George Clooney, Tante Renate und ich (German Edition)
unter «Ansage aufnehmen». Brav drückte ich alle entsprechenden Knöpfe und sprach meinen Text: «Hallo, hier ist der Anschluss von Eva Schumann. Sollten Sie mich hier nicht erreichen, versuchen Sie es bitte auf meinem Handy oder unter folgender Nummer …»
Wie war noch mal meine neue Büronummer?
Ein Zettel in meinem Geldbeutel brachte Licht ins Dunkel, und ich startete den nächsten Versuch. Beim dritten Mal hatte ich es ohne Stottern und Versprecher geschafft. Na, ging doch. Ich sicherte den Text mit der #-Taste und lauschte der neuen Ansage.
Ich erschrak, als ich meine Stimme hörte. Jetzt stimmte zwar der Text, aber meine Stimme klang wie die eines manisch-depressiven Roboters.
Verzweifelt schaltete ich den Anrufbeantworter aus und setzte mich mit dem Mobilteil in die Küche. Erst mal frühstücken.
Kurz darauf kam Antonia in die Küche. «Du glaubst es nicht, aber es hat geklappt!»
«Du warst mit Nicklas im Bett?»
Antonia wurde rot. «Nein, ich habe mich gestern im Lehrerzimmer noch mal mit Uschi unterhalten!» Sie setzte sich mir gegenüber.
«Und? Hast du was über Ferdinand und seine fiesen Spielchen herausfinden können?»
«Nicht direkt, aber ich glaube, sie ist an sich ganz nett. Ein bisschen naiv, aber keine falsche Zicke. Ist da schon Kaffee drin?»
Ich nickte und schob ihr die Thermoskanne rüber. «Jetzt erzähl schon!»
«Ich habe das alles ganz einfach angeleiert», sagte meine Freundin. «Habe gefragt, ob sie sich denn schon ein bisschen eingewöhnt hat und derlei Sachen, du weißt schon. Und dann habe ich sie gefragt, ob sie sich hier in der Stadt ein Zimmer genommen hat …» Sie klimperte mit den Augen.
«Ja, und was hat sie dann so erzählt?»
«Dass sie einen ganz tollen Typen kennengelernt hat und bald mit ihm zusammenziehen wird.» Sie beugte sich über den Tisch. «Und am kommenden Montag will sie mir ein paar Unterlagen mitbringen über diesen dubiosen Kreis, bei dem sie Mitglied geworden ist.»
«He, an dem Tag bin ich ja bei dir in der Schule und halte meinen Vortrag übers Übersetzen», sagte ich. «Hast du Uschi erzählt, dass du Ferdinand kennst?»
Antonia schüttelte den Kopf. «Ich habe mich erst mal bedeckt gehalten.» Sie nahm eine Tasse und schenkte sich Kaffee ein. «Ich finde nicht, dass wir die Katze aus dem Sack lassen sollten. Wer weiß, welche Infos wir noch brauchen. Nee, ich lasse das mal ganz locker angehen.»
«Und mit Nicklas? Hast du das auch locker angehen lassen?»
Sie nickte. «Ja. Es war ein richtig schöner Abend. Man kann sich wirklich gut mit ihm unterhalten und, äh …»
«Und was?», bohrte ich nach.
«Ihr habt schon recht gehabt. Er ist wirklich ganz schnuckelig.» Sie sah mich an. «So, und jetzt will ich endlich einen ausführlichen Bericht über deinen Mittwochabend: Wie war der Kurs? War er da?»
Ich erzählte die ganze Geschichte, und Antonia hing an meinen Lippen. «Mein Gott», seufzte sie. «Hoffentlich hörst du bald von ihm, du Arme!»
«Du meinst wohl: Hoffentlich hat er nichts mit dieser Rothaarigen laufen!» Ich atmete laut nach den Regeln von Yogi Singh aus. «Ich habe keine Ahnung, was ich davon halten soll.»
«Jetzt warte es doch erst mal ab», sagte Antonia. «Vielleicht meldet er sich heute.»
«Womit wir beim nächsten Problem wären!» Ich erzählte ihr von meinem Kampf mit dem AB.
«Das ist typisch», sagte Antonia. «Sonne und Mars bilden gerade ein Quadrat. Merkur und Neptun ebenfalls. Das bremst alle Vorhaben. Gerade bei solch einfachen Sachen merkt man das enorm.» Sie schaute auf die Uhr. «Ein Glück für dich, dass ich erst zur dritten Stunde in der Schule sein muss. Lass mich es noch mal versuchen, vielleicht klappt es dann!»
Tatsächlich: Antonia sprach meinen Text auf, und die Ansage klang genau so, wie sie sein sollte. Ach, was wäre die Welt ohne Freundinnen!
«Tausend Dank!», sagte ich erleichtert.
«Ich wüsste etwas Besseres.» Sie hievte ihre schwere Schultasche auf den Schreibtisch. «Können wir heute nicht mal Jobtausch machen? Du gehst für mich in die Schule, und ich plaudere ein bisschen mit Erna …»
«Nee, danke», winkte ich ab. «Da vertiefe ich mich doch lieber in mein neues Übersetzungsprojekt.»
Das schön gestaltete Buch, das im Büro auf mich wartete, handelte von Drachen, von denen zum Glück keiner in der Pubertät war.
Nach einer Einführung in die allgemeine Drachenkunde («Ein ängstlicher Drachenforscher wird es nie weit bringen») ging es weiter mit den
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