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George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
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wertvolle Rassekatzen handelte,
die im Schaufenster in einem Käfig steckten. Vor dem Käfig allerdings stand die
vierjährige Tenille Cooper, die den Kätzchen zusah, während ihre Mutter in nur
fünf Metern Entfernung Hundefutter kaufte. Sowohl Reggie als auch Michael - die
unabhängig voneinander im Beisein eines Elternteils und einer Sozialarbeiterin
verhört wurden - sagten aus, dass lan Barker die kleine Tenille bei der Hand
nahm und rief: »Die ist doch noch besser als 'ne Katze, oder?«, und zwar in der
eindeutigen Absicht, das Mädchen mitzunehmen. Diese Absicht wurde von Adrienne,
der Mutter der Kleinen, vereitelt, die die Bande aufgebracht zur Rede stellte.
Sie fragte die Jungen, warum sie nicht in der Schule seien, und drohte, nicht
nur den Sicherheitsdienst zu rufen, sondern auch die Schule und die Polizei zu
informieren. Später sollte sie eine entscheidende Rolle bei der Identifizierung
der Jungen spielen: Als ihr auf dem Polizeirevier sechzig verschiedene Fotos
vorgelegt wurden, konnte sie mühelos alle drei benennen.
    Eines muss allerdings
festgehalten werden: Hätte Adrienne wirklich den Sicherheitsdienst gerufen,
wären die Jungen John Dresser möglicherweise nie begegnet. Doch ihr Versäumnis
- wenn man überhaupt von einem Versäumnis sprechen kann, denn wie hätte sie
ahnen können, welche entsetzlichen Ereignisse sich anbahnten? - ist gering zu
bewerten angesichts des Fehlverhaltens all jener Personen, die später einen
verzweifelten John Dresser in Begleitung der drei Jungen gesehen haben mussten
und dennoch keinerlei Anstalten machten, die Polizei zu verständigen oder das
Kind aus den Händen der Jungen zu befreien.
     
    2
     
    »Ich nehme an, Sie sind im
Bilde über das, was DI Lynley widerfahren ist«, sagte Hillier, und Isabelle
ließ sowohl den Mann als auch die Frage auf sich wirken, ehe sie antwortete.
Sie befanden sich in seinem Büro bei New Scotland Yard, von dessen Fenstern
aus man einen Blick auf die Dächer von Westminster und einige der teuersten
Immobilien des Landes hatte. Sir David Hillier stand hinter seinem gigantischen
Schreibtisch, und er wirkte frisch und gepflegt und erstaunlich fit für einen
Mann seines Alters. Sie schätzte ihn auf Mitte sechzig.
    Er hatte sie aufgefordert,
Platz zu nehmen, ein ziemlich cleverer Schachzug, wie sie fand. Er wollte sie
seine Dominanz spüren lassen für den Fall, dass sie sich ihm überlegen fühlen
könnte. In körperlicher Hinsicht natürlich. Es war unwahrscheinlich, dass sie
auf die Idee kam, sich dem Assistant Commissioner der Metropolitan Police in
irgendeiner anderen Weise überlegen zu fühlen. Aber sie überragte ihn um zehn
Zentimeter - um mehr, wenn sie hohe Absätze trug -, nur war das auch schon
alles, was sie ihm voraushatte.
    »Sie meinen«, sagte sie, »was
Inspector Lynleys Frau widerfahren ist? Ja. Das weiß ich. Ich nehme an, jeder
bei der Polizei weiß das. Wie geht es ihm? Wo ist er?«
    »Immer noch in Cornwall,
soweit ich informiert bin. Aber das Team will ihn wieder hierhaben, und ich
schätze, das werden Sie zu spüren bekommen. Havers, Nkata, Haie... Sie alle.
Selbst John Stewart. Alle, von den Detectives bis hin zu den Zivilen. Sogar die
Pförtner, vermute ich. Er ist sehr beliebt.«
    »Ich weiß. Ich hatte bereits
das Vergnügen. Er ist ein echter Gentleman. Das dürfte die zutreffende
Bezeichnung sein, nicht wahr? Gentleman.«
    Hillier musterte sie auf eine
Weise, die ihr nicht gefiel, so als würde er sich seine eigenen Gedanken machen
über das Wo und Wie ihrer Bekanntschaft mit Detective Inspector Thomas Lynley.
Sie zog in Erwägung, ihn über die Begebenheit aufzuklären, entschied sich
jedoch dagegen. Sollte der Mann denken, was er wollte. Sie hatte die Chance,
den Job zu bekommen, den sie angestrebt hatte, und jetzt kam es nur noch darauf
an, ihm zu beweisen, dass sie es verdient hatte, die Stelle als ständiger und nicht nur als kommissarischer Superintendent zu übernehmen.
    »Aber sie sind alle Profis,
sie werden Ihnen das Leben nicht schwer machen«, sagte Hillier. »Dennoch gibt
es unter ihnen starke Loyalitäten. Manche Dinge halten sich eben hartnäckig.«
    Und manche ganz besonders,
dachte sie. Sie fragte sich, ob Hillier vorhatte, sich zu setzen, oder ob das
ganze Gespräch nach dem Prinzip Direktor/renitente Schülerin ablaufen würde,
wie seine Haltung anzudeuten schien. Und sie fragte sich, ob sie womöglich,
indem sie sich hingesetzt hatte, einen professionellen Fauxpas begangen

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