Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
Vom Netzwerk:
ich
fürchte, es muß ihr diesmal etwas passiert sein, und die armen kleinen Dinger
sind am Verhungern. Das kann ich einfach nicht ertragen, obwohl ich glaube,
wenn sie noch nicht schlecken können, müssen sie ertränkt werden.»
    «Dieses Schicksal wäre dem
Verhungern entschieden vorzuziehen», sagte er. «Reichen Sie mir die
Waisenkinder!»
    Sie kniete am Rand des Speichers und
reichte ihm den Korb hinunter. Er packte ihn, setzte ihn auf den Boden, schaute
wieder zu ihr hinauf und lächelte sichtlich mutwillig. «Soll ich die Leiter für
Sie halten, mein Entzücken?»
    «Auf keinen Fall!» sagte Venetia
streng.
    «Aber Sie haben doch gesagt, daß sie
wackelt!»
    «Tut sie, aber wenn ich
hinaufklettern konnte, kann ich auch wieder hinunterklettern.»
    «Tun Sie's doch!» sagte er herzlich.
«Ich kriege einen steifen Nacken, wenn ich mit Ihnen aus dieser Stellung
weiterplaudern muß. Oder soll ich hinaufkommen?»
    Sie schaute mit lachenden Augen zu
ihm hinunter, sagte aber streng: «Nein, Sie werden nicht heraufkommen!
Gräßlicher Mensch! Sie wissen sehr gut, daß ich diese Leiter nicht
hinunterklettern kann, solange Sie dastehen und mir zuschauen!»
    «Können Sie nicht? Oh, dem ist
leicht abgeholfen!» gab er zurück, nahm die Leiter weg und legte sie auf den
Boden.
    Es war diese schelmische Handlung,
die ihr den Protest entlockte, den Oswald gehört hatte: «Sie Teufel!» sagte
sie. «Stellen Sie sie zurück und gehen Sie weg!»
    «Nicht ich!» antwortete er und
grinste zu ihr hinauf.
    «Aber das ist höchst unritterlich
von Ihnen!» klagte sie.
    «Nein, nein, im Gegenteil! Es ist
ganz klar, daß die Leiter wakkelt.»
    Sie versuchte, den Mund streng zu
verziehen, aber es gelang ihr nicht. «Wissen Sie, mein teurer Freund, daß Sie,
abgesehen davon, daß Sie höchst unritterlich sind, auch entsetzlich lügen?»
erkundigte sie sich.
    «Aber nein, wirklich? Und wissen
Sie, wie hinreißend ihr Gesicht ist, wenn man es aus dieser Perspektive
sieht?»
    Sie kniete noch immer, stützte sich
mit den Händen auf den Rand des Speichers und schaute direkt auf ihn hinunter.
«Verkehrt? Na, das ist das häßlichste aller unschönen Dinge, die man sagen
kann! Nun, Damerel, wollen Sie so liebenswürdig sein und aufhören, sich wie
ein gräßlicher Schuljunge zu benehmen, und die Leiter wieder aufstellen?»
    «Nein, süße Qual, das will ich
nicht!»
    «Elender! Wollen Sie mich hier
heroben gefangenhalten? Ich warne Sie, sowie Sie den Rücken kehren, werde ich
hinunterspringen!»
    «Oh, warten Sie nicht darauf!
Springen Sie gleich!» sagte er. «Ich werde Sie auffangen!»
    «Nein, danke, ich möchte lieber
nicht aufgefangen werden.»
    «Was, haben Sie Angst, ich lasse Sie fallen? Kleiner
Feigling! Und Sie wollen eine Lanyon of Undershaw sein!»
    «Pah!» sagte Venetia und schnitt ihm
ein Gesicht. Dann veränderte sie ihre Stellung, zog ihren Volantrock eng um
die Knöchel, schwang die Beine über den Rand des Speichers und glitt in Damerels
Arme hinunter.
    Er fing sie auf und hielt sie fest.
Aber was immer seine nächste Absicht gewesen sein mochte, wurde von Oswald
zunichte gemacht, der in diesem Augenblick seine Anwesenheit kundtat und mit
einem wütenden Fluch vortrat.
    Er hatte vor, Damerel zu befehlen,
Venetia loszulassen, und sie, wenn nötig, seinem Griff zu entreißen, aber als
Damerel ohne das kleinste Zeichen einer
Überraschung und noch weniger der Verlegenheit sie bereits auf die Füße
gesetzt und freigegeben hatte, brauchte er das nicht zu tun. Es fiel ihm im
Augenblick unmöglich etwas anderes ein, das er hätte
sagen können, und er stand statt dessen nur da und starrte Damerel in wütendem
Schweigen an.
    Venetia hatte sein plötzliches
Auftauchen erschreckt, aber sie ließ sich nicht mehr Verlegenheit als Damerel
anmerken und sagte bloß: «Oh, du bist's, Oswald? Wie schade, daß du nicht eine
Minute früher gekommen bist! Du hättest den fahrenden Ritter für das Fräulein
in Not spielen können. Würdest du es für möglich halten? Als mich Lord Damerel
da oben bei der Ausübung einer barmherzigen Tat entdeckte, hat er hinterlistig
die Leiter weggeräumt!» Sie lachte Damerel an. «Sie erinnern mich stark an meinen
Bruder Conway!»
    «Und etwas Schlimmeres könnten Sie
von niemandem sagen, nehme ich an!» Sein träger, dennoch durchdringender Blick
blieb einen Augenblick an Oswalds hochrotem Gesicht hängen. In seinen Augen
stand sehr viel Erheiterung, aber ebenso ein nicht unfreundliches Verständnis.
«Ich

Weitere Kostenlose Bücher