrer Majestät ein Ding drehte. Nach fast acht Jahren im Riddrie Hilton setzte sich Mac nach Edinburgh ab und blickte nie mehr zurück. Jetzt richtete er seine ganze Aufmerksamkeit auf die eher banale Tätigkeit des Friseurhandwerks. Ein Jahr kümmerte er sich schon um meinen Nacken und die Koteletten, als ich die Geschichte hinter seinem halben Chelsea Smile erfuhr – der Narbe, die an ein breites Lächeln erinnert. So scharf wie seitdem habe ich einem Friseur noch nie auf die Finger gesehen.
    Eine Glocke ertönte, und ein Super-Mario-Doppelgänger begrüßte mich mit einem schwarzen Umhang in der Hand. »Bist du das da unter all dem Zeugs?«
    »Immer noch der Alte, ja.«
    Mac warf sich den Umhang über die Schulter und breitete die Arme aus, einen silbernen Kamm in der einen und eine Schere in der anderen Hand, um mich an sich zu drücken. Ich beugte mich vor und behielt meinen Rücken in den deckenhohen Spiegeln im Auge.
    »Schön, dich zu sehen, Kumpel«, sagte er. »Komm rein, komm rein. Raus aus der Kälte!«
    Macs Geplapper hatte sich seit Jahren nicht geändert. Wie’s aussah, sein T-Shirt ebenfalls nicht – ein Ding aus den frühen Achtzigern mit dem Spruch I Came On Eileen quer über der Brust.
    Ich sagte Danke und nahm ihn beim Wort, was den angebotenen Kaffee betraf.
    Mac schien eine anspruchsvollere Kundschaft im Visier zu haben als bisher. Bei der Entwicklung, die die Stadt nahm, hatte er auch keine andere Wahl, allerdings schien es ihm schwer gegen den Strich zu gehen. Besonders, weil in dem Laden immer noch der umwerfende Duft von Brut 33 waberte.
    Der Kaffee kam mit einer Waffel und ein paar Trauben, drei, um genau zu sein, auf einem Extrateller.
    »Was zum Teufel ist das denn?«, fragte ich.
    »Na, nenn’s eine kleine Beilage.«
    »Ich nenn’s, wie’s ist: beschissen protzig!«
    »Protzig … moi? Du verletzt mich mit deinen rauhen Worten.« Mac lächelte mich im Spiegel an. »So, und was kann ich für dich tun, mein Bester?«
    »Informationen.«
    Sein Kamm schwebte über meinem Kopf, er nahm ihn zur Seite, sagte: »Ich meine den Haarschnitt, Kumpel.«
    »Kurz. Sehr kurz. Und weg mit dem Bart.«
    Er nahm meinen Nackenspoiler und raffte die Haare zu einem ansehnlichen Pferdeschwanz zusammen. »Willst du die Haare hinten geschnitten haben?«
    Ich witzelte. »Wieso? Hast du nicht genug Platz im Salon?«
    »Ha-ha-ha. Scherzkeks.«
    Er fing an zu schneiden.
    Ich fing an zu fragen. »Billy Thompson.«
    »M-hmh.« Mac wirkte unbeeindruckt. So machte er es immer. Wenn er etwas wusste, dann musste man es aus ihm herauskitzeln. Obwohl er seit Jahrzehnten keiner Gang mehr angehörte, ließ er die Leute immer noch glauben, er sei Teil des Milieus und hätte den vollen Durchblick.
    »Eine Schande für den Jungen«, sagte ich.
    »Ach, wir sind doch alle auf derselben Straße unterwegs, Gus.«
    »Die einen schneller als die anderen.«
    »Wie wahr, wie wahr.«
    Ich legte noch einen drauf. »Mac, seine Familie ist völlig am Ende. Hast du Familie?«
    »Gus …« Er hörte auf zu schneiden und sah mich über den Kamm hinweg an. »Du weißt genau, dass ich Familie habe.«
    »Tja«, machte ich ihn an, »dann hör endlich auf mit dem Scheiß und spuck aus, was du weißt.«
    Mac sah in den Spiegel. Sein Mund wurde schmal wie straffer Draht. »Entspann dich«, sagte er leise. Dieser Glasgower Weejie hatte sich offenbar während seines Antiaggressionstrainings Notizen gemacht. Ich kramte meine Zigaretten heraus und zeigte Mac die Schachtel.
    »Oh, sehr gern. Hab schon Ewigkeiten keine Marlboro mehr gequalmt.«
    Wir gaben uns gegenseitig Feuer und fingen

Weitere Kostenlose Bücher