George Clooney, Tante Renate und ich (German Edition)
riefen Antonia und Bettina, als sie die Tragetasche von Ludwig Beck sahen. «Ist das für die Hochzeit?»
Ich nickte und zog das dunkelrote Etuikleid hervor.
«Wahnsinn!» Antonia strich vorsichtig über den Stoff. «Dazu deine Kaschmir-Stola, und alle Männer liegen dir zu Füßen!»
«Ein ganz bestimmter würde mir schon reichen», sagte ich.
«Ui, das ist noch gar nicht alles, Antonia», rief Bettina und wedelte mit meiner neuen Unterwäsche. «Unsere Eva geht ran!»
«Nicht zu fassen!» Antonia nahm die Spitzenteile ehrfürchtig in die Hand. «Eva», flüsterte sie. «Dass ich das noch erleben darf …»
«Nach diesem Shopping-Event musst du ein paar Sonderschichten einlegen, oder?» Bettina zeigte grinsend auf die Preisschildchen. «Sonst triffst du demnächst nicht nur auf deinen Traumprinzen, sondern auch auf das Limit deines Dispokredits!»
«Wie sieht denn nun die Planung für heute Abend aus?», ignorierte ich den Hinweis.
«Um sieben treffen wir uns mit Uschi in der Brasserie», sagte Antonia und hibbelte aufgeregt herum. «Und danach wollen wir noch etwas trinken gehen. Bist du dabei?»
Ich nickte. «Klar!»
«Und Erna hat angerufen», sagte Bettina. «Sie will sich heute Abend unbedingt auch noch mit uns treffen.»
«Heute Abend? Hat das nicht Zeit bis morgen?»
Bettina schüttelte den Kopf. «Sie meinte, wir sollten das Eisen schmieden, solange es heiß ist, und sie hätte einen Plan. Sie erwartet uns ab neun im Café Zentral.»
«Na gut», sagte ich und schnappte mir die Einkaufstüte. «Aber vorher müssen wir uns noch um Tante Renates Kreditkarten kümmern.»
Renate war ein Paradebeispiel dafür, was die Biochemie der Liebe alles mit einem Menschen anstellen kann. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass sie verliebt war, hätte ich geschworen, sie sei auf einem Drogentrip. Meine Tante tänzelte durch die Wohnung.
«Hat dir jemand was in den Essigtrunk getan?», fragte ich.
Tante Renate breitete beide Arme aus, als wollte sie die ganze Welt umarmen. «Un-sinn! Ich gehe mit Vinzenz in die Spiel-bank!», sang sie aufgedreht. «Nach Bad Wies-see! Ist das nicht romantisch?»
«Wahnsinnig!», sagte Bettina und zwinkerte mir zu. «Wann soll es denn losgehen?» Sie nahm Renate sanft am Ellenbogen und führte sie in die Küche. «Komm, wir setzen uns mal, und du erzählst mir, was ihr vorhabt.»
«Es ist alles sooo aufregend», hörte ich meine Tante juchzen.
Oh ja, das würde es werden, ganz bestimmt. Aber sicher nicht so, wie Renate sich das im Moment ausmalte.
Ich lauschte dem Gespräch der beiden noch kurz, dann schlich ich mich ins Gästezimmer und suchte Renates Handtasche. Ich griff hinein und hatte gleich den Geldbeutel in der Hand. Zwei Kreditkarten lachten mich an und waren im nächsten Moment in der Gesäßtasche meiner Jeans verschwunden. Die fünfzig Euro Bargeld ließ ich drin. Die konnten sie ruhig verzocken. Ich legte alles so hin, wie ich es vorgefunden hatte, und verließ das Zimmer. Bestes Timing, denn in diesem Augenblick klingelte es an der Tür, und Renate rannte mir entgegen.
«Wünsch mir Glück, Evchen!», rief sie. «Deine Tante wird heute die Bank sprengen!» Sie fasste mich kurz am Oberarm. «Grundgütiger. Wenn ich gewinne, machen wir alle zusammen eine ganz tolle Sause!»
«Alles glattgegangen?», fragte Bettina, als ich mein neues Kleid in den Schrank hängte.
Ich nickte und zeigte auf die Kreditkarten, die jetzt auf meinem Nachtschränkchen lagen.
«Perfekt. Jetzt müssen wir uns nur noch überlegen, wo wir sie dann wiederfinden. Hat dein George-Adrian sich eigentlich noch mal gemeldet?»
«Kein bisschen», sagte ich betrübt. «Der hat mich wahrscheinlich längst abgeschrieben, weil ich nie zurückgerufen habe. Scheißanrufbeantworter.»
Ich bedachte den unzuverlässigen Apparat mit einem bösen Blick und stand schlagartig unter Strom. Das Lämpchen blinkte!
«Eva, ich bin’s, Adrian. Ich bin schon ganz verzweifelt! Die Arbeit nimmt kein Ende, und ich hoffe, dass du mich nicht schon abgeschrieben hast. Was ist mit deinem Handy los? Ich habe mehrmals versucht dich zu erreichen, aber es scheint nicht zu funktionieren.»
Entsetzt drückte ich die Pausentaste und wühlte in der Handtasche nach meinem Handy: Der Akku war leer. Genauso leer wie mein Hirn.
Verdammt, Eva, bist du denn gar nicht mehr zu retten? Ist nicht alles ohnehin schwierig genug?
Ich drückte erneut auf «Play» und bekam Gänsehaut: «Ich melde mich Samstag bei dir. Dann kann ich
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