George, Elizabeth
anderen gegenüber nichts davon erwähnt hatte, hatten
sie es aus seinem Verhalten schließen können.
Bis zum späten Nachmittag
hatten keine neuen Informationen aus dem Krankenhaus über Yukio Matsumotos
Zustand vorgelegen, und so hatten sie sich einfach gesagt, keine Nachricht ist
eine gute Nachricht. Man hatte die Spurensicherung in die Wohnung des Geigers
geschickt und den blutverkrusteten Gegenstand aus dem Waschbecken für eine
genaue Analyse ans Labor übergeben.
Alles fügte sich zusammen:
Marlon Kays Schnitzwerkzeug war sauber, ebenso das Werkzeug, das sie in der
Künstlerwerkstatt in der Nähe von Clapham Junction sichergestellt hatten.
Frazer Chaplins Alibi für den
Mordtag war von seinen Kollegen an der Eisbahn, von seinen Kollegen im Dükers und von Bella McHaggis
bestätigt worden. Mrs. McHaggis' Alibi war von einem Yogastudio und von ihren
Nachbarn bestätigt worden. Es war immer noch nicht gänzlich geklärt, ob und wo
Abbott Langer mit den Hunden draußen gewesen war, und dass Paolo di Fazio sich
in der Jubilee Market Hall aufgehalten hatte, konnte für jeden und keinen Tag
gelten, da dort niemand wirklich auf so etwas achtete. Aber wahrscheinlich war
er dort gewesen, und »wahrscheinlich« reichte Superintendent Ardery. Sie war
sich ziemlich sicher, dass man gegen Yukio Matsumoto Anklage erheben würde,
sobald der endgültige Bericht des Labors vorlag.
Lynley hatte seine Zweifel
daran, doch er sagte nichts. Als die Besprechung beendet war, trat er an die
Magnettafeln und studierte mehrere Minuten lang die Aufzeichnungen. Auf ein
Foto konzentrierte er sich besonders, und er nahm eine Kopie davon mit, als er
die Victoria Street verließ und nach Chelsea fuhr anstatt nach Hause.
St. James traf er nicht an,
dafür aber Deborah, die ihn ins Wohnzimmer führte. Dort hatte sie für den
Nachmittagstee gedeckt, aber nichts war zum Verzehr gedacht. Sie überlege, ob
sie sich der Lebensmittelfotografie widmen solle, erklärte sie ihm. Als man zum
ersten Mal mit dem Vorschlag an sie herangetreten sei, habe sie es für »eine
Beleidigung meiner hehren Ziele betrachtet«, sagte sie. »Aber da ich mir mit
dem Verfolgen meiner hehren Ziele keine goldene Nase verdienen kann und da mir
die Vorstellung widerstrebt, mich vom armen Simon aushalten zu lassen, bis ich
altersschwach bin, habe ich mir gesagt, dass das Fotografieren von
Lebensmitteln vielleicht genau das Richtige für mich sein könnte, bis ich als
die neue Annie Leibovitz entdeckt werde.«
Auf diesem Gebiet, erläuterte
sie ihm, gehe es vor allem um Beleuchtung, Requisiten, Farben und Formen.
Zusätzlich müsse man bedenken, dass man die Bilder nicht überlade - dass man
sie so gestalte, dass der Betrachter Teil der Szenerie würde und dass man die
Speisen zwar in den Mittelpunkt rücken, aber dabei die Stimmung, die das Bild
ausstrahlen sollte, nicht außer Acht lassen dürfe.
»Ich probiere derzeit nur wild
herum«, gestand sie. »Ich würde ja vorschlagen, dass wir beide uns das Zeug
einverleiben, wenn ich fertig bin, aber ich kann die Scones nicht empfehlen,
die habe ich nämlich selbst gebacken.«
Lynley sah, dass sie eine sehr
ansprechende Szenerie geschaffen hatte, ein gedeckter Tisch wie im Ritz mit
allem Drum und Dran, von einem silbernen Tablett mit Sandwiches bis zu einem
silbernen Schälchen, in dem sich ein Berg Sahne türmte. In der Ecke stand sogar
eine Flasche Champagner in einem Sektkübel, und während Deborah daherplauderte
und ihm etwas über Perspektiven erklärte und die Kunst, es so aussehen zu
lassen, als wären die Erdbeeren mit glitzernden Wassertropfen überzogen, wurde
ihm klar, dass sie krampfhaft bemüht war, wieder so etwas wie Normalität in
ihre Beziehung zu bringen.
»Es geht mir gut, Deb«,
unterbrach er sie. »Es ist schwierig, was ja nicht anders zu erwarten war,
aber ich komme zurecht.«
Deborah sah weg. Sie
arrangierte eine Rose in einer schlanken Vase neu, ehe sie leise antwortete:
»Sie fehlt uns fürchterlich. Vor allem Simon. Er spricht nicht darüber. Ich
glaube, er hat Angst, er könnte damit alles nur noch schlimmer machen.
Schlimmer für mich und für ihn. Das ist natürlich Unsinn. Wie könnte es
schlimmer sein? Aber es ist alles ein großes Durcheinander.«
»Wir vier waren schon ein
eigenartiges Knäuel, nicht wahr?«, sagte er.
Sie blickte auf, antwortete
jedoch nicht.
»Es wird sich alles wieder
entwirren«, sagte er. Er wollte ihr gern sagen, dass die Liebe etwas Seltsames
war, dass sie
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