Georgette Heyer
Hochzeitsreise zu
phantasieren, die die entferntesten Teile des Erdballs einschloß und bei
Mindestberechnung bestimmt drei Jahre dauern würde, sollte sie ausgeführt
werden, hielt sie es an der Zeit, einzuschreiten und ihm einen Dämpfer zu
versetzen, der seine Liebe ebenso schnell ersticken würde, wie sie begonnen
hatte.
Sowie er eine Pause machte und
eifrig ihr Gesicht prüfte, um zu sehen, welchen Eindruck seine Beredsamkeit auf
sie gemacht hatte, stand sie auf und sagte, indem sie ihren Korb aufhob: «Nun
also, Oswald, wenn du aufgehört hast, Unsinn zu reden, dann darfst du zuerst
einmal hören, was ich zu sagen habe, und danach darfst du heimgehen! Du bist
ganz erstaunlich impertinent gewesen, aber ich will dich deshalb nicht
schelten, weil ich sehen kann, daß du dich in den Gedanken verrannt hast, ich
sei so gut wie verlobt mit dir gewesen, bevor Damerel in die Priory kam. Wie du
derart eitel sein kannst, dir einzubilden, daß ich ein tendre für einen
Jungen haben könnte, der nicht viel älter als Aubrey ist, kann ich mir nicht
vorstellen! Ich wünschte, du versuchtest, dich von der ewigen Gaukelei zu
heilen, und lerntest, ein bißchen vernünftiger zu werden! Mir scheint, du
stellst dir alles so intensiv vor, daß es für dich wirklich wird – was dich,
weißt du, dazu verführt, die größten Albernheiten zu sagen! Bedenke nur zum
Beispiel, was geschehen würde, wenn ich ebenso dumm wäre wie du und zustimmen
würde, dich zu heiraten! Nimmst du, nüchtern besehen, an, daß Sir John und
Lady Denny zu einer so lächerlichen Verbindung eigentlich nichts zu sagen
hätten?»
«Nichts, was sie sagen könnten,
würde mich von meinem Vorhaben abbringen!» versicherte er.
«Oh, nein?» gab sie zurück. «Wir
würden gerade nur zur Grenze fliehen, wenn ich recht verstehe, da du noch
nicht großjährig bist, und am Amboß heiraten! Da würde ich ja eine nette Figur
machen! Und was würden wir als nächstes tun? Uns auf deine wundervolle Reise
begeben? Was mir äußerst ungemütlich klingt und wirklich mehr als ungemütlich
wäre, weil wir bald ohne einen Pfennig Geld dastünden. Oder hast du dich in den
Glauben verrannt, daß Sir John so liebenswürdig
wäre, dir eine schöne Summe auszusetzen, damit du unabhängig bist?» Sie hielt
inne und mußte wider Willen über die plötzliche Veränderung in seinem Ausdruck
lachen. Er schaute sie verblüfft, zornig und finster an, was ihn wie einen
Schuljungen aussehen ließ, dem man einen Plan durchkreuzt hatte, und es schien,
als hätte er seine Liebe bereits mehr als halb begraben. Sie setzte sich in
Bewegung und sagte: «Du siehst ein, wie dumm das alles ist, nicht? Reden wir
nicht mehr darüber! Wenn du einmal so alt bist wie ich, wirst du, nehme ich
an, sehr verliebt sein, und es nicht nur mimen, in ein Mädchen, das derzeit
noch im Schulzimmer Nähmuster näht. Und wenn du dich dann überhaupt noch an
mich erinnerst, was sehr wahrscheinlich nicht der Fall sein wird, dann wirst du
dich wundern, wie du dich so lächerlich machen konntest. Jetzt geh heim – und
lauf nicht mehr hinter mir her, wenn ich bitten darf!»
Jetzt haßte Oswald sie genauso sehr,
wie er sie angebetet hatte, aber da er selbst in seinen ausgeglichensten
Stimmungen nicht geneigt war, in Betracht zu ziehen, wie es in Wirklichkeit um
seine Gefühle stand, war er völlig unfähig, dieses Kunststück durchzuführen,
wenn er eine Beute der Erregung war. In dem Durcheinander von Verletztsein und
Wut und Kummer, in das ihn Venetias kühler Spott gestürzt hatte, sah er nur
eines klar: daß sie ihn als einen Schuljungen betrachtete. Er sagte mit einer
Stimme, die vor Zorn schwankte: «Du glaubst, ich bin zu jung, um zu lieben,
nicht? Nun, da hast du aber unrecht!»
Mit diesen bitteren Worten und bevor
sie noch Zeit hatte, seine Absicht zu erkennen, packte er sie, und es gelang
ihm, obwohl nicht sehr fachmännisch, seine Arme um sie zu schlingen.
Venetia, die besorgter um die
Kätzchen war, die durch diesen plötzlichen Überfall fast aus dem Korb gestülpt
wurden, als um sich, rief scharf: «Vorsicht! Du idiotischer Junge, laß mich
sofort los!»
Aber Oswald, der noch nie vorher ein
Mädchen in seinen Armen gehalten hatte, war in den Klauen eines neuartigen und
aufregenden Gefühls; er umarmte sie noch fester und küßte zuerst ihr Ohr, dann
ihre Augenbraue und dann den Backenknochen, in mehreren hartnäckigen Versuchen,
ihre Lippen zu erreichen. Zwischen diesen Angriffen sagte er mit
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