Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
Vom Netzwerk:
Geschmack und Empfindsamkeit abstoßend
waren. Aber er schrak nicht davor zurück – er biß die Zähne zusammen und ritt
zur Priory, nicht in einem Geist des Rittertums, wie ihn Oswald Denny der
Aufgabe entgegengebracht haben würde, aber von der Entschlossenheit eines
nüchternen Mannes beseelt, den Ruf der Dame zu schützen, die er dazu erwählt
hatte, seine Braut zu werden. Im besten Fall hoffte er, in ihr ein Gefühl für
ihre Unschicklichkeit zu erwecken; im schlimmsten Fall mußte er Damerel dazu
bringen, Venetias wahre Umstände präzise zu verstehen. Diese Aufgabe konnte
nicht anders als höchst unangenehm für einen Mann sein, der stolz auf sein
korrektes, wohlgeregeltes Leben war; und es konnte ihn
eventuell, wenn Damerel sich wirklich so wenig um die öffentliche Meinung
kümmerte, wie es von ihm hieß, genau in die Art Skandal stürzen, die zu
vermeiden ihn seine Veranlagung drängte. Es fehlte ihm keineswegs an Mut, aber
er hatte nicht den leisesten Wunsch, was immer die Beleidigungen Damerels sein
mochten, sich eines Morgens früh, mit einer Pistole in der Hand und zwanzig
Meter kalter Erde zwischen ihnen, vor Seiner Lordschaft aufzustellen. Wenn es
dazu kam, würde das nur Aubreys Rücksichtslosigkeit und Venetias
unverbesserlicher Unvorsichtigkeit zu danken sein, die ihn dann in eine
Position gezwungen hätten, aus der er sich als Ehrenmann nicht zurückziehen
konnte – selbst wenn er in Betracht zog, daß sie verdient hatte, was für Übel
auch immer sie befiel, indem sie die Grenzen strengen Anstandes überschritten
und damit einen Mann wie Damerel einen falschen Eindruck von ihrem Charakter
gegeben hatte.
    Er ritt daher durchaus nicht mit
einem romantischen Eifer von Undershaw zur Priory, sondern mit einem Gefühl der
Wut und erbitterten Zorns, der sich, gerade weil er unter strenger Kontrolle
gehalten wurde, eher verhärtete als besänftigte.
    Seine Ankunft traf fast mit der
Damerels von Thirsk her zusammen. Als er abstieg, kam Damerel gerade um die
Ecke des Hauses von den Ställen, ein Päckchen zusammen mit seiner Reitgerte
unter einem Arm, während er sich die Handschuhe auszog. Beim Anblick Edwards
blieb er überrascht stehen. Eine Weile standen sie einander gegenüber und
betrachteten sich gegenseitig stumm, in dem einen Augenpaar harter Verdacht, in
dem anderen zunehmende Belustigung. Dann hob Damerel fragend eine Augenbaue,
und Edward sagte steif: «Lord Damerel, vermute ich?»
    Es waren die einzigen einstudierten
Worte, die er äußern sollte. Von da an verlief die Begegnung auf einer Linie,
die völlig anders verlief, als er sich darauf vorbereitet hatte. Damerel
schlenderte auf ihn zu und sagte: «Ja, ich bin Damerel, aber Sie haben mir
etwas voraus, fürchte ich. Ich kann nur erraten, daß Sie ein Freund des jungen
Lanyon sind. Seien Sie mir gegrüßt!»
    Er lächelte, während er sprach, und
streckte seine Hand aus. Edward mußte ihm die Hand schütteln, eine freundliche
Geste, die ihn zwang, die Formalität aufzugeben, zu der er sich entschlossen
hatte.
    «Danke», antwortete er höflich, wenn
auch nicht mit Wärme. «Eure Lordschaft haben richtig geraten: ich bin ein
Freund von Aubrey Lanyon – ich darf sagen, schon mein ganzes Leben lang ein
Freund seiner Familie! Ich kann nicht annehmen, daß Ihnen mein Name bekannt
ist: Yardley – Edward Yardley of Netherfold.»
    Er irrte sich. Damerel runzelte die
Brauen einen Augenblick, dann hellte sich seine Stirn auf. Er sagte: «Liegt Ihr
Besitz nicht einige Meilen südwestlich meiner Grenze? Ja, das dachte ich mir.»
Er fügte mit einem schnellen Lächeln hinzu: «Ich schmeichle mir, in meiner
Bekanntschaft mit den Nachbarn Fortschritte zu machen. Haben Sie Aubrey
besucht?»
    «Ich bin gerade erst angekommen,
Mylord – von Undershaw her, wo mich der Butler von diesem sehr unglücklichen
Unfall informierte. Er erzählte mir auch, daß Miss Lanyon hier sei.»
    «Ist sie das?» sagte Damerel
gleichgültig. «Ich war den ganzen Vormittag nicht da, aber es ist sehr
wahrscheinlich. Wenn sie hier ist, wird sie bei ihrem Bruder sein – wollen Sie
hinaufgehen?»
    «Danke!» sagte Edward mit einer
leichten Verneigung. «Ich möchte das sehr gern, wenn es Aubrey gut genug geht,
um Besuch zu empfangen.»
    «Ich darf sagen, daß es ihm durchaus
nicht schaden wird», antwortete Damerel und führte den Weg durch die offene
Tür ins Haus. «Er hat sich nicht schwer verletzt, wissen Sie – keine Knochenbrüche!
Ich habe um seinen Arzt geschickt,

Weitere Kostenlose Bücher