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Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Titel: Geopfert - [Gus Dury ; 1] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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das gerissene Schlitzohr.«
    »Verstanden. Ist Stalin in der Nähe?«
    »Ähh, ja, genau, das ist richtig.«
    Mir kam wieder Milos Veilchen in den Sinn. »Ich schwöre, falls dieser Dreckskerl Ihnen auch nur ein Haar gekrümmt hat –«
    »Nein, Gus, mit mir ist alles in Ordnung – alles bestens!«
    Ich spürte, dass er übertrieb, und er hörte sich ganz klar an, als würde ihn etwas bedrücken. »Ich komme sofort rüber.«
    »Nein! Mein Gott, können Sie mir vielleicht auch mal zuhören? Geht’s mir nicht gut? Ich sage doch nichts anderes, als dass ich gern Ihre fundierte Meinung zu einer Angelegenheit hören möchte.« Er hatte angefangen, seine Worte für meinen Geschmack etwas zu sorgfältig zu wählen. Ich merkte deutlich, dass er Angst hatte, sie könnten ihn womöglich in Schwierigkeiten bringen. »Wenn Sie mal einen Moment Zeit haben, kommen Sie einfach vorbei. Ich erwarte Sie. Und fürs erste sag ich jetzt mal Tschüss.«
    Er legte auf, bevor ich ein weiteres Wort sagen konnte.

D ie Tür zu meiner Wohnung stand offen. Ich dachte gleich, das konnte nur die Folge eines Blackouts sein. Konnte mich nicht erinnern, die Tür nicht zugezogen zu haben, aber, hey, es gibt eine Menge Dinge, die ich durch die Sauferei verloren habe. Drinnen kriegte ich einen Schock: Daran würde ich mich bestimmt erinnern.
    Die Wohnung sah aus wie ein Kriegsgebiet. Das Bett war umgeworfen. Die Matratze lehnte an der Wand. Der Tisch, dessen Beine fehlten, lag in Einzelteilen unter einem Haufen Schutt.
    Komm schon, Gus – denk nach. Es nützte nichts. Falls ich irgendwas damit zu tun hatte, dann wusste ich es nicht mehr.
    Mein Verstand schlug Rad.
    Ich watete durch zerbrochene Teller und zerrissene Kissen, die den Boden bedeckten. Zeitungen zusammen mit kaputten Jalousien in alle Himmelsrichtungen verstreut. Meine eigenen Zeitungsausschnitte, alle meine größten Knüller, in tausend Schnipsel zerrissen. Jeder Bilderrahmen zertreten.
    Ich machte eine Runde, hob im Gehen das eine oder andere auf. Kam zur Überzeugung, dass nicht ich dafür verantwortlich war. Zunächst mal war die Demontage viel zu flächendeckend und umfassend. Dazu hätte ich überhaupt nicht die Energie gehabt.
    Ich drückte die Tür zu und sah es. In dreißig Zentimeter hohen Buchstaben an die Wand geschmiert: »VERSCHWINDE!«
    Ordentlich, fast wie mit einer Schablone, in großen Blockbuchstaben. Ich trat näher, anscheinend mit einem Magic Marker geschrieben. »Was ist nicht in Ordnung mit der guten alten Spraydose?«, sinnierte ich laut.
    Ich drehte eine weitere Runde durch meine Bude. Alles sah ausgesprochen merkwürdig aus. Auf den Kopf gestellt wie aus dem Lehrbuch. Aber – wer würde so etwas tun? Das war kein Gangster-Style. Die hätten die ganze Bude abgefackelt oder mir die Knie zerschossen. Hatte Benny the Bullfrog mir nicht schon durch Mac eine Warnung zukommen lassen? Eine zweite würde hart an Schwäche grenzen. Entweder war Zalinskas weich geworden, was ich bezweifelte, oder ich hatte noch jemand anderen auf der Pelle.
    Ein Klopfen an der Tür fuhr mir wie Nadelstiche unter die Haut. Ich wirbelte herum, schnappte mir ein abgebrochenes Tischbein. Ein improvisierter Knüppel, nicht wirklich der vorschriftsmäßige Baseballschläger, aber doch auch wieder genug, um vernünftig mitspielen zu können. Ich packte fest zu und schlug das Ende in meine geöffnete Handfläche. Richtete mich darauf ein, allen Angreifern ordentlich eins auf die Glocke zu geben.
    Ich ging zur Tür und rief: »Wer ist da?«
    »Ich. Was denkst du denn?«
    »Col, einen Moment, okay?« Ich hatte nicht vor, ihn den Zustand meiner Bude sehen zu lassen. Er hatte auch so schon genug, worüber er sich Sorgen machen musste, ohne das hier seinem Kummer hinzuzufügen.
    »Ich hab hier einen kleinen Lunch für dich.«
    Hörte das Klappern eines Tabletts. Scheiße. Er wollte rein.
    »Äh, könntest du es draußen hinstellen? Ich bin gerade auf dem Weg unter die Dusche.«
    Langes Schweigen, dann hörte ich wieder das Klappern des Tabletts.
    »Wie du willst. Aber lass es nicht kalt werden. Es ist Stovies mit Hack. Du siehst aus, als könntest du ein bisschen was auf die Rippen vertragen.«
    Noch einer, was war los?
    Ich schob meine Finger unter den Bund meiner Jeans. Es war eine 32er, und da war noch Luft drin. Vielleicht hatte ich die eine oder andere Mahlzeit ausgelassen. Gewicht ist eine nationale Manie in Schottland, kein Mensch will einen Schmalhans sehen. Seit wir den Titel

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