George Clooney, Tante Renate und ich (German Edition)
schrecklichen Verdacht auf: Womöglich war die Telefonleitung tot!
Ich sprang aus dem Bett und führte probehalber mehrere Kontrollanrufe vom Festnetz auf das Handy durch – und umgekehrt –, bis mir auffiel, dass auf diese Weise beide Anschlüsse besetzt waren. Erschrocken legte ich auf und rief um Punkt acht Uhr bei der Telekom an, um nachzufragen, ob mein Anschluss auch wirklich einwandfrei funktionierte.
«Was haben Sie denn für ein Problem?», wollte der Mann von der Störungsstelle wissen.
«Ich habe das Gefühl, dass meine Leitung defekt ist», rief ich aufgeregt. «Es knackt immer wieder so komisch.» Schnell raschelte ich mit einem Papierfetzen am Hörer herum. «Hören Sie?»
«Aber Sie können normal telefonieren und verstehen mich jetzt gut, oder?»
Kleinlaut gab ich es zu.
«Dann ist das nur eine kleine sphärische Störung», sagte der Fachmann. «Kein Grund, jemanden vorbeizuschicken!»
Verzweifelt legte ich auf. Ich wollte ja auch nicht, dass irgendjemand vorbeikam. Ich wollte George, verflixt noch mal!
Plötzlich fiel mir etwas neues Schreckliches ein: Ich hatte im Büro jetzt eine andere Telefonnummer. Und die stand nicht auf der Visitenkarte, die ich Mr. Clooney in die Hand gedrückt hatte! Es konnte alles gutgehen, wenn George hier anrief und einfach eine Nachricht auf meinem AB hinterließ. Aber das hatte er bisher nicht getan. Und was, wenn er zu den Menschen gehörte, die Anrufbeantworter hassten und prinzipiell nie eine Nachricht hinterließen?
Nein, darauf konnte ich es nicht ankommen lassen. Ich überlegte gerade, meinen Arbeitsplatz für einige Tage wieder hierherzuverlegen, als Tante Renate mit hochroten Wangen auf mich zusauste und einen Computerausdruck schwenkte.
«Also, ich glaube, mit Krabbenbrötchen wird es was», jubilierte sie. «Schaut mal: Ehrlichkeit, Vertrauen und Respekt sind ihm in einer Beziehung ganz wichtig, und in seiner Freizeit ist er gerne draußen.» Sie tippte auf das Wort «Moppedfahrn». «Toll, was? Und er kann über sich selbst lachen!»
Ich sah vor meinem geistigen Auge, wie meine Tante in einem knallengen und viel zu kurzen T-Shirt hinten auf einer maroden Harley-Davidson hing und sich kreischend an einem fetten, langhaarigen Rocker festklammerte.
Vielleicht könnte man das Szenario für einen Trash-Film verwenden: Nackt unter Krabbenstullen oder Der Fluch der Nordseesnacks .
«Das mit dem Lachen hatte Tornado64 auch geschrieben, oder? Und was hast du meiner Mutter eigentlich erzählt?», fragte ich gereizt. «Die hat mich total zur Schnecke gemacht.»
«Och … nichts Besonderes», wich meine Tante aus. «Nur, äh, dass ich mich jetzt ab und zu mit Männern treffe … Das ist ja wohl nicht verboten, oder?»
«Nein, das ist es nicht. Aber du hättest es ja nicht gerade deiner Schwester auf die Nase binden müssen. Du weißt doch, wie sie ist. Und überhaupt: Vielleicht chattest du erst mal noch eine Weile mit diesem Krabbenbrötchen», schlug ich vor. «Und lernst ihn etwas besser kennen, bevor du entscheidest, ob ihr euch wirklich verabreden wollt.»
«Na ja … das mache ich schon eine ganze Weile», sagte meine Tante quengelig. «Und am Samstag wollen wir uns treffen.»
«Da habe ich keine Zeit», versuchte ich das Vorhaben hinauszuschieben.
«Ich denke auch gar nicht daran, dich noch mal mitzunehmen», sagte Renate. «Ich glaube, du bringst mir Unglück!»
Dieses Gespräch stürzte mich in ein Dilemma:
Wenn ich zu Hause arbeitete, würde der kombinierte Wahnsinn von Tante Renate, ihrem Moppedfahrer und mir in kürzester Zeit zur Implosion des Universums führen – jedenfalls meines persönlichen Universums –, und ich tat wohl besser daran, mich zum Arbeiten in den von Erna Balösius beschützten Teil des Kosmos zu begeben.
Andererseits: Wenn ich nicht zu Hause arbeitete, lief ich Gefahr, Georges Anruf zu verpassen.
Ahhh!
Ich musste eine Lösung finden. Wäre meine Tante noch zurechnungsfähig gewesen, hätte ich sie bitten können, meine Anrufe in meiner Abwesenheit entgegenzunehmen. Aber das war mir zu riskant: Wer weiß, was sie im Chatrausch alles von sich geben würde? Am Ende wäre George so verschreckt, dass ich nie wieder von ihm hören würde.
Aber … den Anrufbeantworter konnte man ja neu besprechen! Von dieser plötzlichen Erkenntnis beflügelt, rannte ich in mein Zimmer und durchsuchte diverse Schreibtischschubläden nach der Gebrauchsanleitung.
Ein Glück, dass ich selten etwas wegschmiss! Ich schlug nach
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