Georgette Heyer
auf die
glimmende Asche. Das schöne Wetter hielt noch an, aber wenn die Sonne
unterging, dann war man bei der schleichenden Kühle froh, wenn die Vorhänge
zugezogen waren und ein Feuer auf dem Rost brannte.
Marston kehrte die Holzasche in ein
Häufchen und erhob sich von den Knien. Eine der Kerzen hatte zu tropfen
angefangen, und er putzte sie. Damerel hob die Augen. «Oh, du bist's, ja?»
sagte er. «Was ist mit Imber passiert? Die Kellertreppe hinuntergefallen?»
Marstons ausdrucksloses Gesicht
lockerte sich in einem leisen Lächeln. «Nein, Mylord.»
«Hat er dir gesagt, daß ich blau
bin?» erkundigte sich Damerel, zog den Stöpsel aus der Karaffe und goß etwas
Brandy in sein Glas. «Er hat sein Freitag-Gesicht aufgesetzt – genug, daß man
Gespenster sehen könnte!»
«Er ist alt, Mylord», sagte Marston
und putzte einen zweiten zu langen Docht. «Falls Sie vorhaben, hier zu bleiben,
wäre es nötig, mehr Diener zu engagieren.»
Er sprach in seiner üblichen
ausdruckslosen Art, aber Damerel schaute von seinem Glas auf, das er mit beiden
Händen umschlossen hielt.
«Aber vermutlich werden wir nach dem
Zweiten Herbstrennen nicht hierher zurückkehren», fuhr Marston fort, seine
Aufmerksamkeit immer noch auf die Kerzen gerichtet. «Was mich daran erinnert,
Mylord, daß ich vielleicht Hanbury schreiben sollte, an welchem Datum Sie in
der Jagdhütte anzukommen gedenken und ob Sie Gesellschaft mitbringen.»
«Ich habe nicht darüber
nachgedacht.»
«Nein, Mylord. Bei dem so
bemerkenswert warmen Wetter ist man sich kaum bewußt, daß wir bald
November haben», stimmte ihm Marston zu. «Und die Herbstrennen, meine ich ...»
«Ich fahre nicht nach Newmarket.»
Damerel nahm einen Schluck Brandy, lachte nach einer Weile kurz auf und sagte:
«Du beschwindelst mich nicht, weißt du. Du meinst, ich sollte hinfahren,
nicht?»
«Ich habe eigentlich angenommen, daß
Sie fahren würden, Sir – wenn Sie ein Pferd im Rennen haben.»
«Ich habe zwei Pferde angemeldet,
und herzlich wenig Hoffnung für beide.» Damerel trank wieder und leerte sein
Glas. Er verzog den Mund, aber mehr in Hohn als zu einem Lächeln. «Sonst noch
Pläne für mich?» fragte er. «Newmarket – Leicestershire – und was dann?»
Marston schaute auf ihn hinunter, sagte aber nichts. «Sollen wir in die Brook
Street fahren oder sollen wir zu einer Reise starten, irgendwohin, was wir noch
nicht gesehen haben? Wir könnten von beidem gleich leicht gelangweilt werden.»
«Nicht, wie ich Eure Lordschaft
kenne!» antwortete Marston mit einem Schimmer von Humor. «Ich glaube nicht, daß
ich je mit Ihnen irgendwohin ging, ohne daß Sie in irgendeine Patsche geraten
wären, und was mich betrifft, so habe ich nie die Zeit gefunden, mich zu
langweilen. Wenn ich nicht darauf gewartet habe, mit einem Schiff unterzugehen,
dann hoffte ich entweder zu Gott, daß wir einen Haufen mörderischer Heiden
überzeugen konnten, wir seien ihnen freundlich gesinnt, oder fragte mich, wie
lange es wohl dauern würde, bevor ich mich in einen Sack genäht und im Bosporus
ersäuft finden würde!»
«Ich glaube, damals bin ich einer
Gefangennahme so ziemlich am nächsten gekommen», sagte Damerel und grinste bei
der Erinnerung. «Ich habe dich zu meiner Zeit in eine Menge Klemmen gebracht –
aber man wird älter, Marston.»
«Ja, Mylord, aber nicht so alt, daß
Sie mich nicht in noch hübsch ein paar mehr bringen könnten, darf ich
behaupten.»
«Oder mich selbst?» sagte Damerel.
«Du glaubst, ich stecke soeben wieder in einer, nicht? Du kannst recht haben –
verdammt will ich sein, wenn ich das selber weiß!» Er streckte die Hand nach
der Karaffe aus und kippte sie über sein Glas, wobei er Brandy verschüttete. «O
Gott! Wisch es auf, sonst ist Imber überzeugt, ich bin sternhagelvoll! Das bin
ich nicht – nur achtlos!» Er warf sich wieder in seinen Stuhl zurück und verfiel
eine Zeitlang in brütendes Schweigen, während Marston einen Vorwand, noch
länger zu verweilen, darin fand, daß er sorgfältig die einzelnen Stücke des
Services auf der Anrichte aufreihte. Es gelang ihm, Damerel aus den
Augenwinkeln hervor zu beobachten; der Ausdruck auf seinem Gesicht gefiel ihm
gar nicht und war ihm etwas rätselhaft. Er nahm diese Sache schwer, und das sah
ihm nicht ähnlich, denn er war ein sorgloser Liebhaber, der sich leichten
Herzens in seine zahlreichen Abenteuer begab, und schon zu Beginn deren Ende
vorhersah und dabei nicht sehr wählerisch war. Er war ein
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