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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
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beobachtete sie mit einem seltsamen Lächeln
in den Augen, so daß sie sich sehnte, ihre Arme um ihn zu legen – denn genauso,
dachte sie, lächelt man, wenn man nur mehr an eine liebe Erinnerung denkt.
    Als Imber die Äpfel und Nüsse auf
den Tisch gesetzt und sich endgültig zurückgezogen hatte, sagte Damerel: «Und
jetzt, Venetia, erzähl mir, was geschehen ist, das dich veranlaßt hat, diesen
verrückten Schritt zu unternehmen!»
    «Will ich», antwortete sie. «Aber
zuerst, mein lieber Freund, habe ich dir eine Frage zu stellen! Warum hast du
mir nie erzählt, daß meine Mutter nicht tot, sondern sogar sehr lebendig ist?»
    Er zerdrückte eben eine Walnuß
zwischen seinen langen Fingern, schaute aber daraufhin auf und sagte: «Also
hast du das herausgefunden, ja?»
    «Das», sagte Venetia streng, «ist
keine Antwort!»
    Er zuckte die Achsel. «Es stand mir
nicht zu, dir zu erzählen, was du offenkundig nicht erfahren solltest. Wer hat
es dir erzählt? Deine Tante? Sehr vernünftig von ihr! Ich hoffte, sie würde es
tun, denn du hättest es eventuell auf eine Art entdecken können, die dich
entsetzt hätte.»
    «Nun, genauso habe ich es entdeckt!
Es war sicherlich eine Überraschung für mich – aber ich hatte es schon fast
erraten, bevor die arme Tante Hendred gezwungen war, mir das Ganze zu erzählen.
Ich habe sie im Theater gesehen, vorgestern.»
    «Teufel!» rief er stirnrunzelnd aus.
«Ich habe gemeint, sie hätte sich für ständig in Paris niedergelassen!»
    «Hat sie auch», antwortete Venetia
und streckte die Hand nach der Nuß aus, die er eben geschält hatte. «Danke! Sie
mußte nach London kommen, um sich einen neuen Reitanzug machen zu lassen. Sie
erzählte mir, daß kein Franzose Reitanzüge so gut machen kann wie ein
englischer Schneider.»
    Er sah plötzlich verblüfft aus. «Sie
erzählte dir? Du hast mit ihr gesprochen?»
    «Mit ihr gesprochen? Aber natürlich!
Ich habe sie im Pulteney besucht, und ich kann dir nicht beschreiben, wie lieb
sie war – und Sir Lambert dazu, der ein goldiger
Mensch ist, muß ich wirklich sagen! Stell dir nur vor! Er ging den ganzen Weg
bis zum Ende der Bond Street mit mir, und als wäre das noch nicht genug, kaufte
er mir diese entzückende Brosche! War das nicht rührend von ihm? Er erzählte
mir, er wünschte, ich wäre seine Tochter, und ...»
    «Das glaube ich!» unterbrach sie
Damerel wütend.
    «– und das wünsche ich mir auch»,
fuhr Venetia heiter fort, «denn meinen eigenen Vater hatte ich nicht halb so
gern!»
    «Willst du mir etwa erzählen»,
fragte Damerel, «daß deine Tante nicht mehr Verstand hatte, als dir etwas zu
erlauben, das, wie jeder außer einem Grünschnabel weiß, genügt, jegliches
Klatschmaul in der Stadt in Bewegung zu setzen? O mein Gott!»
    «Du mußt meine Tante wirklich
kennenlernen», sagte Venetia. «Ich bin überzeugt, ihr würdet euch wunderbar
vertragen, denn ich sehe, du hast genau dieselben Ansichten wie sie! Weißt du,
es war mir immer ziemlich rätselhaft – das heißt, bevor ich von der Existenz
meiner Mutter wußte –, warum Tante mir ewig erzählte, ich müßte äußerst korrekt
und steif sein, wegen meiner < Situation > . Und obwohl sie darauf aus war,
einen respektablen Gatten für mich zu finden, konnte ich doch sehen, daß sie
dachte, es würde eine sehr schwere Aufgabe sein. Es schien mir etwas seltsam,
denn ich bin kein Abschreckungsmittel und keinesfalls arm wie eine Kirchenmaus.
Natürlich habe ich gemerkt, wie es eigentlich war, als ich die Wahrheit über
Mama erfuhr. Ich muß gestehen, Damerel, ich wünschte, du wärst aufrichtig zu
mir gewesen – aber ich vermute, du hattest das Gefühl, daß du das nicht
konntest.» Sie fügte nachdenklich hinzu: «Nein, wirklich, das konntest du auch
nicht! Es war eine höchst peinliche Klemme für dich!»
    «Was, zum Teufel, willst du damit
sagen?» fuhr sie Damerel an, in einer derart unheilverkündenden Stimme, daß
jedes andere Frauenzimmer erbebt wäre.
    Venetia zeigte ihm ein Gesicht süßer
Unschuld. «Nun, nur, daß ich wirklich verstehe, wie sehr schwierig – ja, ganz
unmöglich es für dich war, mir zu erklären, daß es für einen Damerel einfach
nie und nimmer ginge, eine Tochter der Lady Steeple zu heiraten. Ich glaube
jetzt, daß du es wohl versucht hast, ein- oder zweimal, mir einen Wink zu
geben, aber ...»
    «Versucht, es zu – wie wagst du
nur?» sagte er wutentbrannt. «Wie wagst du nur, Venetia?! Wenn du dir
einbildest, ich habe dich gehen

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