George, Elizabeth
behauptete Michael Spargo, lan habe deswegen die
beiden anderen »bei dem Wachmann verpfiffen« - eine Anschuldigung, die lan entschieden
bestritt. Aber auf welche Weise auch immer der Angestellte auf die drei
aufmerksam wurde: Sie entzogen sich seiner weiteren Beobachtung, indem sie
flüchteten und in den Ramschladen weiterzogen.
Auch heute noch wird in diesem
Laden von Kleidung bis hin zu Tee alles zu Schleuderpreisen verkauft. Die Gänge
sind eng, die Regale hoch, Wühltische quellen über mit Socken, Schals,
Handschuhen und Schlüpfern. Im Angebot befinden sich Lebensmittel mit
abgelaufenem Verfallsdatum, billige Imitate, Waren zweiter Wahl und chinesische
Importe, und es scheint keine Warenbestandskontrolle stattzufinden, außer dass
der Ladeninhaber ein offenbar perfektes System entwickelt hat, sich sein
Sortiment zu merken.
Michael, lan und Reggie
betraten den Laden mit der Absicht, etwas zu stehlen, vermutlich um sich für
den Rauswurf aus der Spielothek schadlos zu halten. Das Geschäft verfügte über
zwei Videokameras, die allerdings bereits seit zwei Jahren nicht mehr
funktionstüchtig waren. Dies war bei den Kindern der angrenzenden Viertel, die
den Laden regelmäßig heimsuchten, allgemein bekannt, lan Barker trieb sich
sogar so häufig dort herum, dass der Eigentümer ihn kannte, wenn auch nur mit
Vornamen.
In dem Laden stahlen die
Jungen eine Haarbürste, eine Tüte mit Feuerwerkskörpern und ein Paket
Filzstifte. Dies scheint jedoch entweder nicht ausgereicht zu haben, ihre
Aggressionen zu befriedigen, oder es bot ein zu geringes Maß an Nervenkitzel,
sodass sie nach Verlassen des Ladens als Nächstes einen Imbissstand im Zentrum
der Passage ansteuerten. Dem Besitzer, einem siebenundfünfzigjährigen Sikh
namens Wallace Gupta, war Reggie Arnold bereits seit Längerem bekannt. Die
Befragung Mr. Guptas - die erst zwei Tage später durchgeführt wurde, was
einiges zu denken gibt - ergab, dass er die Jungen aufforderte, augenblicklich
zu verschwinden, andernfalls werde er den Sicherheitsdienst verständigen,
woraufhin er von den Jungen im Gegenzug als »Paki«, »Wichser«, »Stricher«,
»Ficker« und »Turbanarsch« beschimpft wurde. Als die drei sich nicht von der
Stelle rührten, nahm Mr. Gupta aus einem Fach unter seiner Kasse eine mit
Bleichmittel gefüllte Sprühflasche - die einzige Waffe, mit der er sich
verteidigen oder die Jungen vertreiben konnte. Die Jungen, wie lan Barker stolz
zu Protokoll gab, lachten den Mann aus und schnappten sich fünf Tüten Kartoffelchips
(von denen später eine auf dem Gelände des Dawkins-Gebäudes gefunden wurde),
was Mr. Gupta veranlasste, seine Drohung wahr zu machen. Er betätigte die Sprühflasche,
und das Bleichmittel traf lan Barker an Wange und Auge, Reggie Arnold an der Hose
und Michael Spargo an Hose und Anorak.
Michael und Reggie begriffen
schnell, dass ihre Schulhosen so gut wie ruiniert waren, dennoch reagierten sie
auf Mr. Guptas Angriff bei Weitem nicht so heftig wie lan. »Der wollte den Paki
fertigmachen«, erklärte Reggie Arnold bei seinem Verhör. »Der is total
durchgedreht. Er wollte alles kurz und klein schlagen, aber ich hab ihn
aufgehalten, ehrlich« - eine Behauptung, die jedoch durch keinerlei Tatsachen
gestützt wird.
Es ist allerdings zu vermuten,
dass lan Schmerzen hatte, und unfähig, mit der Situation angemessen umzugehen
(offenbar suchten die Jungen keine öffentliche Toilette auf, um das
Bleichmittel von lans Gesicht zu waschen), machte er Reggie und Michael für seine
missliche Situation verantwortlich.
Vielleicht um lans Wut zu
besänftigen und nicht am Ende noch Prügel von ihm zu beziehen, machte Reggie
ihn auf die Zoohandlung Jones-Carver aufmerksam, in deren Schaufenster drei
Perserkätzchen auf einer Kletterlandschaft herumtollten. Auf die Frage, was ihn
zu den Katzen hingezogen habe, reagierte Reggie ausweichend, behauptete jedoch
später, lan habe vorgeschlagen, eines der Kätzchen zu stehlen, um sich damit
»ein bisschen Spaß« zu machen, lan stritt dies während des Verhörs ab. Michael
Spargo dagegen berichtete, lan habe gesagt, sie könnten die Katze »an ein Brett
nageln wie Jesus« oder ihr den Schwanz abschneiden. »Er meinte, das war doch
geil, das hat er gesagt.« Es ist kaum noch zu ermitteln, wer in dieser Situation
was vorgeschlagen hat, denn je näher das Thema John Dresser rückt, umso
unpräziser werden die Aussagen.
Folgendes ist bekannt: An die
Tiere war nicht heranzukommen, da es sich um
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