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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
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nicht so kraß ausgedrückt, und vielleicht lasse ich
mich in einer stupiden Angst gehen.»
    Sein Gesicht hatte sich verfinstert;
er sagte mit veränderter Stimme: «Nein, weit davon entfernt! Wenn sie dazu
fähig war, es Ihnen zu sagen, möchte ich keinen Pfennig dagegen wetten, daß
sie imstande ist, bei der nächsten Gelegenheit, wenn Aubrey sie wütend macht, es
auch ihm selbst zu sagen.»
    «Das ist es ja, was ich fürchte,
aber kann denn ein Mensch wirklich so infam grausam sein?»
    «O Gott, ja! Diese Beißzange würde
es zwar kalten Blutes wohl nicht tun, aber ich habe Ihnen, meine kleine
Unschuld, schon einmal gesagt, daß Sie diese Sorte Frauen nicht kennen. Frauen
von unbeherrschter Leidenschaft sind capable de tout! Sowie sie ihre
Fassung verlieren, sagen sie etwas – und finden sogar noch eine Ausrede für
das, was sie mit aufrichtigem Abscheu verurteilen würden, wenn es aus dem Mund
anderer käme!» Er hielt inne und prüfte ihr Gesicht mit einem Blick, der
plötzlich hart und düster geworden war. «Was hat sie Ihnen noch gesagt?»
fragte er abrupt. «Sagen Sie es mir lieber gleich!»
    «Nun ja – ich möchte ja, aber Sie
wollen doch bestimmt nicht, daß ich Ihnen eine Liste boshafter Sachen
wiederhole, die wirklich Nichtigkeiten sind?»
    «Nein – damit verschonen Sie mich!
War dieser Hieb gegen Aubrey wirklich alles?»
    «Er war genug! Damerel, wenn Sie
wüßten, was für Qualen der Junge ertragen hat, wie er sich selbst haßt – er hat
es nie erwähnt, man konnte es nur erraten! All das Zurückschrecken vor Fremden,
die gräßliche Angst vor Mitleid oder vor einem solchen Ekel, wie ihn Charlotte
zu verbergen sucht ...»
    Er unterbrach sie in ihrer Erregung
und sagte: «Ich weiß. Ich halte es für unwahrscheinlich, daß diese Frau so tief
sinkt, falls sie nicht außerordentlich gereizt wird – aber der Junge ist
abnormal empfindlich. Soll ich ihn Ihnen abnehmen? Ich habe ihm schon gesagt,
daß er in die Priory übersiedeln kann, wann immer er will. Seine Antwort war
zwar nicht elegant, aber machte ihm wirklich alle Ehre. Er neigte sehr dazu,
mir die Nase abzubeißen – wollte wissen, ob ich ihn allen Ernstes dazu
auffordere, sich zu drücken und es Ihnen zu überlassen, der Wucht des Angriffs
standzuhalten! Es war kaum der geeignete Moment, ihm klarzumachen, daß die
Wucht geringer würde, wenn er sich wirklich drückte, aber ich kann es immer
noch tun, und werde es auch, sowie Sie mich dazu ermächtigen. Die einzige
Schwierigkeit dabei ist, ihm die wahre Ursache zu verschweigen, aber ich nehme
an, daß ich auch die bewältigen kann.»
    Sie streckte ihm fast unbewußt die
Hand hin und sagte scherzend, um ihre tieferen Gefühle zu verbergen: «Was für
ein guter Freund Sie doch sind, verruchter Baron! Wo wären wir bloß in dieser
Klemme, wenn wir Sie nicht hätten? Ich weiß, ich kann, wenn es zum Ärgsten
kommt, Aubrey zu Ihnen schicken. Ich versichere Ihnen, gerade dieser Gedanke
hat mich davor gerettet, wahnsinnig zu werden! Im Notfall werde ich nicht
zögern, Ihr Angebot anzunehmen – hat sich Ihnen schon je einmal jemand derart
skandalös aufgedrängt? Aber noch ist der Notfall nicht eingetreten – wird es
vielleicht nie, wenn sich Aubrey taub stellt bei dem, was nur gesagt wird, um
zu ärgern und zu sticheln. Es ist nicht meine Absicht, mich Ihnen
aufzudrängen, bevor ich nicht unbedingt muß!»
    Seine Hand hatte sich um die ihre
geschlossen, und er hielt sie immer noch, aber in einer Umklammerung, die sie
als seltsam starr empfand. Sie schaute ihn fragend an und sah einen
eigenartigen Ausdruck in seinen Augen und um seinen Mund den bitteren Hohn der
Selbstverspottung. Ihre Bestürzung mußte sich in ihrem Gesicht gemalt haben,
denn der Hohn verschwand, er lächelte und sagte leichthin, während er ihre Hand
freigab: «Den möchte ich sehen, der sich mir aufdrängen könnte! Ich wäre
glücklich, Aubrey in der Priory zu haben. Ich habe den Jungen gern, und er ist
mir wirk lich keine Last, wenn es das ist, was Sie bedrückt. Niemand kann ihm
vorwerfen, daß er ein schwieriger Gast wäre! Lassen Sie ihn zu mir ziehen, wann
immer Sie wollen, und so lange bleiben, wie es euch beiden paßt!»
    «Und Ihnen solcherart geradezu eine
Gunst erweisen!» sagte sie lachend. «Danke! Ich glaube nicht, daß es für sehr
lange wäre. Lady Denny
sagt mir, Sir John hörte von Mr. Appersett, er habe vor, noch vor Mitte nächsten Monats zu
uns zurückzukehren. Ich habe den Verdacht, daß sein Vetter –

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